Herford

Herforder Café Kleine feiert 125-Jähriges

Traditioneller Handwerksbetrieb könnte eigentlich auch 175-jähriges Bestehen zelebrieren

Siebenstöckiger Genuss: Heinz Kleine mit Mutter Christel und Frau Andrea beim Anschneiden der Jubiläumstorte. Im Hintergrund ist Herfords stellvertretender Bürgermeister Andreas Rödel zu erkennen, der zum 125. Betriebsbestehen gratulierte. | © Peter Steinert.

Peter Steinert
17.09.2016 | 17.09.2016, 10:14

Herford. Eine der ersten Adressen für Naschhasen und Schlickermäuler, für Genießer und Kenner ist das Café Kleine an der Rennstraße/Ecke Tribenstraße. Der eine oder andere Gaumenfreund wähnt sich gar im 7. Himmel, wenn ihn Kuchen, Torten, Pralinen oder Backwaren anziehen. Konditormeister Heinz Kleine traf den Geschmack von Freunden, Kunden und Kollegen, als er gestern zum 125-jährigen Jubiläum seines Geschäfts eine Torte anschnitt. Nicht irgendeine - eine siebenstöckige.

"Eigentlich könnten wir sogar schon unser 175-jähriges Bestehen feiern", begrüßte der Chef seine Gäste und erklärte: "Die erste Bäckerei war von meinem Ururgroßvater Ernst Friedrich Ludwig Kleine (geboren am 30. Januar 1811) schon 50 Jahre früher in Boffzen an der Weser gegründet worden. Sein Bruder führte dort das Geschäft weiter, während mein Urgroßvater August Kleine nach Herford zog, um sich 1891 an der Johannisstraße selbstständig zu machen."

Ursprünglich: Ein Bild aus dem Jahr 1905 zeigt das Geschäft von Bäcker Kleine mit "Restauration, Bäckerei und Colonialwaren". - © Privat
Ursprünglich: Ein Bild aus dem Jahr 1905 zeigt das Geschäft von Bäcker Kleine mit "Restauration, Bäckerei und Colonialwaren". | © Privat

Sieben Jahre später folgte der Wechsel an die heute bekannte Adresse an der Rennstraße 37. Heinz Kleine: "Neben Bäckerei und Kolonialwaren gab es auch eine Gaststätte. Die hieß 'Zum Gutenberg' und war den Herfordern zum Schluss besser unter dem Namen 'Pütten Meier' bekannt. Kolonialwaren gab es nur bis nach dem ersten Weltkrieg." 1905 erweiterte August Kleine zusammen mit seiner Frau Minna den Betrieb.

Früh übt sich: Heinz Ludwig Kleine als Kind. - © Privat
Früh übt sich: Heinz Ludwig Kleine als Kind. | © Privat

1931 übernahm dessen Sohn Heinrich Kleine mit seiner Frau Lieselotte den Betrieb. "Das war eine geborene Tappe und damit vorbelastet, da sie ebenfalls aus eine Bäckerfamilie stammte und Tochter des Bäckermeisters Tappe vom Stiftberg war", ergänzte der heutige Chef. Dessen Vater, der Bäcker- und Konditormeister Heinz Ludwig Kleine übernahm dann 1960 zusammen mit seiner Frau Christel den Betrieb. Kleine: "1966 wurde das Geschäft dann tiefer gelegt, um einen ebenerdigen Zugang zu schaffen."

1989 verstarb Kleine Senior. Zwischenzeitlich und viele Jahre führte Dorothea Begemann das Café. 1991 übernahm Wolfgang Börner bis 1998 das Geschäft. Dann trat Kleine Junior an: "Nachdem ich lange genug auf Wanderschaft war, übernahm ich 1998 zusammen mit meiner Frau Andrea den Betrieb." Seitdem investierten die Betreiber kräftig. Die Backstube wurde komplett neu eingerichtet. Und noch heute steht der Chef selbst am Ofen, um den handgeformten Brötchen die Form und den letzten Schliff zu verpassen. Vor drei Jahren ließ er die Küche erneuern. Kleine:

"Ein Jahr später wurde wieder in der Backstube für größere Kühlhäuser nachgelegt." Zuletzt folgte ein neuer Anstrich, mitsamt einer Umgestaltung im Inneren des Cafés. Optisches Herzstück ist eine sogenannte Pralinette - ein rundes, weitgehend gläsernes und zimmerhohes Ladenbauelement, das die von Meister Kleine selbst hergestellten Pralinen kühlt und verführerisch ausleuchtet. Wer sich von den Herrlichkeiten lösen kann, der findet im Ambiente des Geschäfts nicht nur historische Aufnahmen des nun seit 125 Jahren bestehenden Cafés, er sieht auch Fotos eines kleinen Männleins.

Fein herausgeputzt mit weißer Mütze und ebensolcher Berufsbekleidung. "Das ist mein Vater als Kind. Schon damals half er im Geschäft mit. Genau so wie ich es früher auch gemacht habe", erzählt der heute 48-jährige Heinz Kleine und schließt den Bogen zum Traditionsbetrieb. Das sah Gratulant Andreas Rödel ebenfalls so. Der stellvertretende Bürgermeister Herfords: "Das hier, das ist herrliches, ehrliches Handwerk."