CDU-Politiker Wolfgang Rußkamp findet - "Eine pointierte Gegenmeinung muss man sagen können"

Herford. Befragt man die Herforder Kommunalpolitiker, so werden die sich wohl fraktionsübergreifend einig sein: Mit Wolfgang Rußkamp scheidet ein charismatischer Mensch und Politiker aus dem Stadtrat aus. 21 Jahre hat der 64-Jährige für die CDU dem höchsten Gremium der Hansestadt angehört, 17 Jahre lang als Fraktionsvorsitzender. Und er hat in dieser Zeit die Politik in Herford geprägt - nicht zuletzt dadurch, dass er immer dafür stand, seine Überzeugungen sehr klar zu vertreten. "Ich habe von früher Kindheit an aus meiner Meinung keinen Hehl gemacht", sagt Wolfgang Rußkamp. Streit und Auseinandersetzung seien in der Politik unerlässlich - ohne Dialog, zu dem auch gehöre, sich die Meinung des Gegners anzuhören, gebe es eben keine Entwicklung. "Aber zu einem guten Politiker gehört es auch, dass er zugeben kann, wenn er sich einmal geirrt hat", sagt Rußkamp. Die Aufgaben sind jetzt einfach andere Vor zwei Jahren hat der CDU-Politiker beruflich einen Schlussstrich gezogen und seinen Schreibtisch beim Kirchenkreis Herford geräumt, bei dem er zunächst Jugendreferent in Spenge, danach Leiter des Amtes für Jugendarbeit in Herford war. Jetzt folgt die nächste Etappe: Der Rückzug aus der Politik. Auf die Frage, ob er jetzt vielleicht Langeweile habe, antwortet Rußkamp lachend: "Die Aufgaben sind jetzt eben andere, eher im familiären Bereich mit Haus und Garten", sagt er. Und dass er mehr Freiheiten habe. "Meine Tage sind nicht mehr so durchgetaktet - das genieße ich. Aber von Langeweile kann keine Rede sein." Das Elternhaus von Wolfgang Rußkamp steht in Stedefreund. "Das ist die Nummer 110. Damals wurde die Nummerierung der Häuser noch danach vorgenommen, in welcher Reihenfolge sie gebaut wurden. Wir hatten das 110. Haus in Stedefreund." Seine Frau Marion bewegte ihn später dazu, von einer Seite der Aa auf die andere zu wechseln und nach Elverdissen in das Haus seiner Schwiegereltern zu ziehen, wo die Rußkamps bis heute leben. Zu verantwortungsvollem Handeln in Zeiten von Corona gibt es keine Alternative Der Vater eines Sohnes (Marcel, 26 Jahre) war beruflich viel unterwegs, leitete und organisierte zahlreiche Jugendfreizeiten und liebt das Reisen - bis heute. "Da war ich wie viele andere in diesem Jahr durch Corona etwas eingeschränkt", so Rußkamp. Aber die Pandemie zwinge eben alle zu verantwortungsvollem Handeln und dazu gebe es keine Alternative, sagt der 64-Jährige. Und er kann in dieser Zeit sehr wohl auch etwas Positives sehen: "Wir konnten alle etwas Abstand gewinnen - das war vor allem für mich in meiner Situation gut. Ich habe immer die Natur geliebt - und mit langen Spaziergängen und Blicke in den freien Himmel ohne Kondensstreifen von Flugzeugen hat das noch einmal eine größere Bedeutung bekommen." Dennoch plant Rußkamp eine Reise: "Im Oktober geht es mit einem ehemaligen Kollegen in dessen Transit mit Schlafsäcken nach Schweden - wenn bis dahin nichts Unvorhergesehenes passiert." Viele seiner politischen Ziele habe er erreicht, sagt Rußkamp im Rückblick auf die vergangenen 21 Jahre. "Jetzt brauchen wir neue Ideen. Jede Zeit hat ihre eigenen Herausforderungen." Nachdem er sich in seiner aktiven Zeit zum Beispiel viel für die Sanierung von Schulgebäuden in Herford eingesetzt habe, sei nun die Digitalisierung eben dieser die nächste große Herausforderung. Aber ganz leise wird Wolfgang Rußkamp wohl eher nicht werden: "Niemand, der aufhört zu arbeiten, ist ja gleich auch von der Kommunikation abgeschnitten. Man hört ja schließlich nicht auf, Teil dieser Gesellschaft und des öffentlichen Lebens zu sein", sagt er. Nur die großen Volksparteien können dem Populismus etwas entgegensetzen So wird Rußkamp am Sonntag bei der Kommunalwahl natürlich gespannt beobachten, was passieren wird - eben mit ein wenig mehr Abstand als sonst. Und er hat auch noch gute Wünsche für die, die künftig die Fäden im Herforder Stadtrat ziehen werden: "Ich wünsche ihnen einen demokratischen innerlichen Kompass und dass sie sich intensiv mit den Verwaltungsvorlagen beschäftigen und dann eigene Ideen entwickeln." Und für den Ausgang der Wahl wünscht sich Rußkamp ganz allgemein, dass die großen Volksparteien gut abschneiden: "Nur die können dem Populismus, der sich immer mehr verbreitet, wirklich etwas entgegensetzen."

Meistgelesen