Herford

Kakadu-Combo: Puzzleteile eines zerplatzten Traums

In einem Schaufenster am Gehrenberg sind Relikte der Herforder Kult-Band aus vergangenen Tagen zu sehen

Carlo Dewe, Frontmann der Kakadu-Combo, hat in einem leer stehenden Geschäft am Gehrenberg Fundstücke zur Historie der Band zusammen getragen. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Peter Steinert
05.08.2017 | 06.08.2017, 18:06

Herford. Girls, Glamour, Geld. Anfang der 1980er Jahre schien dieser Traum für die schon damals stadtbekannte Kakadu-Combo um Frontmann Carlo Dewe greifbar nahe. Der Manager einer großen deutschen Plattenfirma hatte sich gemeldet und versprach den Kontakt zum erfolgreichen Produzenten Frank Farian. Die Herforder Musiker schwebten auf Wolke 7, eine rosarote Zukunft bahnte sich an. Aber nur scheinbar. Puzzleteile dieses zerplatzten Traums präsentiert Carlo Dewe in einem Schaufenster eines leer stehenden Geschäfts am Gehrenberg, direkt gegenüber der "Backfactory".

Legendär: Anfangs ging die Band im VW-Bus auf Tour. - © Frank-Michael Kiel-Steinkamp
Legendär: Anfangs ging die Band im VW-Bus auf Tour. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Dewe hat diesen Traum in  eine kleine Geschichte verpackt, in der dieser Manager anders als im wirklichen Leben Alfred Bovenstedt heißt. Dessen Rolle ist alles andere als rühmlich, deswegen das Pseudonym. "Wir hatten gerade unsere erste Schallplatte produziert. Die hieß 'Auf dem Rummel'. Für die Rückseite dieser Vinylscheibe veröffentlichten wir das Stück 'In der Milchbar', das mein Kumpel 'Ente' Werner Vogt mit italienischem Akzent sang."

Das, was als musikalischer Spaß gedacht war, entwickelte sich zunehmend  zum Erfolg.  Dewe, "Ente" Vogt (Bass), Udo Lummer (Gitarre) sowie etliche Mitstreiter und die Go-go-Girls als Markenzeichen  schlugen immer weitere Kreise, enterten auch entferntere Bühnen.  Und so war es für die Kakadu-Combo vollkommen selbstverständlich, dass  mit Alfred Bovenstedt ein Musikmanager  vorstellig wurde, der den Weg zum großen Geschäft ebnen wollte. Und dieser Weg sollte über Frank Farian führen.

Schrill: Carlo Dewes Show-Outfit war auch für damalige Zeiten außergewöhnlich. - © Foto: Privat
Schrill: Carlo Dewes Show-Outfit war auch für damalige Zeiten außergewöhnlich. | © Foto: Privat

Farian war Produzent, Komponist, Sänger und feste Größe im bundesdeutschen Pop- und Schlager-Zirkus. Seinen Ruf verdanke er  vor allem  weltweit erfolgreichen Gruppen wie Boney M. und Milli Vanilli, die von ihm gegründet worden waren. Carlo Dewe: "Weil zu jener Zeit die "Deutsche Welle" besonders erfolgreich war, hätten wir  mit unseren Songs  und der  gerade veröffentlichen Single da prima  reingepasst. Um Frank Farian kennenzulernen, mussten wir  zu ihm ins Studio ins Saarland  fahren und sollten auf dem Rückweg einen Abstecher für einen Auftritt in der Flughafen-Diskothek Frankfurt machen."

"Farian", erinnert sich Carlo Dewe, "das war doch was. Der hatte  all das, was wir wollten". Schnell jedoch schwanden die  rosaroten Traumschwaden. Der Plattenproduzent selber habe kein direktes Interesse an der Kakadu-Combo gehabt und auf eine Mitarbeiterin verwiesen. Auch ansonsten weiß Dewe nicht sonderlich Gutes über diesen mit Gold- und Platinauszeichnungen überschütteten Musik-Magier.  "Ich habe ihn nie wieder gesehen."

Exklusiv: Alfred Bovenstedts Geld-Kassette. - © Frank-Michael Kiel-Steinkamp
Exklusiv: Alfred Bovenstedts Geld-Kassette. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Das folgende Konzert in Frankfurt sei hingegen perfekt verlaufen. "Irgendwo im Publikum haben wir sogar Bianca Jagger gesehen, die dort wohl wegen irgendeiner Charity-Nummer  unterwegs war. Die Gage  ließ sich auch sehen, wir sollten 3.000 Mark für den Auftritt bekommen. Das war für die damaligen Verhältnisse  viel Geld", sagt Dewe.

Viel blieb von dem ganzen Geld nicht. Denn das war weg. Genau so weg, wie Manager Alfred Bovenstedt. "Der war wie vom Erdboden verschluckt. Wir sind später zur Plattenfirma gefahren und haben nach ihm gefragt. Dort habe man zwar   von ihm gehört, ein Büro hätte der dort aber  nicht gehabt." Der Traum einer  großartigen Karriere war für die Herforder Rock'n'Rollband geplatzt.

"Wir sind in den angesagtesten Clubs aufgetreten"

"Sonderlich gestört hat uns das  nicht. In den folgenden zehn Jahren waren wir bundesweit unterwegs, sind  in den angesagtesten Clubs aufgetreten. Zwischendurch haben wir immer mal wieder gefrotzelt, wo wohl Alfred Bovenstedt stecken könnte. Eine Theorie besagte, dass er womöglich irgendwo ein Antiquariat eröffnet haben könnte", sagt Carlo Dewe. Ein solches Antiquariat steht im Schaufenster des Geschäfts am Gehrenberg. Gebaut von einer Bekannten des Bandleaders als Puppenhaus. Mit einem gelackten Typ mittendrin und einem Hund dabei. Dewe: "Genau so einer, das war Alfred Bovenstedt."