Eine App unterstützt Krebspatientinnen

Kreis Herford. &bdquo;Ich möchte selber handeln und mich nicht nur behandeln lassen“, sagt Kerstin Gresser. Die 57-jährige Bielefelderin ist vor einem Jahr an Brustkrebs erkrankt und hat im Sinne einer mündigen Patientin immer viel im Internet zu ihrer Krankheit gegoogelt – mit dem Risiko, auf fragwürdige Webseiten hereinzufallen, die nur Seriosität vorgaukeln, falsche Heilsversprechen geben und sogar mehr beunruhigen können. Jetzt hat sie die &bdquo;Mika-App“ für Krebs-Patientinnen und Patienten kennen und schätzen gelernt, die ihr Smartphone in eine &bdquo;Freundin in der Handtasche“ verwandelt hat. Tipps und Lebenshilfe auch mitten in der Nacht Die App funktioniert als Tagebuch für das Befinden der Patientin, als Nachschlagewerk für fundierte medizinische Tipps und als Ratgeber in vielen Lebenslagen. Denn wenn mitten in der oft durchwachten Nacht Grübeleien oder gar Beschwerden einsetzen, ist selten der Facharzt zu erreichen. Dann gibt die App Ratschläge. Wer anfangs Alter und Form der Erkrankung in die App eingibt, bekommt individualisierte Informationen. Die vom Berliner Start-Up-Unternehmen Fosanis mit Hilfe von Experten der Uniklinik Leipzig und der Berliner Charité entwickelte App ist schon einige Zeit kostenlos im Appple-Store und im Google Play Store herunterzuladen und wendet sich an Patienten verschiedener Krebsformen. Klinikum startet mit Programm in der Frauenklinik &bdquo;Als erstes Krankenhaus in der Region bietet das Herforder Klinikum die App in Spezialform als digitalen Therapiebegleiter für die gynäkologischen Krebspatientinnen an“, sagte jetzt Chefarzt Thomas Heuser von der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Stolz darauf sind auch die erste Selbsthilfebeauftragte des Klinikums, Nadja Will, und die Fachkrankenschwester für Brustkrebserkrankung Christiane Dilge. &bdquo;Im Verlauf der Behandlung und Nachsorge gibt es immer wieder Phasen der Unsicherheit“, sagt der Chefarzt. Noch besser wissen das die Betroffenen selbst. Diana Müller-Varnholt ist dreifache Mutter und hat vor einem Jahr ihre Krebsdiagnose bekommen. &bdquo;Mit der Diagnose fangen der Kampf gegen die Krankheit und die Angst an“, berichtet die 43-jährige Bielefelderin. Sie hat die Mika-App im Think-Pink-Club kennengelernt, den die Krankenschwester Nadja Will als selbst Betroffene vor einiger Zeit gegründet hat. Müller-Varnholt weiß auch, wie schwierig es sein kann, einen Psychoonkologen zu finden. Zudem müssen gerade Risikopatienten in Zeiten von Corona Kontakte herunterfahren. Das schränkt die Möglichkeiten für Informationsgespräche und -veranstaltungen ein. Da ist die App eine Unterstützung. &bdquo;Sie ersetzt natürlich nicht die Fachleute“, sagt Thomas Heuser, der es schätzt, wenn Patientinnen gut informiert sind. Die App begleitet Krebspatienten durch die Therapie mit einer laufenden Selbsterfassung von Symptomen und Nebenwirkungen, die dann dem Arzt verlässlich mitgeteilt werden können. Und sie bietet psychosoziales Coaching – das ist ein vielfältiges, lebensnahes Training von Verhalten, das gut tut. Sie gibt praktische Tipps und Expertenwissen zu Tumorerkrankungen, Therapieformen und Nebenwirkungen. Die App bietet mentale Unterstützung während und nach der Therapie, Videos und Podcasts zum Anti-Ermüdungstraining, zu &bdquo;Traumreisen“ und Entspannungsübungen. Wer sich über einen individuellen QR-Code die mit Hilfe hauseigener Fachleute erstellte Version des Klinikums herunterlädt, erhält darüber hinaus Informationen über das Krankenhaus mit Kontakten zu Ansprechpartnern, zu den Behandlungsmethoden und Links zu Selbsthilfegruppen und Kooperationspartnern. Der Arzt kann auf die wie ein Tagebuch geführten Eintragungen zum Befinden der Patientinnen direkt zugreifen. Nach und nach werden auch die anderen mit Krebserkrankungen befassten Fachrichtungen des Klinikums in diese &bdquo;digitale Hilfe zur Selbsthilfe“ eingebunden. Der Berliner Projektentwickler und Geschäftsführer Jan Simon Raue freut sich über die Zusammenarbeit mit Herford. Er hat die App aus persönlicher Betroffenheit im Bekanntenkreis heraus entwickelt. &bdquo;Ich habe erfahren, wie einem die Krebsdiagnose den Boden unter den Füßen wegreißt. Es gibt zu wenige Beratungsstellen und viele Informationsbroschüren sind zu fachspezifisch geschrieben“, sagt er.

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