Herford. Mit jährlich zwölf Litern Speiseeis pro Kopf liegt das kühle Finnland an der Spitze der Eisesser in Europa. Die Herforder liegen mit gut sechs Litern nur im Mittelfeld. Die heimischen Eismacher sind sich einig: Die Wintermonate lassen die Lust am kühlen Genuss schwinden.
"In der kalten Jahreszeit verkaufen wir nur rund 30 Prozent, von dem was wir im Sommer umsetzen", sagt Roberto Garau, der im Jahr 2012 nach Herford kam, um seine Eisdiele Martinelli zu eröffnen. An der Rennstraße stellt der leidenschaftliche Eismacher 30 Sorten her. "Im Winter gibt es nur 13 Sorten, dafür aber auch spezielle, wie zum Beispiel Zimt- oder Feigeneis", sagt Garau.
Er stellt es in seiner kleinen Eismanufaktur im Hinterhof her. "Da ist viel Zucker drin, aber der ist nötig, sonst wird die Masse nicht cremig", sagt der Italiener und erklärt, wie er die verschiedenen Sorten mit frischen Zutaten herstellt. "Ich gehe in den Wald und sammle zum Beispiel Holunderbeeren, daraus koche ich eine Marmelade. Das ist die Grundlage für mein Holundereis."
In den Wintermonaten reiche der Eisverkauf aber nicht zum Überleben, deshalb biete er auch selbst gemachte Waffeln, Apfelstrudel und die Süßspeise Tiramisu an.
Das erste Kaffeehaus, das Speiseeis anbot, das Café Procope, eröffnete der Italiener Franceso Procopio di Cultelli 1686 in Paris.
Im 18. Jahrhundert wurde Speiseeis auch auf den Straßen von Paris angeboten.
In den USA wurde 1770 die erste bekannte Gelateria in New York eröffnet. Die weltweit erste Speiseeisfabrik öffnete 1851 In Baltimore, USA.
Das erste Buch über die Kunst der Eisbereitung erschien 1775 im italienischen Neapel.
Deutschlands erste Eisdiele öffnete vermutlich 1799 im Alsterpavillon in Hamburg.
Diese Einschätzung teilt auch der Portugiese João Lopes, der erst im Juni seine Eisdiele an der Lübberstraße eröffnet hat. Im Eiscafé Fontana verdient der Eisliebhaber im Winter mehr durch Crêpes und Waffeln als durch Speiseeis. Er schätzt, dass er gut 30 bis 40 Prozent von dem umsetzt, was er im Sommer damit verdient. "Ich bin sehr zufrieden hier, doch im kommenden Winter werden wir wohl nicht durchgängig öffnen", sagt Lopes.
Der Herforder Lutz Remers ist ihm ein treuer Kunde. "Das ist erste Sahne hier", sagt der Stammkunde und freut sich, auch zur kalten Jahreszeit sein Eis genießen zu können.
Der Marktleiter des Edeka Centers an der Ernstmeierstraße, Matthias Konrad, weiß, dass die Herforder auch im Winter fleißig Eis essen. "In der kalten Jahreszeit verkaufen wir auch sehr gut. Man unterschätzt, was die Leute auch zwischen Oktober und Februar an Eis mitnehmen", sagt Konrad. Ein Grund für seine Erfahrung könnte im Marketingbereich des größten Eisherstellers Langnese (Unilever) liegen.
Liane Homburg arbeitet im Verkaufsservice beim Feinkostproduzenten Windmann in Löhne. Als Vertriebspartner der Unilever Eisprodukte beliefert das Unternehmen auch den Kreis Herford. "Natürlich verstärken die Hersteller ihre Angebote. Im Winter werden verschiedenste Eissorten zu Sonderpreisen angeboten", sagt Homburg und schließt daraus, dass die Absätze in den Supermärkten so stabiler bleiben. Aber auch ihre Firma würde deutlich weniger Eis vertreiben als im Sommer.
Pietro Amico hat sich eine andere Strategie zurecht gelegt, um im Winter das Eis an die Verbraucher zu bringen. "Ich biete immer verschiedene Eissorten an, alle drei Monate wechsele ich die Variationen", sagt der passionierte Eismacher. Zu Weihnachten kreiert er für seine Kunden Domino-, Spekulatius- und Zimteis. "Ich will immer kreativ sein und denke täglich über neue Sorten nach", sagt Amico.
Seit 2010 lebt er seinen Traum von der eigenen Manufaktur an der Werler Straße in Elverdissen. Er produziert nicht nur für sich, sondern auch für andere Eisdielen.
Der Name seiner Eisdiele entspringt der Kurzform seines Namens und dem italienischen Wort für Speiseeis: Ami-Gelato - die Liebe zum Eis.