Warum das Bruch für Enger eine Art Lebensversicherung ist

Enger. Der Weg ist matschig, der Wind pfeift und so weit der Blick reicht, ist das Enger Bruch überflutet. Dieser Anblick bot sich in den vergangenen Wochen den Besuchern und Besucherinnen des Naturschutzgebiets durchgehend. Dass das Bruch soviel Wasser aufnehmen kann, ist für die Widukindstadt enorm wichtig. Zwei Naturexperten erklären, warum das Bruch für Enger &bdquo;so eine Art Lebensversicherung“ ist – und welche Tiere vom aktuellen Wetter profitieren. Das Bruch eigne sich besonders, um Regenwasser aufzufangen, weil es &bdquo;ganz wenig Ost-West-Gefälle hat“, erklärt Holger Stoppkotte, Leiter des Biologiezentrums Bustedt. Soll heißen: Das Wasser bleibt dort weitestgehend stehen und fließt erst zeitverzögert im Bolldammbach durch Enger ab. Tiefer gelegene Grundstücke werden so vor Überflutung geschützt. Den Höchstwasserstand habe das Bruch vor Weihnachten gehabt, sagt Stoppkotte. Dann sei das Wasser schon teilweise über die Straße In der Aue zum angrenzenden Industriegebiet geflossen. Zu nah an Flüssen gebaut Dass die Hochwasser-Situation vor Weihnachten in Enger ganz anders aussah, als in anderen Kommunen, liegt laut Stoppkotte auch mit an &bdquo;Retentionsräumen“ wie dem Bruch. &bdquo;Für Enger ist das so eine Art Lebensversicherung“, sagt Stoppkotte. In anderen Kommunen wurde dagegen sehr nah an Flüsse heran gebaut oder tief liegende Flächen trocken gelegt. &bdquo;Dann steigt der Wasserstand der Flüsse bei Starkregenereignissen so schnell an, dass überflutete Keller oder gar Stadtteile vorprogrammiert sind“, sagt Stoppkotte. &bdquo;Da hat man in der Vergangenheit Fehler gemacht.“ Auch in Enger hat es im vergangenen Jahr deutlich mehr geregnet als gewohnt. Laut dem deutschen Wetterdienst fielen im vergangenen Jahr 1.075 Liter pro Quadratmeter in Enger. Davor seien es im Schnitt 650 Liter im Jahr gewesen, sagt Stoppkotte. Zum Vergleich: In NRW fielen im vergangenen Jahr im Schnitt 1.198 Liter pro Quadratmeter. In den Jahren davor fielen im Durchschnitt nur 808 Liter pro Jahr. Andernorts hat es also noch größere Regenmengen gegeben, die zu mehr Problemen geführt haben als in Enger. Eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen &bdquo;Es ist normal, dass das Wasser jetzt bis zum Mai so steht“, sagt Stoppkotte. In dieser Zeit wird das überflutete Bruch zur Heimat für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen. Für die neueste Folge seiner Youtube-Serie &bdquo;Weigels Wilde Welt“ hat der Natur- und Umweltpädagoge Thomas Weigel dort vor kurzem Vögel beobachtet. Dabei stieß er auf Blässhühner, mehrere Entenarten, rund 70 Goldammern und sogar einen Wanderfalken. &bdquo;Das Bruch ist das bedeutendste Naturschutzgebiet im Kreis Herford“, sagt Weigel. Wenn das Wasser nun etwas zurückgeht, bilden sich im Bruch Schlickkanten. &bdquo;Das ist dann das perfekte Rast-Habitat für Zugvögel. Wie zum Beispiel Limikolen.“ Weniger gut ist die Überflutung für einige landgebundene Tiere. &bdquo;Viele gehen dann hops“, sagt Weigel. So habe er zuletzt in Bünde auch schon einen toten Maulwurf im gesehen, der dort an Land geschwemmt worden war. Nur wer sich an festes Land retten kann, ertrinkt nicht. Das nimmt zuweilen interessante Züge an. So hat Maik Wischmeier, ein Naturliebhaber aus Spenge, jüngst beobachtet, wie eine Schnecke als &bdquo;Arche Noah“ für diverse Käfer und Asseln gedient hat (siehe Foto). &bdquo;Ältere und kranke Tiere kommen auch durch den Frost um“, ergänzt Stoppkotte. Andere weichen aus oder finden instinktiv Wege, mit der Kälte umzugehen. Stoppkotte deutet in Richtung einer Gruppe Enten und anderer Wasservögel, die dicht nebeneinander schwimmen – und so verhindern, dass die Wasserdecke unter ihnen gefriert. Selbst unterschiedlichste Arten würden dabei kooperieren, um so der Kälte zu trotzen, sagt Stoppkotte.

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