Zu viel Leerstand: Warum lässt Herford dann eine Landesförderung sausen?

Herford. Mit Saturn und H&M verlassen zwei große Ankermieter in wenigen Monaten Herford. Hinzu kommen schon jetzt zahlreiche Leerstände. Claus Lemcke ist Eigentümer des Fürstenau-Hauses in der Radewig. Auch er steht vor nicht vermieteten Ladengeschäften und ist verärgert. Sein Ärger richtet sich gegen die Stadt. Zu wenig werde in seinen Augen für die Belebung der Innenstadt getan. Als er dann noch las, dass sich die Stadt Bünde für ein Soforthilfeprogramm vom Land NRW beworben hat und Herford nicht, fiel er fast vom Glauben ab. Die Wirtschaftsförderin Lisa Kunert hält dagegen. Das Land NRW hat zur Stärkung der Innenstädte in der Corona-Zeit ein Sofortprogramm ins Leben gerufen. 70 Millionen Euro stehen bereit, um den Wandel im Handel aktiv zu begleiten, heißt es in einer Pressemitteilung des Bau-Ministeriums. Bünde hat sich im vergangenen Jahr bereits um Fördermittel beworben und 341.528 Euro bewilligt bekommen. Insgesamt hat das Land Ende 2020 bereits 40 Millionen Euro ausgerufen, 129 Kommunen haben profitiert. Herford war nicht dabei. Förderfrist läuft bis zum 30. April Und konnte auch nicht dabei sein. Denn die Stadt hat sich nicht um Fördermittel beworben. Ein großer Fehler findet Claus Lemcke. Die Stadt begründet die fehlende Initiative damit, dass sie noch bis Ende November in einem Förderprogramm zum Citymanagement drin steckte. "Wir hätten das neue Landesprogramm nicht beantragen dürfen", sagt Lisa Kunert. Sie habe mit der Bezirksregierung Detmold Rücksprache gehalten und erfahren, dass die Landesförderung auch in diesem Jahr weiter läuft. Bewerbungsfrist ist der 30. April. Dann will Ministerin Ina Scharrenbach die weiteren 30 Millionen Euro verteilen. Und diesmal, so Kunert, wolle sich Herford bewerben. Die Verantwortlichen seien noch in der Prüfung, in welche Richtung sich die Bewerbung entwickeln soll. "Es gibt vier Punkte, es wird wohl auf eine Priorisierung hinauslaufen", so Kunert. Sie sagt aber auch: "Wir wollen keinen Schnellschuss." Es müsse genau geschaut werden, wo das Herforder Zentrum ist und wo der Einzelhandel hin soll. Mit Marta-Bau die Innenstadt zusätzlich verlängert Claus Lemcke und wie er sagt weitere Geschäftseigentümer in der City vermissen einen transparenten Umgang mit dem Thema Innenstadtentwicklung. Lemcke hat das Gefühl, dass sich die Wirtschaftsförderung mehr um sich selbst dreht, als die Betroffenen mit ins Boot zu holen. "Dass die Innenstadt aufgrund ihrer Größe Probleme bekommen wird, das wird schon seit Jahren prognostiziert", sagt er. Bereits vor dem Marta-Neubau und der Fertigstellung des Elsbachhauses war das Thema. Lemcke: "Damit hat man die Innenstadt noch weiter verlängert." In Bünde nutzt das Stadtmarketing das Geld vom Land, um leer stehende Objekte anzumieten. Mit reduzierten Mietpreisen will die Stadt neuen Betrieben als auch ansässigen Unternehmen, die sich weiterentwickeln wollen, Starthilfe geben. Das scheint zu fruchten. Für drei Leerstände konnten bereits Mieter gefunden werden. Lisa Kunert ist von dieser Taktik nicht begeistert: "Ich bin kein Fan davon, dass die Stadt Immobilien erwirbt und sie vermietet. Da macht eine Person nichts anderes mehr." Die Wirtschaftsförderin spricht sich für andere Anreize aus. Etwa, dass die Stadt die Sondernutzungsgebühr für ein Jahr übernimmt, oder das Schaufenster hochwertiger beklebt werden können. Kunert: "Da hat jeder was von." Zudem müsse mehr Wohnraum in die City und auch Kultur und Gastronomie spielen eine Rolle, wenn Corona es wieder zulässt. "Herford ist keine reine Einkaufsstadt. Wir müssen andere Anziehungspunkte finden." Diese drei Mieter ziehen neu ins Fürstenau-Haus So ist es laut Lemcke in der Radewig und am Gänsemarkt bereits passiert. Viel gute Gastronomie habe sich hier angesiedelt. "Es ist ein aufstrebendes Quartier." Lemcke begrüßt die Bemühungen der Stadt und der Kultur, die Leerstände mit Kunst zu füllen. Sagt aber auch, dass jemand der sich selbstständig macht vor allem Geld braucht. Das Reisebüro "Kleine Fluchten" musste Insolvenz anmelden und hat im August 2020 im Fürstenau-Haus geschlossen, seitdem hat Lemcke hier Leerstand. Das wird sich bald ändern. Die Fläche des Reisebüros hat er geteilt, in den vorderen Bereich hin zur Radewiger Straße zieht Anke Dressel mit ihrem Hundesalon Hollywuff ein. Sie war vorab in Hiddenhausen und möchte in die City. Die Eröffnung ist in ein, zwei Monaten geplant. Eine Heilpraktikerin und ein Coffee-Store sollen ebenfalls für mehr Leben sorgen. In den Vertrag hat Lemcke eine Corona-Klausel gesetzt. "Die ersten zwei Jahre ist die Miete reduziert. Für uns rechnet sich das nicht. Es ist aber besser als ein Leerstand."

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