„Wenn es um 3 Uhr nachts klingelt“: 150 Jahre Löschzug Enger-Mitte

Enger. &bdquo;Stellen Sie sich vor: Sie werden nachts um 3 Uhr angeklingelt, ziehen sich die Schuhe an und gehen los, weil irgendjemand in der Klemme steckt“, sagt Löschzugführer Jean Marc Orth nachdenklich. Was für viele unvorstellbar klingt, ist für die Mitglieder des Löschzugs Enger-Mitte seit 150 Jahren selbstverständlich – ein Dienst mit Herz und Seele für die Gemeinschaft. In dieser Zeit gab es mehrere denkwürdige Einsätze - vom Brand an der Kleiderfabrik Busch bis zum Feuer in der Ziegelei Kenter. Seit Januar führt Jean Marc Orth offiziell den traditionsreichen Löschzug. Zuvor war er bereits Stellvertreter von Arndt Höpker, der die Einheit 16 Jahre lang leitete. &bdquo;Das sind riesige Fußstapfen“, gibt Orth zu. Der seit 36 Jahren in der Feuerwehr aktive Mann lebt erst seit 2014 in Enger, nachdem er aus Bielefeld zugezogen war. Die Entscheidung, seine dortige Feuerwehrfamilie zu verlassen, sei ihm nicht leicht gefallen. &bdquo;Für mich war es auch schwierig, meine Position in Bielefeld aufzugeben“, erinnert er sich. Heute zählt der Löschzug in Enger-Mitte 43 Mitglieder. &bdquo;Davon sind zwei Frauen“, berichtet Orth. Auch ein Feuerwehrmann mit irakischen Wurzeln gehört zum Team. &bdquo;Mir ist wichtig, dass die Feuerwehr auch den Querschnitt der Gesellschaft abbildet“, betont der Zugführer. In der Jugendabteilung seien bereits mehr Mädchen aktiv. Das sei ein hoffnungsvolles Zeichen für die Zukunft. Von Entenküken bis zu tragischen Einsätzen Die Anforderungen an die Feuerwehr haben sich über die Jahrzehnte stark gewandelt. Neben klassischen Bränden rückt die Wehr heute zu Verkehrsunfällen, Türöffnungen und vielfältigen technischen Hilfeleistungen aus. Manche Einsätze bleiben laut Orth besonders im Gedächtnis. &bdquo;Einer der schönsten Einsätze war, als wir eine Tierrettung reinkriegten“, erzählt Orth. An der Sparkasse in Enger sei ein Entenküken in den Gully gefallen. &bdquo;Als wir das Küken in der Maiwiese wieder ausgesetzt haben, war ich bei meinen Töchtern der Held.“ Lesen Sie auch: Das ist der neue Löschzugführer in Enger Doch nicht alle Einsätze enden glücklich. &bdquo;Es gibt viele Dinge, die man lange mit sich herumträgt“, gibt Orth zu. Er erinnert an einen Unfall in Westerenger mit einem Taxifahrer. &bdquo;Zwei Stunden später weiß man, dass er es nicht geschafft hat.“ In solchen Momenten brauche man &bdquo;ein dickes Fell“ und den Rückhalt im Team. &bdquo;Ich bin ehrlich froh, dass ich nie einen schlimmen Einsatz mit Kindern hatte“, sagt der vierfache Vater. Lesen Sie auch: &bdquo;Nicht von selbst angefangen zu brennen“: Feuer an Friedhof in Enger Jubiläumsfeier im Juni Zum 150-jährigen Bestehen plant der Löschzug ein besonderes Festwochenende vom 13. bis 15. Juni. &bdquo;Wir freuen uns sehr auf unsere große Feier“, sagt Orth. &bdquo;Nicht viele Gemeinschaften halten so lange zusammen.“ Am Freitagabend findet eine Feierstunde mit geladenen Gästen statt, bei der auch eine Urkunde überreicht werden soll. Der Samstag steht ganz im Zeichen des Kreisfeuerwehrverbandstages, der anlässlich des Jubiläums in Enger ausgerichtet wird. Abends folgt dann eine &bdquo;Blaulichtparty“, bei der die Feuerwehrleute &bdquo;bei Getränk und Essen mit der Bevölkerung gemeinsam feiern“ wollen. Am Sonntag öffnet der Löschzug seine Türen für die Öffentlichkeit. &bdquo;Da möchten wir uns gerne der Bevölkerung präsentieren und ins Gespräch kommen“, erklärt Orth. Besucher können das Gerätehaus besichtigen, in einem Rauchzelt die Arbeit der Feuerwehr erleben und verschiedene Übungen beobachten. Für das leibliche Wohl ist mit Essen, Kuchen und Kaffee gesorgt. Die Ringstraße wird für die Feierlichkeiten von Freitagabend bis Sonntag teilweise gesperrt. &bdquo;Wir berücksichtigen natürlich die Schulen“, versichert der Zugführer. Zukunftspläne und Herausforderungen Auch die Strukturen innerhalb der Feuerwehr Enger befinden sich im Wandel. Gemeinsam mit den vier anderen Löschzügen der Stadt soll ein neues Führungsmodell entwickelt werden. &bdquo;Arndt Höpker möchte die Leute in ein Team holen, das gemeinsam entscheidet“, erklärt Orth. Bei einer Klausurtagung hätten sich alle Einheiten zusammengesetzt. &bdquo;Das ist von allen ein positiver und fruchtbarer Austausch.“ 2025 steht die Erneuerung des Brandschutzbedarfsplans an. Neue Fahrzeuge sind beantragt. &bdquo;Die Stadt Enger weiß unsere Arbeit zu würdigen, das ist natürlich sehr schön“, betont Orth. Die Zusammenarbeit mit der Verwaltung funktioniere gut. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford Der Nachwuchs bleibt jedoch eine Herausforderung. &bdquo;Wir sind dankbar für jeden Bürger, der zu uns stößt“, sagt Orth. Im vergangenen Jahr konnte der Löschzug drei neue Mitglieder gewinnen. Die Gründe für das Engagement sind unterschiedlich – vom familiären Bezug bis zum reinen Interesse am Ehrenamt. &bdquo;Die sind jetzt mit Herz und Seele dabei“, freut sich der Löschzugführer. Für die Zukunft hat Orth einen klaren Wunsch: &bdquo;Ich wünsche mir sehr, dass wir als Team funktionieren – nicht nur mein Löschzug, sondern auch auf Stadtebene und zwischen den Einheiten.“ Die Feuerwehr sei schon immer Teamarbeit gewesen. &bdquo;Das wird auch immer so bleiben.“

Meistgelesen