Hammersmith-Areal: Viele Bürger-Fragen zum Stand der Dinge

Herford. Auf dem Hammersmith-Areal hätten die Herforder die große Chance, &bdquo;ein richtig tolles Stück Zukunft zu bauen“. Das sagte Bürgermeister Tim Kähler am Donnerstagabend im Bürgerdialog, bevor ihm die Technik das Wort abschnitt. Zuvor war es um die Fragen und Wünsche der Bürger für das zehn Hektar große Gelände gegangen. Die Rahmenplanung für das Areal liegt seit einigen Wochen vor. Erstellt hat sie Professor Oliver Hall mit seinem Team vom Kölner Stadtplanungsbüro ASTOC, das 2019 den Auftrag zur Überplanung erhalten hatte. Neben ihm nahm Stephan Austrup von der Interboden GmbH aus Düsseldorf an der Online-Veranstaltung teil. Er gab den Zuhörern einen Eindruck von den Erfordernissen an ein neues Quartiers. Das Familienunternehmen Interboden hat damit Erfahrung: Es verbindet Quartiersentwicklung mit Immobilienverwaltung und einem Service-Konzept. Eine eigens entwickelte App ermöglicht Mietern und Eigentümern, beispielsweise Dienstleistungen bei lokale Anbietern abzurufen, aber auch, sich mit der Nachbarschaft zu vernetzen. Die besondere Chance des Hammersmith-Areals besteht nach Austrups Einschätzung darin, dass der Bildungscampus bereits etabliert ist und immer neues studentisches Leben ins Quartier bringt. Ein weiterer Wettbewerbsvorteil sei die Grünachse in T-Form, die das Quartier durchzieht. Zudem spiegele sich in den geplanten Gebäudetypen der Lebensyklus der Menschen wieder: Wohnraum gibt es für Studenten/Azubis, Singles, junge Paare, Familien, Best-Ager und Senioren gleichermaßen. Ältere Menschen, die nur deswegen immer noch in ihrem Einfamilienhaus leben, weil sie im Quartier keine passende Wohnung finden, eröffnet der Rahmenplan daher eine Chance auf einen Umzug in der Nähe. Darauf hatte auch Kähler hingewiesen: &bdquo;Jung kauft Alt funktioniert nur dann, wenn es Wohnraum für Ältere gibt.“ Der Rahmenplan wird auch einer Entwicklung der vergangenen Jahre gerecht: Investoren sind eher an Mischnutzungen interessiert, sagte Austrup. Zahlreiche Gebäude auf dem Hammersmith-Areal sollen universalen Bautyps sein, der – je nach Bedarf – dem Wohnen oder der gewerblichen Nutzung dienen kann. Hall nennt sie Stadtbausteine, die für die wechselnde Nutzung allerdings eine gewisse Größe haben müssten. Austrup betonte zudem, dass eine &bdquo;Radstation“ heutzutage mehr sein muss als ein Fahrradverleih. Hall hatte schon bei der Präsentation vor einigen Wochen von Carsharing, Lastenrädern, Ladestationen und ähnlichem gesprochen. Viele Fragen kamen von den knapp 180 Zuschauern bei dieser Online-Beteiligung. Hier ein Ausschnitt: Ökogisches Bauen Keine Vorgaben macht der Rahmenplan für ökologische Baumaterialien. Er definiere lediglich öffentliche Bereiche, die Geschosszahl der Gebäude und die Standorte für infrastrukturelle Einrichtungen wie Kindertagesstätte, Hotel oder Boarding-House, Gastronomie, Supermarkt, Ärztehaus, Mobilitätsstation und ähnliches. Üblich sei aber ein beschreibendes Begleithandbuch mit Empfehlungen, auch zu ökologischen Baustoffen, Dachbegrünung oder dem Material von Fassaden. Norbert Landshut, Geschäftsführer der Stadtentwicklungsgesellschaft, ergänzte, dass die Stadt ein umfangreiches Mitspracherecht gegenüber Investoren habe. Immobilienpreise Die ökologischen Anforderungen an Neubauten haben – neben der boomenden Baubranche – Austrup zufolge die Baukosten erhöht. Die Kosten für Wohnungen und Häuser, von denen die ersten auf dem Stiftberg in ungefähr fünf Jahren bezogen werden können, hängen von der Qualität ab, ergänzte Kähler. Die sei aber noch nicht ausgehandelt. Einen sozial geförderten Wohnungsbau schloss er allerdings aus. Nicht, weil er das nicht wolle, sondern weil sie es mit Altlasten im Boden zu tun hätten. Die Entwicklung des Geländes werde dadurch sowieso schon teuer. Dennoch würden sie Wohnraum im mittleren Preissegment für Familien ermöglichen, sagte er. Projektträger Einige Zuschauer interessierte, ob sie selbst ein Gebäude entwickeln und darin eine besonders innovative Wohnform etablieren könnten. So weit seien sie noch nicht, sagte Baubeigeordneter Peter Maria Böhm. Möglich sei aber, dass einzelne markante Gebäude herausparzelliert würden. Einen Einzelvertrieb für den Geschosswohungsbau und die Reihenhäuser werde es aber nicht geben, ergänzte Landshut. Baudichte Auch in Mittelstädten muss deutlich dichter gebaut werden – aus ökologischen und Kostengründen, sagte Austrup, der nach seiner Einschätzung zur Urbanität gefragt worden war. Das heiße aber nicht, dass mit schlechterer Qualität gebaut werde. Ganz im Gegenteil: Eine gut gemachte urbane Dichte führe zu urbanem Leben, zu hoher Aufenthaltsqualität und damit zu Lebensqualität für die Bürger. Wichtig sei nur, das verantwortungsvoll zu entwickeln. Einfamilienhäuser Auf eine Diskussion über die Grundstücksgröße der geplanten Einfamilienhäuer wollte sich Hall nicht einlassen. Er betonte aber, dass diese Häuser neu gedacht werden müssten. Denn bisher sei es so gewesen, dass sie nur für eine bestimmte Lebensphase – Eltern leben mit Kindern unter einem Dach – geplant wurden. Stattdessen müssten sie sich nach der Familienphase leicht zu zwei Wohnungen umbauen lassen, im Erdgeschoss zu einer behindertengerechten. Nahversorger Der Nahversorger liegt Hall zufolge an der zentralen Quartiersmitte, damit seine Kunden auch noch zu einem Kaffee oder Eis den Platz besuchen können. Denn der Platz lebe von seinen Rändern. Den Lebensmittelmarkt an die Mozartstraße zu platzieren, war für ihn keine Option. Denn das würde Verkehr ins Quartier hineinziehen. Der Rahmenplan sieht, wie berichtet, eine ebenerdige Zufahrt zum Supermarkt vor. Die Parkflächen befinden sich im Erdgeschoss des Gebäudes. Wegen des Geländesprungs in Richtung Vlothoer Straße werden sie aber von dort als tiefer liegend wahrgenommen, sind also versteckt. Hotel Der Rahmenplan sieht gegenüber dem Nahversorger in der zentralen Quartiersmitte ein Hotel vor. Das warf bei einem Zuschauer die Frage auf, ob Herford nicht schon genügend Hotels habe. Ein Bildungscampus mit Fachhoch- und Pflegeschule bringe immer auch Besucher auf Zeit mit sich, zum Beispiel Dozenten, entgegnete Hall. An der Stelle müsse aber kein Hotel entstehen, auch ein Boarding-House wäre eine Möglichkeit. Kita Geplant ist auf dem Areal eine viergruppige Kindertagesstätte nahe dem nordöstlichen Zugang zum Quartier. Kähler widersprach einer Anfrage, nach der die Stadt die Einrichtung von Kitas durch private Träger verschleppe. Das hänge am Jugendhilfeausschuss, dessen Mitglieder nach der konfessionellen Ausrichtung des Trägers fragten, sagte er. Die Frage stammte offenkundig aus dem Umfeld einer Elterninitiative an der Kiebitzstraße, die sich für das christliche Bildungswerk Teach Beyond als Träger entschieden hat. Der Ausschuss hat seine Entscheidung immer wieder verschoben, inzwischen schon um insgesamt ein Jahr. Senioren-Wohnen Ein weiterer Bürger wünschte sich altengerechtes Wohnen, das mit Kranken- und Altenpflege verknüpft wird. Soziale Träger würden schon jetzt Dienstleistungen anbieten, die je nach Bedarf gebucht werden könnten, sagte Kähler. Das lasse sich unabhängig von der Wohnung organisieren. Kähler hielt es nicht für sinnvoll, Wohnungen mit einem Träger zu verknüpfen. Denn das gelte dann als Heimunterbringung, was das Bauen sehr teuer mache. Animal-Aided Design Der Freiraum für Tiere schwindet durch neue Wohngebiete. Um angestammte Tierarten zu schützen oder neue anzusiedeln, haben Wissenschaftler das Konzept des Animal-Aided Designs entwickelt: Es integriert die Bedürfnisse der Tiere von Anfang an in die Stadtplanung. Böhm sagte, dass die Stadt diesen Ansatz nicht verfolge. Geplant sei, Lebensraum für Tiere im Nachhinein zu schaffen, etwa für Fledermäuse auf der Grünachse, auf der es auch Wasser geben soll. Verkehr Die vorgesehenen Stichstraßen in das neue Quartier führten im Vergleich zum Verkehrsaufkommen, das die britischen Militärangehörigen verursacht hätten, zu keiner stärkeren Belastung der umgebenden Straßen, sagte Böhm. Ausnahme: Etwas mehr werde es auf der Mozartstraße, weil darüber die Zufahrt zum Nahversorger verlaufe. Die Straße habe aber eine ausreichende Breite. Zudem werde die Vlothoer Straße jetzt zur Fahrradstraße. Sie nähmen also schon in Vorfeld das Tempo aus dem Verkehr, ermöglichten aber den Anliegern die Zufahrt zum Quartier. Das neue Wohnquartier soll 400 bis 450 Wohneinheiten bekommen.

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