Herford

Warum Kreative den Alten Güterbahnhof so attraktiv finden

Neuerdings bieten Firmen Workshops in dem historischen Gebäude an

Innovationen denken: Kreative des Schuhherstellers Tamaris und der Agentur Moysig nutzen dafür den Alten Güterbahnhof. | © Lars Veerkamp (Moysig)

Hartmut Braun
16.08.2015 | 16.08.2015, 06:00
Ideenlabor: 60 Bildungsexperten (hier im Plenum) tragen im Güterbahnhof Anregungen für einen Bildungscampus Herford zusammen. - © Annette Klinkert
Ideenlabor: 60 Bildungsexperten (hier im Plenum) tragen im Güterbahnhof Anregungen für einen Bildungscampus Herford zusammen. | © Annette Klinkert

Herford. Der Charme der alten Backsteine, unverputzte Wände, nackter Boden, sattelförmiges Oberlicht, Pfeiler, Sprossenfenster; irgendwie liegt immer der Geruch von Schmieröl und Spänen in der Luft. Kein Wunder, dass im Alten Güterbahnhof oft Messen, Börsen und Märkte stattfinden. Jetzt kommt eine neue Nutzung dazu: Ideen finden.

Den Anfang machte Annette Klinkert. Die Kommunikations-Expertin sollte im Frühjahr einen Experten-Workshop zum Thema Bildungscampus organisieren - und wählte dafür die kleinste der drei Güterhallen aus. "Für Leute, die sich sonst in sterilen Konferenzsälen bewegen, ist diese offene, vorläufige Umgebung ein ideales Umfeld," sagt sie.

Dirk Moysig, Inhaber einer Herforder Kreativagentur, organisiert seit neustem mit seinen Kunden "Innovation-Thinking-Workshops". Dafür kann er sich in OWL kaum einen besseren Ort vorstellen. Diese Woche lud er Kreative und Führungskräfte des größten europäischen Schuhherstellers Tamaris nach Herford ein - und präsentierte ihnen erst einmal eine Überraschung: den Güterbahnhof als Veranstaltungsort.

In der großen Halle gab es erst einmal - viel Platz. Moysig: "Man bewegt sich frei, wechselt auf kurzem Weg die Arbeitsfläche, bekommt immer wieder Luft zum atmen."

Information

Alter Güterbahnhof

  • An bis zu 120 Veranstaltungstagen vermietet die Pro Herford den Güterbahnhof jährlich, das ist eine Auslastung von bis zu 33 Prozent.
  • Mieteinnahmen zwischen 35.000 und 45.000 Euro kommen so in die Kasse der Pro Herford, die ihn seit zehn Jahren bewirtschaftet.
  • Über die Kosten macht Pro Herford keine Angaben, das sei Sache der Holding HVV.

Sein Team hatte auf der an großstädtische Lofts erinnernden Fläche mehrere Stationen geschaffen: Großer Tisch fürs Plenum, mit Pappwänden abgetrennte Kojen für die Teams, Servicestation für Kaffee/Snacks, Lounge mit Moysig-Möbeln zur Entspannung.

"Die Halle gibt die Möglichkeit für eine straffe Durchführung; jede Minute kann genutzt werden. Und diese raue, unfertige Umgebung hat einen Charme, der an großstädtische Loft erinnert und jeden von uns beflügelt hat," resümiert er.

Großstädtischer Charakter

Der großstädtische Charakter begeistert auch Annette Klinkerts Akteure. "Solche Urbanität findet man in Berlin oder dem Ruhrgebiet, man erwartet es bei uns nicht", stellt sie fest.

Julia Schieweck freut sich über solche Rückmeldungen. "Wir sind stolz, dass der Güterbahnhof so gut und vielfältig genutzt wird", sagt die Managerin bei der städtischen Pro Herford. Diese bewirtschaftet die drei Hallen mit ihren 3.000 Quadratmeter Bruttofläche. Die Auslastung stagniert bei einem Drittel. Bei der Pro Herford ist man damit nicht unzufrieden, sieht aber weiteres Potenzial.

Herforder Firmen nutzen die Güterhallen für Jubiläen (Wemhöner) oder Kundenkongresse (Brax). Überregionale Flohmarkt-Macher bespielen sie mit "Weiberkram"; im Oktober kommt ein neues Format "Designkrammarkt" zu. Es finden Käfertreffen und Mittelaltermärkte, Azubi-Börsen und Biomessen statt.

Zur MOW-Zeit stellen seit Jahren Möbelhersteller Neuigkeiten aus und an 14 Tagen im Jahr zeigt ein Münchner Gartenmöbelmacher dem Handel seine Neuigkeiten.

Kulisse für Foto-Shootings

"Er ist ein Aushängeschild für Herford geworden", sagt Frank Hölscher von der Pro Herford - und zeigt stolz einen Werbefilm für Arbeitskleidung, den die Düsseldorfer Burgia Sauerland hier gerade hat drehen lassen.

Als Kulisse dient der Güterbahnhof auch Fotoshootings von Mode- und Möbelmachern. Bei Hobbyfotografen ist er beliebt. Und mindestens 50 Hochzeitspaare mieten kommen jedes Jahr, um sich hier ablichten zu lassen.

Die Kreativworkshops werden wohl ein Randthema bleiben, aber eines mit Potenzial. Mindestens Klinkert und Moysig wollen wieder kommen.