Mehr Kinderarmut auch in Enger und Spenge? So wird Betroffenen geholfen

Enger/Spenge. Laut dem Statistischen Bundesamt sind rund ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland von Kinderarmut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Demnach waren im vergangenen Jahr knapp 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren armutsgefährdet. Doch wie sieht die Situation in Enger und Spenge aus? Und was wird dagegen gemacht? Auch im ländlichen Raum gebe es Ungleichheit &bdquo;und das in nicht unerheblichem Maße“, sagt Matthias Rahe, Leiter der Abteilung Jugend und Familie beim Kreis Herford. Im Kreis müssen tausende Kinder Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) beziehen. Mit diesen Leistungen sollen Kinder aus Familien mit geringem Einkommen gefördert werden. &bdquo;Wir haben in Zuständigkeit des Sozialamtes aktuell circa 2.815 Kinder, für die Leistungen [. . .] gewährt werden“, teilt Patrick Albrecht, Pressesprecher beim Kreis Herford auf Anfrage der NW mit. Anstieg der Zahlen ist auch auf die ukrainischen Flüchtlinge zurückzuführen Im Vergleich zum Vorjahr gebe es einen Anstieg von über 50 Prozent. Albrecht warnt aber davor, aus diesem Anstieg auf eine Erhöhung der Kinderarmut zu schließen. &bdquo;Es steht zu vermuten, dass aufgrund der Erhöhung des Wohngeldes bisherige Bürgergeldempfänger Wohngeldberechtigt werden und damit statt über das Jobcenter nun über den Kreis Herford BuT-Leistungen beziehen“, heißt es weiter. Das Jobcenter Herford weist weitere 5.389 Leistungsberechtigte mit mindestens einer festgestellten BuT-Leistungsart für den Kreis im Jahr 2022 aus. Ein Anstieg dieser Leistungen beim Jobcenter sei auch auf die große Anzahl ukrainischer Geflüchtetenkinder zurückzuführen, sagt der Jobcenter-Geschäftsführer Klaus Binnewitt. Doch wie kann betroffenen Kindern geholfen werden? Unterstützung gebe es zum Beispiel bei Ausflügen oder mehrtägigen Klassenfahrten von Schule, Kita oder der Tagespflege, sagt Matthias Rahe. Natascha Gräfe, Leitung der Abteilung Schule, Kultur, Jugend und Soziales der Stadt Spenge, ergänzt: &bdquo;Gerade jetzt, passend zum Schulstart, wurden den Empfängern von Transferleistungen mit schulpflichtigen Kindern 174 Euro für den Schulbedarf automatisch im August ausgezahlt.“ Härtefallfonds und Stiftungen springen häufig ein Dafür bedurfte es keiner gesonderten Antragstellung. Weiterhin erhalten betroffene Kinder die Möglichkeit, Sport- und Musikangebote zu nutzen. &bdquo;Hierfür stehen monatlich 15 Euro, beziehungsweise 180 Euro jährlich als Bezuschussung zur Verfügung“, sagt Gräfe. Die Leistungen für Bildung und Teilhabe umfassen bei Bedarf zudem Nachhilfe oder auch die Teilnahme am gemeinsamen Mittagessen in der Schule, der Kindertageseinrichtung, dem Hort oder bei der Tagespflege. &bdquo;Darüber hinaus gibt es den Härtefallfonds ’Alle Kinder essen mit’, der Kindern und Jugendlichen aus bedürftigen Familien, die knapp über der Einkommensgrenze für Sozialhilfe liegen, die Teilnahme am gemeinsamen Mittagessen ermöglicht“, erläutert Natascha Gräfe. &bdquo;Natürlich gibt es auch Kinderarmut in Haushalten, die knapp über der Grenze liegen und keinen Anspruch auf Transferleistungen haben“, sagt die Fachbereichsleiterin. Dies sei eine Grauzone. &bdquo;Diese Familien erhalten auf Antrag Unterstützung durch verschiedene Stiftungen oder auch Fördervereine“, sagt Gräfe. Kritik: Der Staat verlasse sich auf Vereine und Ehrenamtliche Auch der Förderverein des Widukind Gymnasiums Enger unterstützt Schülerinnen und Schüler aus bedürftigen Familien, zum Beispiel bei der Finanzierung von Klassenfahrten. &bdquo;Es kommt regelmäßig vor, und es ist keine Schande“, sagt der Vorsitzende Jens Kosmiky. &bdquo;Wer Unterstützung benötigt, kann sich vertrauensvoll an die Klassen- oder Schulleitung wenden.“ Kosmiky kritisiert, dass der Staat sich auf die breit gefächerten Hilfsangebote vieler Vereine und Ehrenamtlicher verlasse. &bdquo;Es herrscht die Einstellung: Die werden es schon in Ordnung bringen.“ Diesen Eindruck teilt Micky Schotte von der Evangelischen Jugend Spenge. &bdquo;Kein Kind wird von unseren Freizeitangeboten aus finanziellen Gründen ausgeschlossen. Wenn der Beitrag nicht selbst geleistet werden kann, schauen wir nach Lösungswegen“, sagt er. Schotte ist seit 2010 in der Spenger Jugendarbeit tätig und sagt: &bdquo;Mein Eindruck ist, dass die Armut zunimmt.“ Oftmals sei das Stellen eines Antrags zudem mit Scham bei den Betroffenen verbunden und erst das letzte Mittel.

Meistgelesen