
Herford. Girls, Glamour, Geld. Anfang der 1980er Jahre schien dieser Traum für die schon damals stadtbekannte Kakadu-Combo um Frontmann Carlo Dewe greifbar nahe. Der Manager einer großen deutschen Plattenfirma hatte sich gemeldet und versprach den Kontakt zum erfolgreichen Produzenten Frank Farian. Die Herforder Musiker schwebten auf Wolke 7, eine rosarote Zukunft bahnte sich an. Aber nur scheinbar. Puzzleteile dieses zerplatzten Traums präsentiert Carlo Dewe in einem Schaufenster eines leer stehenden Geschäfts am Gehrenberg, direkt gegenüber der "Backfactory".
Dewe hat diesen Traum in eine kleine Geschichte verpackt, in der dieser Manager anders als im wirklichen Leben Alfred Bovenstedt heißt. Dessen Rolle ist alles andere als rühmlich, deswegen das Pseudonym. "Wir hatten gerade unsere erste Schallplatte produziert. Die hieß 'Auf dem Rummel'. Für die Rückseite dieser Vinylscheibe veröffentlichten wir das Stück 'In der Milchbar', das mein Kumpel 'Ente' Werner Vogt mit italienischem Akzent sang."
Das, was als musikalischer Spaß gedacht war, entwickelte sich zunehmend zum Erfolg. Dewe, "Ente" Vogt (Bass), Udo Lummer (Gitarre) sowie etliche Mitstreiter und die Go-go-Girls als Markenzeichen schlugen immer weitere Kreise, enterten auch entferntere Bühnen. Und so war es für die Kakadu-Combo vollkommen selbstverständlich, dass mit Alfred Bovenstedt ein Musikmanager vorstellig wurde, der den Weg zum großen Geschäft ebnen wollte. Und dieser Weg sollte über Frank Farian führen.
Farian war Produzent, Komponist, Sänger und feste Größe im bundesdeutschen Pop- und Schlager-Zirkus. Seinen Ruf verdanke er vor allem weltweit erfolgreichen Gruppen wie Boney M. und Milli Vanilli, die von ihm gegründet worden waren. Carlo Dewe: "Weil zu jener Zeit die "Deutsche Welle" besonders erfolgreich war, hätten wir mit unseren Songs und der gerade veröffentlichen Single da prima reingepasst. Um Frank Farian kennenzulernen, mussten wir zu ihm ins Studio ins Saarland fahren und sollten auf dem Rückweg einen Abstecher für einen Auftritt in der Flughafen-Diskothek Frankfurt machen."
"Farian", erinnert sich Carlo Dewe, "das war doch was. Der hatte all das, was wir wollten". Schnell jedoch schwanden die rosaroten Traumschwaden. Der Plattenproduzent selber habe kein direktes Interesse an der Kakadu-Combo gehabt und auf eine Mitarbeiterin verwiesen. Auch ansonsten weiß Dewe nicht sonderlich Gutes über diesen mit Gold- und Platinauszeichnungen überschütteten Musik-Magier. "Ich habe ihn nie wieder gesehen."
Das folgende Konzert in Frankfurt sei hingegen perfekt verlaufen. "Irgendwo im Publikum haben wir sogar Bianca Jagger gesehen, die dort wohl wegen irgendeiner Charity-Nummer unterwegs war. Die Gage ließ sich auch sehen, wir sollten 3.000 Mark für den Auftritt bekommen. Das war für die damaligen Verhältnisse viel Geld", sagt Dewe.
Viel blieb von dem ganzen Geld nicht. Denn das war weg. Genau so weg, wie Manager Alfred Bovenstedt. "Der war wie vom Erdboden verschluckt. Wir sind später zur Plattenfirma gefahren und haben nach ihm gefragt. Dort habe man zwar von ihm gehört, ein Büro hätte der dort aber nicht gehabt." Der Traum einer großartigen Karriere war für die Herforder Rock'n'Rollband geplatzt.
"Wir sind in den angesagtesten Clubs aufgetreten"
"Sonderlich gestört hat uns das nicht. In den folgenden zehn Jahren waren wir bundesweit unterwegs, sind in den angesagtesten Clubs aufgetreten. Zwischendurch haben wir immer mal wieder gefrotzelt, wo wohl Alfred Bovenstedt stecken könnte. Eine Theorie besagte, dass er womöglich irgendwo ein Antiquariat eröffnet haben könnte", sagt Carlo Dewe. Ein solches Antiquariat steht im Schaufenster des Geschäfts am Gehrenberg. Gebaut von einer Bekannten des Bandleaders als Puppenhaus. Mit einem gelackten Typ mittendrin und einem Hund dabei. Dewe: "Genau so einer, das war Alfred Bovenstedt."