Mehr als 2.000 Mahlzeiten: Frisch gekocht ans Krankenbett

Herford. Wenn in der Großküche des Herforder Klinikums die Mahlzeiten auf den Tellern portioniert werden, ist das Fließbandarbeit. Und doch ist jedes Essen individuell zusammengestellt nach den Wünschen der Patienten und nach den medizinischen Empfehlungen. "Von Tablet zu Tablett" könnte man sagen, denn die Bestellungen werden am Vortag beim Gespräch mit den Patienten in kleine Handcomputer eingetippt und digital an die Küche übertragen. Doch nicht nur die Technik, auch die Vorlieben der Patienten haben sich verändert, seit Axel Delater 2006 Chef der wohl größten Gemeinschaftsküche im Kreis Herford geworden ist. Frühstück, Mittagessen und Abendbrot - 2.290 Mahlzeiten verlassen im Schnitt jeden Tag die Küche. "Hier wird noch frisch gekocht", betonen Delater und die Leiterin des Wirtschafts- und Versorgungsdienstes Angela Gottschalk. Versorgt werden täglich nicht nur 700 Patienten, sondern auch 400 bis 450 Mitarbeiter, das Pflegezentrum Heinrich-Windhorst-Haus nebenan, die Kita des Klinikums und die Tagesklinik in Herford. 100 diätetisch geschulte Köche, Diätassistentinnen, Hauswirtschafterinnen und Hilfskräfte gehören zum Küchenteam. Täglich 700 Brötchen und 40 Kilogramm Brot Ihr Tag beginnt um 5 Uhr mit der Anlieferung der Backwaren - das sind 700 Brötchen und 40 Kilogramm Brot. Um 7 Uhr beginnt die Portionierung des Frühstücks. Für jede Zutat ist am Fließband eine andere Mitarbeiterin zuständig. Inzwischen sind die Bestellungen der Patienten ausgedruckt und begleiten das Tablett bis ans Krankenbett. So funktioniert das auch mittags und abends. Die Tabletts werden nach der Endkontrolle durch einen Koch abgedeckt, in Wagen geschoben und darin auf die Stationen geschickt. Je Frühstück und Abendbrot gehen je 15 Kilogramm Käse und Wurst durch. Parallel zur Frühstücksausgabe beginnen die Vorbereitungen für das Mittagessen. Kurz nach 11 Uhr verlassen die ersten warmen Mahlzeiten die Küche, ab 11.20 Uhr sind die ersten Patienten versorgt. Die beliebtesten Mahlzeiten auf dem Speiseplan sind derzeit Spaghetti Bolognese und Grünkohl. "Aber auch Eintöpfe laufen sehr gut", berichtet Delater. Der Speiseplan wiederholt sich in der Grundstruktur alle fünf Wochen - mit jahreszeitlichen Unterschieden. Es gibt vier Menüs: Vollkost, vegetarisch, leichte Vollkost/Diät und das Kindermenü. Nackenbraten vom Schein mit Zwiebelsoße, Rosenkohl und Bratkartoffeln als Vollkost Vollkost hieß etwa am vergangenen Mittwoch Nackenbraten vom Schwein mit Zwiebelsoße, Rosenkohl und Bratkartoffeln, vegetarisch hieß gefüllte Eierpfannkuchen mit Milchsoße, und leichte Vollkost hieß Putenbruststeak mit Rahmsoße, Möhrengemüse und Petersilienkartoffeln. Zum Nachtisch stand eine Quarkfruchtspeise auf dem Plan. Die Bestandteile der Menüs können aber auf Wunsch bei der Bestellung frei vertauscht werden, sodass fast kein Teller wie der andere aussieht. Die 50 Kilogramm Nackenbraten wurden in einem sogenannten Konvektomaten, einem Heißluftdämpfer, nach einem vorprogrammierten Ablauf gegart. Das hat Vorteile in Zeiten des Fachkräftemangels. Die 80 Kilogramm Kartoffeln wurden wie immer geschält und halbiert angeliefert und auch unter Druck in sieben Minuten gekocht. Gibt es die beliebten Bratkartoffeln, werden die aus gekochten Kartoffeln frisch gebraten mit Speck und Zwiebeln. Gemüse ist überwiegend Tiefkühlware. Mindestens ein Gericht ist ohne Schweinefleisch. Wahlleistungspatienten können wie im Hotel à la carte bestellen Die privat versicherten sogenannten Wahlleistungspatienten können wie im Hotel zu allen Mahlzeiten à la carte aus einer Speisekarte bestellen. Das beginnt mit sechs Frühstücksvarianten vom Herforder Frühstück bis zum Fitnessfrühstück, setzt sich mittags fort mit sechs Suppen und 14 Hauptgängen von der vegetarischen Lasagne bis zum ofengebackenen Lachsfilet in goldbrauner Panade mit Reis und Salat und endet mit fünf Abendessen von rustikal bis vegetarisch. Der Küchenchef hat beobachtet, wie sich die Essenswünsche der Patienten und Mitarbeiter verändert haben. Konnte er vor Jahren noch mit fettem Wurstebrei punkten, sind es heute mehr leichte Sachen wie Geflügel. Immer mehr wird vegetarische Kost bevorzugt. Wünsche nach veganem Essen bleiben die Ausnahme. Kinder bevorzugen Nudeln mit Tomatensoße und Salat und am Sonntag die Pizza. "Die Rückmeldungen der Patienten sind überwiegend positiv", freut sich der Küchenchef. Gelegentlich kommt eine Laufkarte mit Lob und Kritik zurück. Etwa: "Das war sehr lecker" oder "Die Kartoffeln waren zu fest". Was nicht aufgegessen wird, geht heute über einen Entsorger in die Biogasanlage und nicht mehr in die Schweinefütterung. "Hier ist Spannung von morgens bis abends" Axel Delater macht seine Arbeit immer noch Spaß, auch wenn sie für alle im Team hart ist: "Hier ist Spannung von morgens bis abends." Wie in allen Küchen ist der Ton manchmal rau, wenn die Technik versagt oder anderer Stress ist. "Das geht dann mal ne halbe Stunde, und dann ist es wieder gut", sagt der Küchenchef. Den harschen Ton wie früher lasse sich aber heute niemand mehr gefallen. Er würde gerne ausbilden, hat aber schon seit Jahren keinen geeigneten Auszubildenden mehr bekommen. Wenn der Küchenchef Urlaub hat, kocht er gern südländisch und fleischarm für seine Familie - am liebsten unter freiem Himmel. Vorher geht er auf dem Markt einkaufen und lässt sich inspirieren - etwa zu einem überbackenen Gemüse. Und wo geht es hin? "Gern mit dem Motorrad nach Italien", verrät Axel Delater. Seit seine Frau nicht mehr im Beiwagen mitfahren will, fährt er auch gern mit Freunden los. Selbst am Klinikum gibt es eine Gruppe von drei bis fünf Bikern, die alle zwei Jahre eine Tour macht. Aber das ist eine andere Geschichte.

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