So geht es der Ahlers AG in der Corona-Krise - die Chefin im Interview

Herford. Mit einem Strategieprogramm hatte die Herforder Ahlers AG Ende 2018 auf Herausforderungen in der gesamten Textilbranche sowie auf Umsatzverluste in einigen Segmenten der Ahlers-Marken reagiert. Im vergangenen Jahr wurden die Schritte zur Effizienz- und Ertragssteigerung nach und nach umgesetzt und zeigten erste Erfolge. Doch dann kam die Corona-Krise. Stella Ahlers, Chefin des börsennotierten Männermodeherstellers, erzählt im nw.de-Interview, wie es dem Unternemen geht, wie sich die Krise auswirkt und was ihre Aussichten für die Zukunft sind. Im September 2018 haben Sie für Ihr Unternehmen ein Effizienz- und Ertragssteigerungsprogramm beschlossen und es bisher mit schrittweisen Erfolgen umgesetzt. Die Prognosen wurden wieder besser. Dann kam Corona. Was bedeutet das für Ahlers? Stella Ahlers: Zum Jahreswechsel 2019/20 haben wir das Maßnahmenpaket zur Ertrags- und Effizienzsteigerung erfolgreich abgeschlossen und hatten bereits etliche weitere Maßnahmen zur Effizienzerhöhung und Cashflow-Verbesserung auf den Weg gebracht. Die landesweiten Schließungen des stationären Einzelhandels zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben aber auch uns vor große Herausforderungen gestellt. Die bereits angeschobenen Projekte werden weiterverfolgt. Zusätzlich gibt es jedoch noch weitere kurzfristige Corona-bedingte liquiditätssichernde Maßnahmen wie zum Beispiel vorübergehende Kurzarbeit oder die Überprüfung von Investitionen. Welche Unternehmensbereiche waren und sind besonders betroffen und warum? Ahlers: Durch die staatlich angeordneten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind alle Unternehmensbereiche von der Produktion bis zum Vertrieb auf der Fläche betroffen. Ausgenommen davon ist nur der eCommerce, also der Handel im Internet. Was bedeutet der Corona-Lockdown konkret für die Arbeitsabläufe bei Ahlers - vor allem auch im internationalen Bereich? Ahlers: Da alle betrieblichen Abläufe, von der Beschaffung und der Verarbeitung bis hin zum Verkauf, durch die Lockdown-Maßnahmen beeinträchtigt sind, ist auch der internationale Bereich stark betroffen. Unser Werk in Sri Lanka beispielsweise ist aufgrund eines strengen Ausgangsverbots seit vier Wochen komplett geschlossen. Auch unsere Stores im europäischen Ausland und in Russland sind zur Zeit alle noch zu. Erste Lockerungen ähnlich wie in Deutschland gibt es derzeit nur in Österreich. Was bedeutet der Lockdown für Ihre Mitarbeiter? Ahlers: Ein Großteil unserer Mitarbeiter am Standort Herford arbeitet aktuell im Homeoffice. Meetings und Besprechungen können in den meisten Fällen ohne Probleme auch virtuell abgehalten werden. Zudem setzen wir auf flexible Arbeitszeiten. Außerdem sind bis auf den Bereich E-Commerce alle Mitarbeiter seit dem 1. April in Kurzarbeit. Wir hoffen jedoch sehr, dass wir diesen Zustand so schnell wie möglich wieder beenden können. Mit der Öffnung der Geschäfte ist ein erster Schritt in diese Richtung getan worden. Sie haben sich von der Damenbekleidung vollständig verabschiedet und sich auf Ihr Kerngebiet, Herrenmode, fokussiert. Und Sie haben kürzlich einmal gesagt, Männer seien beständigere Kunden als Frauen. Kommt Ihnen diese Entscheidung - auch im Hinblick auf die Corona-Krise - zugute? Ahlers: Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Corona-Krise Auswirkungen auf das generelle Konsumverhalten bei Bekleidung hat. So ist es eine spannende Frage, wie es in Zukunft mit Anzügen weiter geht. Aber unabhängig davon, ob Homeoffice oder Büro: Jeans gehen immer. Sie haben in bestimmten Bereichen begonnen, Schutzkleidung und Mundschutze zu produzieren. Wie kam es dazu und war das aufwendig umzusetzen? Ahlers: Uns war schnell klar, dass es mit den zunehmenden Maßnahmen zur Einschränkung der Pandemie eine große Nachfrage nach Masken geben wird. Daher bietet unser Spezialist für Berufskleidung, Pionier Workwear, seit kurzem eine Mund-Nasen-Maske und Schutzanzüge an. Pionier Workwear verfügt über alle notwendigen Ressourcen und das Know-How in der Herstellung von Persönlicher Schutzbekleidung (PSA). Daher genießen die Masken von Pionier Workwear eine hohe Glaubwürdigkeit. Dabei war uns auch besonders der Nachhaltigkeitsaspekt sehr wichtig - die Masken aus 100% Baumwolle und OEKO-TEX-zertifiziert sind bei 95 Grad waschbar und somit wiederverwendbar. Von der Entscheidung, Mund-Nasen-Masken herzustellen, bis zum Start des Vertriebs sind nur rund drei Wochen vergangen. Erhältlich sind die Masken in unserem Online-Shop unter www.pionier-workwear.com Mit welchen Strategien wird Ahlers dieser Krise begegnen? Ahlers: In dieser schwierigen Situation kommt uns unsere solide Bilanzstruktur mit hoher Eigenkapitalquote zu Gute. Der Vorstand hat umfangreiche liquiditätssichernde Maßnahmen ergriffen und schöpft alle Möglichkeiten zur Kostenreduzierung aus. Schon vor der Krise lag ein strategischer Fokus auf dem Ausbau des eCommerce. Dieser Schwerpunkt gewinnt durch die aktuelle Situation noch einmal an Bedeutung. Wann rechnen Sie damit, dass die Umsätze sich wieder stabilisieren? Ahlers: Eine verlässliche Prognose für das Gesamtgeschäftsjahr 2019/20 ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Unser Ziel ist es jetzt, nach der Wiedereröffnung der Bekleidungsgeschäfte zügig auf den ursprünglich geplanten Wachstumspfad zurückzukehren. Trotzdem wird uns das Thema auch in den kommenden Monaten noch nachhaltig beschäftigen. Was ziehen Sie für Ihr Unternehmen und auch Sie persönlich für Lehren aus der Corona-Krise? Ahlers: Der Begriff &bdquo;Lehren ziehen" im Hinblick auf die Pandemie gefällt mir nicht. Denn damit entsteht der Eindruck, als sei die Corona-Krise ein von wem auch immer verschuldetes Übel, für das wir nun büßen müssten. Dennoch zeigt die Corona-Krise eines: Die Digitalisierung wird durch diese Krise noch schneller voranschreiten, sei es bei der Produktentwicklung, in der Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren oder Produkte kaufen. Daher ist unsere Entscheidung, verstärkt in digitale Prozesse und den eCommerce zu investieren, noch richtiger geworden.

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