
Herford. Das war bis vor kurzem: Verstärker einschalten, CD-Schublade öffnen, Silberling einlegen, auf Play drücken - Musik genießen. Das ist heute: Router mit W-LAN einschalten, dazu Netzwerk mit Computer, Laptop, externe Festplatte oder NAS-Station aktivieren, oder USB-Stick einstecken oder das Internetradio aktivieren oder den Flachbildschirm in Betrieb nehmen. Wer normales Radio hören möchte geht übers Kabel, Satellit oder UKW-Antenne, wer fortschrittlich ist kann DAB-Radio hören.
Klingt wie eine wissenschaftliche Abhandlung und ist doch inzwischen ganz normal für anspruchsvolle Musikfreunde - aber eine Herausforderung für Hifi-Ingenieure. T+A, der Herforder Spezialist für hochwertige Unterhaltungselektronik, hat sich auf die sich ständig ändernden Anforderungen der High-End-Gemeinde eingestellt. Siegfried Amft (65), Physiker und ein Mann mit klaren Prinzipien, hat früh erkannt: "Wir machen beim Rennen der Billigheimer nicht mit, da können wir nur verlieren." Er setzt auf hochwertige Bauteile und auf die Fertigung der Geräte nur in Ostwestfalen.
Konsequent hat Amft seine Entwicklermannschaft aufgestockt auf jetzt ein Dutzend Ingenieure. Sieben von ihnen beschäftigen sich nur mit Software.
Sie haben ihre Heimat in der Nische der ganz exklusiven Geräte gefunden. Und weltweit in ihrem Segment nur noch Mitbewerber wie Naim (England), MacIntosh, Acoustic Research (USA) oder Accuphase (Japan). "Der Markt spaltet sich gerade auf: Entweder ganz preiswert oder hochpreisig - also 6.000 Euro und mehr", sagt Amft.
Überraschend: War der Bereich High-End und Hifi jahrzehntelang eine Männerdomäne, so sind es heute vermehrt Frauen, die die ansprechend gestalteten Geräte und Anlagen kaufen. "Es sind dann überwiegend die ästhetischen Gesichtspunkte die zählen", sagt der Firmengründer. Der so genannte WAF (Women Acceptance Factor) sorgte bei den Herforder Spezialisten für eine Umsatzsteigerung von zehn Prozent allein im vergangenen Geschäftsjahr. Der Umsatz des Unternehmens mit seinen rund 80 Beschäftigten liegt "im zweistelligen Millionenbereich", mehr wollte Amft nicht verraten. Hauptabsatzmarkt ist Deutschland, aber die edlen und mit intelligentester Technik vollgestopften Geräte werden in aller Welt geschätzt. Auch die Fachmagazine sind des Lobes voll.

Von Beginn an, also seit 1978, ist Entwicklungschef Lothar Wiemann (57) dabei. Er sagt: "Das Geschäft wird immer schwerer. Deshalb ist es gut, dass unsere Firma eine Größe hat, mit der wir schnell auf Marktveränderungen reagieren können." Wer an Ingenieure denkt, meint oft Herren, die mit Zeichenbrett, Dreieck, Zirkel und Bleistift über (Schalt-)Plänen brüten. Bei T+A sind Mechaniker, Akustiker, IT-Spezialisten, Analog-Techniker und Spezialisten für digitale Signalverarbeitung am Werk.
Bis auf einen haben alle in der Region (Lemgo/Bielefeld) studiert und leben gern hier. "Die Fluktuation ist gleich Null", sagt Firmenchef Amft. Entsprechend sind alle, die in den vergangenen vier Jahrzehnten eingestiegen sind, noch da. Inzwischen gab es enorme Umwälzungen. Wurden die Platinen zu Beginn noch auf Papier entworfen, werden die Schaltungen heute auf dem Rechner simuliert.
Die ältesten Ingenieure sind Analogspezialisten, haben eine Ausbildung genossen, die es heute so nicht mehr gibt. Sie sind unverzichtbar für den hochpreisigen High-End-Bereich, denn dort greift man auf analoge Technik zurück, weil der Klang besser ist.
"Digitale Technik ist zwar kosteneffizienter, aber analoge Verstärker klingen angenehmer", sagt Chef-Entwickler Wiemann. Man müsse sich eben entscheiden. "Es ist eine Philosophiefrage: Analytisch oder wärmer im Klang."
Die Wahl fällt mit der Digitaltechnologie schwerer. Wie eine Anlage klingt, ist auch Sache des Oberwellenspektrums. "Geradzahlige Obertonwellen klingen wärmer. Will man das auf die Digitaltechnik übertragen, braucht man einen Digitalprozessor."
So sind denn heutzutage die Ingenieure auch in der Mehrzahl ambitionierte Programmierer. "Wir haben heute einen zehnfach höheren Softwareaufwand als noch vor wenigen Jahren", sagt Physiker Amft. Im Zuge dieser Veränderungen sei seine Firma auch zum größten HiFi-Elektronikhersteller Deutschlands aufgestiegen.
Als es 1978 bescheiden losging, bauten Amft und ein kleines Team nur Lautsprecher. "Das ist einfach, überschaubar von den Teilen. Heute sprechen wir bei einem Verstärkerbau von bis zu 2.800 Teilen." Im Zeitalter der Apps arbeitet ein Ingenieur der Nachwuchsgeneration nur an deren Programmierung.
Vinyl ist stark wie nie, Bedeutung der CD schwindet
- Der Tonträger-Markt entwickelt sich unterschiedlich. Während die Menge der produzierten CDs abnimmt, wächst der Bereich der Schallplatte.
- Ein Markt mit Wachstumschancen – allerdings eher in Japan – ist der für die SACD. Nur wer Abspielgeräte anbietet, die dieses hochauflösende Format abspielen, hat im Land der aufgehenden Sonne eine Absatzchance.
- Junge Leute nutzen hingegen gern die so genannten Streamingdienste wie Spotify, Deezer, Tidal oder Qobuz. Hier unterscheidet sich die Angebotsqualität und reicht vom MP3-Format bis zu verlustfreien Formaten wie FLAC.
- Wer überwiegend Musik vom Computer abspielt, sollte über einen Digital-Analog-Converter (DAC) nachdenken. Er sorgt für angenehmeren Klang.