Elektromobilität

Viele Apps und zugeparkte Ladesäulen: Probleme mit dem E-Auto

Ladesäule anfahren, Stecker rein und laden – so einfach ist es nicht.

Angelina Kuhlmann
13.04.2019 | 14.04.2019, 10:59

Hiddenhausen. Ingo Altmann ist umgestiegen. Seit vergangenem Oktober ist er stolzer Besitzer eines E-Fahrzeugs. 12.000 Euro hat sein E-Quad Typ Renault „Twizy" gekostet. 54 Euro kostet die Miete für die Batterie im Monat, 67 Euro die Haftpflicht. Dazukommen noch 30 Euro für das „Tanken".

Nur Steuern muss er für das E-Fahrzeug nicht bezahlen. Wieder zurück zum alten Auto will Altmann aber nicht: „Es macht einfach Spaß, so zu fahren", sagt der Hiddenhauser. Und das, obwohl der Start in sein E-Auto-Leben alles andere als leicht war.

Ein Parkplatz für Elektrofahrzeuge. Diese aber auch in OWL oft zugeparkt. Und das ist nicht das einzige Problem. | © picture alliance
Ein Parkplatz für Elektrofahrzeuge. Diese aber auch in OWL oft zugeparkt. Und das ist nicht das einzige Problem. | © picture alliance

Ladesäule anfahren, Stecker rein und laden – so einfach ist es nicht. Das hat auch Altmann schnell gemerkt. Im Kreis Herford und auch sonst in OWL fehlt es nämlich nicht nur an ausreichender Infrastruktur.

Viele Apps mit Karten - keine ist vollständig

Auf seinem Smartphone hat Ingo Altmann vier verschiedene Karten-Apps, aber keine davon zeigt alle Ladesäulen an. „Die von Westfalen-Weser zeigt ja zum Beispiel nur die eigenen Säulen an", erklärt Altmann. Und auch bei der Bezahlung wird’s unübersichtlich.

Auch wenn es nur ein E-Quad ist: Ingo Altmann aus Hiddenhausen ist elektrisch unterwegs. Er berichtet von seinen Startschwierigkeiten. - © Angelina Kuhlmann
Auch wenn es nur ein E-Quad ist: Ingo Altmann aus Hiddenhausen ist elektrisch unterwegs. Er berichtet von seinen Startschwierigkeiten. | © Angelina Kuhlmann

Die meisten Ladesäulen muss man mit einer App freischalten, um laden zu können. Auch die Kosten werden über sie abgerechnet. Das wäre einfach, wenn es eine App für alle Säulen gebe. In der Realität sieht das aber anders aus: Je nach Säule brauche man eine andere App, so Altmann. „Plugsurfing", „NewMotion" und „Chargemap" sind nur drei davon.

Für Dennis Hinse von der Elektroauto Community OWL ist das etwas, was die E-Mobilität in der Region deutlich erschwert. „Das größte Manko ist die Infrastruktur", sagt er und bestätigt damit die Beobachtungen, die E-Auto-Neuling Ingo Altmann gemacht hat.

Normale Autos parken Ladesäulen zu

Bei den Apps geht er sogar noch etwas weiter. Das Problem dabei sei oft nicht nur, dass nicht immer alle Säulen angegeben seien. „Oft wird auch nicht angezeigt, ob eine Säule außer Betrieb ist oder eine Störung hat." Und auch bei den unübersichtlichen Zahlungsmethoden stimmt Hinse Ingo Altmann zu. „Da muss es eine Vereinfachung geben", sagt er.

Ein weiteres alltägliches Problem für E-Fahrzeug-Besitzer sei indes nicht der digitalen Technik, sondern – ganz analog – eher rücksichtslosen oder unaufmerksamen Mitmenschen geschuldet: Wenn ein Fahrer nach längerem Suchen endlich eine Ladesäule gefunden habe, seien diese oft von herkömmlichen Autos mit Verbrennungsmotor zugeparkt. „Es ist alles noch ein bisschen stiefmütterlich", sagt er. Wie man so mehr Menschen von den Vorzügen der E-Mobilität überzeugen wolle, ist ihm daher ein Rätsel.

Hinse wünscht sich, dass in ganz Ostwestfalen-Lippe weitere Schritte unternommen werden, um den Umstieg zum Elektro-Auto interessanter zu machen. „Es wäre ja schon toll, wenn sich die Stadtwerke zusammentun würden." Es müsse eine offene Abrechnungsmöglichkeit geben – eine Art Roaming für E-Autos. Und nicht einen Dschungel aus Apps und anderen Bezahlmethoden. Hinse: „So könnte man eine attraktive Infrastruktur schaffen."

Der Stecker-Dschungel: Mit welchem man am schnellsten lädt

Für Ingo Altmann war das jedoch am Anfang nicht das einzige Problem: Als er seinen Twizy das erste Mal unterwegs laden wollte, ging das nicht: „In der Grundausstattung hat das Quad nur einen Schuko-Stecker zum Laden", erklärt Altmann.

Viele Ladesäulen, unterschiedliche Stecker: Für seinen Schuko-Stecker braucht Ingo Altmann einen Adapter. - © Angelina Kuhlmann
Viele Ladesäulen, unterschiedliche Stecker: Für seinen Schuko-Stecker braucht Ingo Altmann einen Adapter. | © Angelina Kuhlmann

„In den Städten Osnabrück und Minden ist an vielen Säulen auch ein Schukostecker verbaut. In Herford, Vlotho, Bünde, Enger, Kirchlengern und Spenge aber nicht", sagt er. Und wirklich: Von insgesamt 36 Ladestationen im Kreis Herford haben nur fünf einen Schuko-Anschluss.

Die meisten Ladesäulen haben vor allem einen „AC Typ 2"-Anschluss. Die sind mittlerweile Standard bei fast allen europäischen E-Fahrzeugen. Das ist auch der Grund, warum die meisten Ladesäulen nur Anschlüsse für die Typ-2-Stecker haben.

„Es ist eine reine Industriefrage", sagt Mario Burda, Pressesprecher des NRW-Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE). Darüber hinaus sei dieser Steckertyp dem auch für handelsübliche Steckdosen vorgesehenen Schuko-Stecker überlegen. „Damit laden sie ja ewig", sagt Burda.

In OWL gibt es an den Ladestationen vor allem Typ-2-Stecker (Quelle: Bundesnetzagentur):

Eine noch bessere Ladeleistung als die Typ-2-Stecker biete der Combo-Stecker CCS und der CHAdeMO-Stecker. Der CCS funktioniert über Gleichstromladen und der japanische CHAdeMO-Stecker ermögliche eine Schnellladefunktion. Anschlüsse dafür haben aber nur Autos bestimmter Marken, wie Nissan, Peugeot oder Subaru. Aber auch diese beiden Anschlüsse gibt es an den Ladesäulen in der Umgebung selten bis gar nicht (Quelle: Bundesnetzagentur):

Eine längere Ladezeit ist für Ingo Altmann generell kein Problem. Er habe sich ja wissentlich für das E-Quad entschieden anstatt für ein „richtiges" E-Auto. Für den Arbeitsweg von 18 Kilometern sei das Fahrzeug mehr als ausreichend. Geladen wird über Nacht unterm heimischen Carport, morgens kann er ohne Probleme wieder losdüsen.

Plant er aber mal eine längere Fahrt, wird es wegen der fehlenden Anschlüsse an den Ladesäulen aber kritisch. Mittlerweile hat der E-Auto-Einsteiger dafür aber mit einem Adapter für einen Typ-2-Anschluss eine praktikable Lösung gefunden.

Trotz aller Widrigkeiten und Startschwierigkeiten ist der Hiddenhauser weiter von der E-Mobilität überzeugt und bereut den Umstieg nicht. Wenn aber die Kinderkrankheiten abgestellt würden und vieles vereinfacht würde, könnten sicherlich noch mehr Menschen vom E-Auto überzeugt werden, vermutet Altmann.

In NRW wird mit Kohlestrom geladen

Und das ist mit Blick auf das Klimaziel 2030 auch bitter nötig. Zur Zeit gibt es in Deutschland rund 83.000 E-Autos. In knapp zehn Jahren sollen es sieben bis zehn Millionen sein.

Eine positive Entwicklung für alle E-Auto-Fahrer zeichnet sich jetzt wiederum in Sachen Steuerzahlungen ab: Bundesfinanzminister Olaf Scholz will mit Blick auf die CO2-Emissionen und die deutschen Klimaziele E-Fahrzeuge länger fördern als geplant: Die Steuervorteile soll es nicht nur bis 2021 geben, sondern bis 2030.

„Alles schön und gut", findet Mario Burda vom LEE. Er mahnt aber an: „In der großen Debatte geht unter, dass in NRW immer noch mit Kohlestrom geladen wird."