Was das Klinikum Herford gegen den Hebammen-Engpass tun kann

Herford. Mit einem Programm zur Personalgewinnung will das Klinikum dem Fachkräftemangel begegnen. Auch ein attraktives Bonussystem soll es umfassen. Wie berichtet, hatten im Mai die vier Kreißsäle für fünf Tage schließen müssen. Die Entbindungsstation ist allerdings nicht die einzige, die unter dem Fachkräftemangel leidet. Und das Klinikum ist auch nicht das einzige Krankenhaus mit dem Problem. In den Bereichen Anästhesie, Intensivmedizin und allgemein in der Pflege sei es zunehmend schwieriger, Fachpersonal zu bekommen, sagte Armin Sülberg am Mittwoch. Als im Mai zu wenig Hebammen im Haus waren, sei die Schließung der Kreißsäle die einzige verantwortbare Lösung gewesen. "Leider waren wir die ersten, die das erlebt haben", so der Interimschef des Klinikums. Andere Krankenhäuser seien froh gewesen, dass es sie nicht als getroffen habe. Das wisse er aus Gesprächen mit Verantwortlichen anderer Kliniken. Im Bereich der Kreißsäle kämen die Kliniken vielfach nur noch mit Überstunden ihrer Hebammen über die Runden. Dafür gibt es mehrere Gründe. Das Land hat eine Hebammen-Schule vor Jahren abgelehnt So sind die Berufshaftpflichtprämien für freiberufliche Hebammen in der Geburtshilfe in den vergangenen Jahren überproportional gestiegen. Sie haben längst eine mehr als zehnfache Prämienhöhe erreicht, ohne dass es dafür einen entsprechenden Vergütungsausgleich gibt. Das hat den Beruf unattraktiv gemacht. Freiberufliche, die für eine Festanstellung gewonnen werden könnten, sind daher nicht zu finden. Das Klinikum hat es versucht. Als sich vor Jahren der Hebammen-Engpass abzeichnete, wollte das Klinikum mit einer Hebammen-Schule eine eigene Ausbildung organisieren. Damit war aber das Land nicht einverstanden. Hinzu kommt nun, dass die Berufsausbildung für Hebammen im Umbruch ist: Sie soll künftig an den Hochschulen stattfinden. Das hält zwar auch Sülberg für sinnvoll. Aber junge Menschen werden sich kaum für die Berufsausbildung entscheiden, die über kurz oder lang nicht mehr ausreichend ist. Darauf wies kürzlich auch Pflegedirektor Bastian Flohr im Gespräch mit der Neuen Westfälischen hin. Klinik-Schließungen könnten Fachkräfte auf den Markt spülen Eine Chance, Fachkräfte zu gewinnen, sieht Sülberg in der Schließung von Kliniken, was Fachkräfte auf den Markt spülen würde. Nach dem aktuellen "Krankenhaus Rating Report 2019" könnte das ein Viertel aller Häuser in den nächsten Jahren betreffen, die Zahl der Kliniken würde damit auf das gleiche Niveau wie im Ausland schrumpfen. Das sei aber ein rein rechnerisches Lösungsmodell, so Sülberg. Mit anderen Worten: Es ändert nichts an den Strukturen. Das Klinikum könne außerdem versuchen, Mitarbeiter aus dem Ausland zu gewinnen, sagte Sülberg. Angesichts der "Unterschiede in der Mentalität bin ich mir aber nicht sicher, ob Migration in dem Bereich gut ist". Zudem sei es für Ausländer schwierig, ihre Qualifikationen in Deutschland anerkannt zu bekommen. "Das ist leider immer noch der Zustand." Von der Politik wünscht sich der Klinik-Chef eine vernünftige Krankenhaus-Finanzierung, besonders im Bereich der Entbindung. Nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz von 1973 sind die Länder für die Investitionen zuständig. Dem kommen sie aber nur unzureichend nach: Bundesweit liegt allein der bestandserhaltende Investitionsbedarf der Krankenhäuser bei rund sechs Milliarden Euro. Als Geschäftsführer, Staatsbürger und Christ halte er jedenfalls nichts davon, Entbindungsstationen zu schließen, sagte Sülberg.

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