Herford

Benefizkonzert: Haydns Schöpfung für das Flüchtlingshilfswerk

Die Junge Philharmonie Köln gibt in der Marienkirche auf dem Stiftberg eine beeindruckende Vorstellung

Klangerlebnis: Die Junge Philharmonie mit ihrem Dirigenten Volker Hartung und den Solisten Julia Sophie Wagner, Prosper-Christian Otto und Marco Vasalli. | © Philipp Tenta

04.06.2018 | 04.06.2018, 11:12

Herford. Die Schöpfung von Haydn hat nicht nur im Werk des Komponisten einen Sonderplatz. Noch Jahrzehnte nach der Uraufführung dieses Werks scheuten sich zahlreiche namhafte Komponisten, sich dem Genre "Oratorium" zu widmen, da sie den Vergleich mit dieser überragenden Komposition fürchteten.

Sobald die Junge Philharmonie Köln in der Marienkirche auf dem Stiftberg die ersten Takte der Schöpfung intoniert hatten, konnten die zahlreichen Zuhörer diesen Respekt verstehen. Bereits die unglaubliche Dramatik der Vorstellung des Chaos verlässt alle musikalische Gepflogenheiten ihre Zeit. Die jungen Interpreten unter der Leitung von Volker Hartung faszinierten und fesselten das Publikum vom ersten Ton bis zum letzten. Volker Hartung spielt bei seiner Interpretation gar nicht erst mit kammermusikalischen, solistischen Begleitungen der Rezitative und Arien, sondern setzt konsequent auf satten, warmen Orchesterklang.

Mit dem Collegium Cantorum des Märkischen Mottetenkreises haben die jungen Philharmoniker einen Chor gefunden, der es versteht, mit dem Orchester zu verschmelzen und zu richtigen Zeit in den Vordergrund zu treten. Perfekt ausgewogen zwischen soliden Tiefen und unbeschwerter Höhe, wurde der Chor zum perfekten Partner des außergewöhnlichen Orchesters. Die Junge Philharmonie Köln ist überwiegend aus fortgeschrittenen Studenten der Rheinischen Musikhochschulen zusammengesetzt. Das Orchester wurde 1972 von Erich Kluge gegründet, seit 1986 ist Volker Hartung ihr Chefdirigent.

Begnadeter Erzähler, dem die Zuhörer an den Lippen kleben

Ihre Mitglieder sind international zusammengewürfelt und bilden doch einen homogenen, eindrucksvollen Klangkörper. Seit Langem sind sie ein international gefragtes Orchester, das nicht nur die Kölner Philharmonie sondern auch das Opernhaus in Sidney füllen kann. Das Konzert in der Marienkirche wurde als Benefizgala zu Gunsten des Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) organisiert.

Drei international gefragte Gesangssolisten konnten für die Gala in Herford gewonnen werden. Besonders beeindruckte der lyrische Bariton Marco Vassali. Als Erzengel Raphael und als Adam fesselt er in den Arien mit seiner sensiblen und ausdrucksstarken Interpretation. Bei den Rezitativen zeigt er sich als begnadeter Erzähler, man klebt an seinen Lippen und möchte jedes Wort verstehen, was bei der besonderen Akustik der Marienkirche aber nur selten gelingen kann.

Die Sopranistin Julia Sophie Wagner ist eine gefragte Oratorien und Konzert Sängerin. Als Gabriel/Eva gelingt es ihr ausdrucksstarke Dramatik zu entwickeln ohne dabei ihre warme Stimme zu forcieren.

Der aus Herford stammende Tenor Prosper-Christian Otto blickt aus eine beeindruckende Karriere zurück, von einem Debüt als Lohengrin unter Zubin Metha bis hin zur einer aufsehenerregenden CD-Einspielung der Winterreise in ihrer Originalfassung. Parallel dazu initiierte er in Hamburg ein Kulturforum in dem Zukunftsperspektiven moderner Kunst entwickelt werden, ist Buchautor und Fernsehmoderator. Auch wenn er bei diesem Konzert gelegentlich indisponiert wirkte, war die Haydn-Aufführung doch eine spannende Begegnung mit einer faszinierenden Künstlerpersönlichkeit.