Politischer Aschermittwoch in Herford: Starker Wunsch nach Profil

Herford. Es muss etwas passieren – diese einhellige Forderung verband wohl nahezu alle Gäste, die zum traditionellen politischen Aschermittwoch in den Jägerkrug gekommen waren. Und das waren außergewöhnlich viele. &bdquo;Genau 107 Anmeldungen haben wir bekommen – das ist wirklich super", freute sich Thomas Beck, Vorsitzender der gastgebenden Ortsunion Herford-West. Und so musste sich der eine oder andere, der etwas später kam, noch einen Stuhl aus dem Nebenraum organisieren, um dabei zu sein, als die Gastredner die politische Gegenseite und in diesem Jahr ganz besonders auch die eigene Parteispitze aufs Korn nahmen. Und gerade zu letzterem erhofften sich die Gäste durchweg einige klare Standpunkte. Der Hauptredner kam direkt von den Brexit-Nachverhandlungen aus London Die bekamen sie, obwohl die Redner-Folge spontan etwas verändert werden musste. &bdquo;Unser Hauptgast, der ehemalige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlamentes, Elmar Brok, verspätet sich. Er musste gestern überraschend nach London fliegen, weil er dort in die Brexit-Nachverhandlungen eingebunden ist", erklärte Beck. Stattdessen sprangen zwei andere Redner ein: Birgit Ernst vom Bezirksverband OWL der CDU und Wolfgang Rußkamp, Fraktionsvorsitzender im Stadtrat. Doch zunächst bekam Dorothee Schuster, Landrats-Kandidatin der CDU, Gelegenheit, sich und ihre Themen kurz vorzustellen. Birgit Ernst kündigte anschließend an, nicht so viel über Europa reden zu wollen – das würde sie später Elmar Brok überlassen. &bdquo;Ich wäre gerne viel näher dran an Europa, das hat aber leider nicht geklappt", spielte Ernst auf ihre Niederlage bei der Europawahl im vergangenen Jahr an. Und es folgte Kritik: Dass innerhalb von vier Wochen nach der Wahl Frau von der Leyen wie das Kaninchen aus dem Hut gezaubert worden sei, das sei – vor allem gegenüber dem eigentlichen Spitzenkandidaten Manfred Weber – kein guter Stil gewesen. "Vorsicht: die Schadenfreude holt einen schnell wieder ein" Den Rücktritt von Andrea Nahles und die lange Suche nach einer neuen Parteispitze habe im weiteren Verlauf des Jahres bei der CDU wohl hier und da auch mal für Belustigung und Schadenfreude gesorgt, erinnerte Birgit Ernst. &bdquo;Da wird die SPD für uns als schlechtes Beispiel gerne genommen. Doch Vorsicht: das holt einen schnell wieder ein!" Es sei sehr wichtig, dass die CDU jetzt schnell und klar einen Kandidaten benenne, betonte Ernst. &bdquo;Und wenn das passiert ist, ist es wichtig, hinter ihm zu stehen." Kramp-Karrenbauer sei eigentlich wegen der permanenten Illoyalität in den eigenen Reihen gegangen. &bdquo;Thüringen war da nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat", analysierte Ernst und rief dazu auf, sich künftig viel mehr mit Sachthemen und viel weniger mit Personalthemen zu beschäftigen. Nur mit Sachthemen könne die Partei wieder an Profil gewinnen. Dafür gab es lange anhaltenden Applaus im Jägerkrug. "Von solider Finanzplanung ist die Politik von Tim Kähler weit entfernt" Dass die CDU in Herford sich viel mit Sachthemen beschäftigt, stellte nach dem gemeinsamen Essen der Fraktionsvorsitzende im Rat, Wolfgang Rußkamp heraus. Und ganz egal welches Sachthema – ob OWL-Forum, Markthalle, der angedachte zweispurige &bdquo;Turbokreisel" in Bahnhofsnähe – von solider Finanzplanung sei das alles weit entfernt. Dass viele dieser Projekte &bdquo;zu überhastet und mit zu wenig Augenmaß" voran getrieben würden, warf Rußkamp in erster Linie dem Bürgermeister Tim Kähler vor und startete dabei mit Vollgas in den Wahlkampf zur Kommunalwahl im September. Ohne dass allerdings bislang ein Gegenkandidat für das Bürgermeisteramt aus den Reihen der CDU bekannt wäre, wie auch an den Tischen an der einen oder anderen Stelle diskutiert wurde. Dennoch platzierte Rußkamp die Herforder Themen der CDU gekonnt so lange, bis um 20.20 Uhr schließlich Elmar Brok eintraf. Und der berichtete dann noch frisch von den Eindrücken aus London und prognostizierte unter anderem, dass durch den Brexit wirtschaftlich doch einiges auf dem Spiel stehe für die Briten.

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