Corona-Test: Unternehmen sehen sich in der Pflicht

Herford. Quer durch den repräsentativen Empfangsraum des Bekleidungsherstellers Brax hat sich eine lange Schlange gebildet. Sie ist vor allem deshalb so lang, weil immer große Lücken - der geforderte Corona-Abstand - zwischen den Anstehenden vorbildlich mit 1,5 Metern eingehalten wird. Die Menschen, die hier vor großformatigen Fotografien der Schweinsteigers in Brax-Outfits stehen, sind die Mitarbeiter des Herforder Unternehmens. Sie warten, bis sie an der Reihe sind. In einem Nebenraum hinter dem Empfang werden an diesem Vormittag nämlich Corona-Schnelltests durchgeführt. Dafür ist ein mobiles Team der Mühlenkreiskliniken aus Minden angereist. Wie auch schon vor einer Woche werden hier von drei Studenten im Akkord Abstriche durch die Nase genommen. Und - ganz wichtig: Die Tests und später die Ergebnisse werden fein säuberlich dokumentiert. Eigentlich musste Brax bislang seine Mitarbeiter gar nicht testen. Erst vor ein par Tagen hat das Bundeskabinett beschlossen, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten ab kommender Woche verpflichtend Corona-Tests anbieten müssen, wenn sie nicht im Homeoffice arbeiten. Die Firmen haben dann eine Angebotspflicht – eine Testpflicht für Arbeitnehmer gibt es nicht. "Wir haben schon direkt nach Ostern mit der Mitarbeiter-Testung angefangen, weil wir uns hier einfach in der Verantwortung sehen", erklärt der stellvertretende Personalleiter Maik Wörmann. "Auch wenn diese Mitarbeiter-Tests Geld kosten - wir sehen uns hier einfach in der Pflicht: für die Gesamtsituation, unter der unsere Branche stark zu leiden hat und die wir gerne lieber heute als morgen beendet sehen möchten, und natürlich auch für unsere Mitarbeiter." Geht eine Einzelperson derzeit in ein Testzentrum im Kreis und lässt einen Schnelltest durchführen, so ist dieser kostenlos. Nicht so bei Unternehmens-Testungen. Für ein mobiles Testteam von einem der Anbieter zahlt das Unternehmen hier pro Test. "Über die genauen Kosten wollen wir nichts sagen", so Wörmann. "Nur so viel: Preiswert ist das nicht." Für die Mitarbeiter-Testung im Unternehmen muss der Betrieb aufkommen Aber dennoch ist Brax nicht das einzige Unternehmen, das sich bereits vor Einführung einer Pflicht für die Mitarbeiter-Testung entschieden hat. "Die Kosten schrecken uns hier nicht ab, wenn wir dafür das Risiko einer Infektion für unsere Mitarbeiter und somit auch eine Quarantäne und damit verbundenen Produktionsausfall im Unternehmen verhindern können", sagt Heike Rieso, Geschäftsführerin des Familienunternehmens "Schäffer Präzisionswerkzeuge". Bereits zum dritten Mal wird in dem mittelständischen Betrieb in dieser Woche getestet. 29 Abstriche werden dafür genommen - diesmal von Christoph Fiedler, Chef des Krankentransportunternehmens Biekra, das neben der mobilen Testung in dieser Woche auch ein Testzentrum an der Oststraße eröffnet hat. "Wir arbeiten schon seit Beginn der Pandemie in zwei Schichten, damit die Produktion auch im Falle einer Infektion mit Corona aufrecht erhalten bleiben kann", so Heike Rieso, die das Unternehmen gemeinsam mit ihrer Schwester Britta Aleth führt. Alles Mögliche haben die beiden Frauen gemacht, um "die Fürsorgepflicht für die Mitarbeiter wahrzunehmen", wie sie selbst sagen. Es gab sogar Schulungen zum Hände-Desinfizieren und zur richtigen Handhabung der Masken. Die Tests stellten derzeit auch noch einen Mehrwert für die Mitarbeiter dar, gibt Christoph Fiedler zu bedenken. "Wer hier morgens in der Frühschicht getestet wird, bekommt von uns einen Nachweis und kann damit nach der Arbeit noch in der Innenstadt einkaufen gehen." Die saubere Dokumentation der Tests wird auch von den mobilen Teams übernommen Nicht zuletzt dadurch, dass eine Test-Pflicht für Unternehmen zunehmend unter Experten und in der Politik diskutiert wurde, hat die Biekra derzeit viele Anfragen für mobile Testungen. Sieben Unternehmen werden bereits einmal pro Woche angefahren. "Der Vorteil zu den Selbsttests ist vor allem, dass man mehr Kontrolle über die Testung hat und dass auch die Dokumentation sauber von Fachleuten übernommen wird", sagt Heike Rieso. Manche Mitarbeiter hätten vor den ersten Tests gefragt, ob sie das mitmachen müssen. "Natürlich ist das hier nur ein Angebot. Aber nachdem wir in Ruhe mit unseren Mitarbeitern gesprochen hatten, machen nun auch alle mit." Auch bei Brax hatte es vor dem Start der Testungen Nachfragen gegeben. "Da gab es einige Unsicherheiten wie Probleme mit Nasenbluten oder andere Bedenken. Die haben wir natürlich ernst genommen", sagt Maik Wörmann. Im Gegensatz zu Schäffer Präzisionswerkzeuge, wo regelmäßig rund 30 Personen getestet werden, sind es bei Brax zwischen 300 und 350 Mitarbeiter, die das Angebot ihres Arbeitgebers aber auch nahezu alle wahrnehmen. "Einen positiven Test hatten wir zum Glück noch nicht dabei", sagen sowohl Maik Wörmann als auch Heike Rieso. Ein positives Testergebnis gab es bislang bei den freiwilligen Unternehmens-Testungen noch nicht Aber der Ablauf im Fall der Fälle ist klar: "Es muss sofort als Absicherung ein PCR-Test erfolgen - bei uns ist der direkt im Anschluss möglich", so der stellvertretende Brax-Personalchef. Sei der PCR-Test auch positiv, müsste der Mitarbeiter sofort in Quarantäne. "Und das Team der Mühlenkreiskliniken würde mit unserem Gesundheitsamt dann die weiteren Schritte abklären und zum Beispiel vorgeben, welche und wie viele Mitarbeiter auch vorsichtshalber in Quarantäne müssten." Aber sowohl Rieso als auch Wörmann hoffen natürlich, dass ein solcher Fall in ihren jeweiligen Unternehmen nicht eintritt. Und noch etwas hofft Wörmann: "Dass ausreichend Tests zur Verfügung stehen, wenn die Unternehmens-Testung wirklich für alle verpflichtend wird."

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