Kleine Grabsteine erinnern an das ungelebte Leben der "Sternenkinder"

Herford. Auf dem Erikafriedhof liegt geschützt hinter einer Hainbuchenhecke das Grabfeld "Morgenröte". Hier sind die Kinder beerdigt, die aus dem Leben schieden, bevor es richtig begonnen hat: Sternenkinder. "Es ist ein positiver Begriff für etwas, das man kaum in Sprache ausdrücken kann", erklärt Krankenhausseelsorger Holger Schirk. "Sie sollen leuchten, weil sie in dieser Welt nicht leuchten konnten." Seit 13 Jahren gibt es die Möglichkeit, dass Sternenkinder in Sammelurnen auf dem Erikafriedhof bestattet werden. "Bisher war es so, dass es einen Ort dafür gab, der aber nicht gekennzeichnet war", sagt Pfarrerin Eva-Maria Schnarre. Das soll sich nun ändern. Kleine, schwarz glänzende Grabsteine mit eingravierten Sternen sollen einen Ort der Erinnerung ermöglichen. Momentan befinden sich in der "Morgenröte" 20 Grabstellen, die nach und nach einen Grabstein erhalten. Der frühe Tod lasse alle Hoffnungen zu Grunde gehen Vor einigen Jahren war das noch nicht gewünscht. Es sei ein "medizinisch-gesellschaftlicher" Blick gewesen, auf die Biologie fokussiert, wie Schirk sagt. Darin spiegelt sich auch die Frage wieder, wann ein Kind ein Mensch ist. Eine Bestattungspflicht gibt es auch heute nicht. Doch die Eltern würden das ungeborene Leben mit einem Menschen verbinden - nämlich dem eigenen Kind, dem Liebe, Sehnsucht und der Wunsch entgegengebracht wird, "dass es ihm gut gehen soll". Der frühe Tod jedoch lasse all diese Hoffnungen zu Grunde gehen. Damit die Kinder nicht vergessen werden, eröffnen die Grabsteine den Eltern die Möglichkeit, ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen und sie mit anderen Menschen, die Ähnliches erlebt haben, zu teilen. Auf den Grabsteinen hinter der Hainbuchenhecke stehen keine Namen, nur der Zeitraum, in dem die Kinder verstorben sind. "Den Eltern tut es gut, dass es ein abgetrennter Bereich ist, der sehr liebevoll und individuell gestaltet werden kann", sagt Friedhofsleitern Melanie Heaps. Spielzeuge, Kuscheltiere, kleine Souvenirs Im Gegensatz zum restlichen Friedhof liegen auf dem Grabfeld "Morgenröte" Spielzeuge, Kuscheltiere und kleine Souvenirs, die dem ungelebten Leben ein Andenken schaffen. Dabei werde sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Es würden keine Unterschiede zwischen den Konfessionen gemacht. Beisetzung und Grabpflege sind zudem frei von Kosten. Mittlerweile besteht das Grabfeld aus zwei Teilen, die durch Spenden ermöglicht werden. Individuelle Gräber und solche mit Sammelurnen wechseln sich dort. Da schon zu wenig Raum vorhanden ist, soll ein drittes Grabfeld geschaffen werden. Die Bestattungen in Sammelurnen erfolgen zwei Mal im Jahr: einmal im März und einmal im September. "Die Eltern stellen dann häufig fest, dass es mehr Betroffene sind, als man denkt. Dass man nicht alleine ist", sagt Pfarrerin Schnarre. Das Wissen darüber könne helfen. Am 2. Advent kommen viele Eltern dann jährlich noch einmal zu einer Gedenkfeier am Grabfeld zusammen. In diesem Jahr sollen die vom evangelischen Kirchenkreis durch die Frauenarbeit geförderten Grabsteine öffentlich gemacht werden. Die Gedenkfeier beginnt am 8. Dezember um 15.30 Uhr: "Es nimmt nicht die Trauer, aber tröstet, wenn man weiß, dass man verstanden wird", sagt Pfarrerin Eva-Maria Schnarre.

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