Mobbing und Suizidgedanken: Coach aus Enger berichtet von seiner Arbeit

Enger. Krieg, ökologische Katastrophen, ein unsicherer Arbeitsmarkt und eine noch unsichere Zukunft: Viele Menschen haben im Alltag große Schwierigkeiten, sich zurecht zu finden oder Probleme anzugehen. Genau dort versucht Bernd Rammler Abhilfe zu schaffen. Der ehemalige Leiter des ev. Kinder- und Jugendzentrums &bdquo;Zebra“ an der Ringstraße bietet im dort neueingerichtetem Coachingbüro &bdquo;Struwwelpeter“ Hilfe zur Selbsthilfe an. Mittlerweile hilft er nicht nur Kindern und Jugendlichen. Unter dem Begriff des &bdquo;Coachings“ versteht Rammler selbst &bdquo;die Begleitung einer oder mehrer Personen für eine bestimmte Zeit.“ Sein Ziel ist es, die für den Klient oder die Klientin belastende Lebenssituation gemeinsam in Ordnung zu bringen: &bdquo;Die Motivation hierfür muss aus dem Gecoachten selbst kommen. Ich bin unvoreingenommen und biete eine neue Perspektive, aber wir können nur etwas ändern, wenn wir es auch wirklich wollen.“ Mobbing, Beziehungsprobleme und Depressionen Kinder im Grundschulalter, Jugendliche, Familien, aber auch Erwachsene: Das Spektrum und die Altersstruktur seiner Klienten ist divers und folgt keinen Regeln. Dementsprechend breit ist auch die Themenvielfalt, die Rammler in den Sitzungen erlebt: &bdquo; Zukunfts- und Lebensfragen, Mobbing, Berufsorientierung, familiäre und- Beziehungsprobleme, Fragen und Unsicherheiten in Bezug auf geschlechtliche Identität und Outing, aber auch häusliche Gewalt – ich habe in den Coachings schon viel gehört und erlebt,“ sagt Rammler. Eine Klientin sei sogar 88 Jahre alt gewesen: &bdquo;Hier haben wir über Zukunftsängste und Pflegestufen gesprochen. Auch das ist Alltag und verdient Gehör.“ Mittlerweile fülle er seine 20 Wochenstunden im Jugendzentrum komplett mit Coachings: &bdquo;Für mich ist das eine sehr sinnstiftende Aufgabe,“ erklärt er. Nach einem Erstgespräch folgen in den meisten Fällen fünf Module mit je 60 Minuten Coachingzeit. Im letzten Gespräch ziehen Rammler und der Gecoachte ein Resümee: &bdquo;Ich lasse niemanden einfach so gehen. Ich möchte, dass die Menschen wieder hinaus in die Welt gehen und zu sich selbst sagen: Ich bin wertvoll. Das Coaching hat mir gut getan.“ Häufig reiche die veranschlagte Zeit schon aus, um Akutes lösungsorientiert zu bearbeiten. &bdquo;Wenn jemand individuell mehr Zeit benötigt, ist das aber auch möglich,“ erklärt der Coach. Selbstverständlich unterlägen die Gespräche der Schweigepflicht. Auch mit Suizidalität und Depressionen sei er immer wieder konfrontiert: &bdquo;Ich versuche die Menschen zum Leben zu motivieren.“ Eine Coaching ersetze jedoch keine Psychotherapie, betont er. &bdquo;Die Wartezeiten für psychologische Behandlungen und Hilfen sind leider viel zu lang. Häufig brauchen Menschen aber im hier und jetzt Hilfe und nicht in einem Jahr,“ kritisiert Rammler weiter. Sein Angebot ordnet er selbst als Übergangslösung ein: &bdquo;Manche Klienten beginnen danach eine Therapie. Vielen kann aber so schon viel Last von den Schultern genommen werden.“ Für Engeraner ist das Coaching kostenlos Für einen 60-minütigen Termin veranschlagt er 50 Euro als Honorar, für Engeranerinnen und Engeraner ist das Angebot kostenlos: &bdquo;Wir werden freundlicherweise von der Stadt unterstützt. Es ist mir wichtig, dass diese Förderung dann auch bei den Menschen ankommt, die hier nach Hilfe fragen.“ Auch über das Honorar ließe sich im Einzelfall sprechen: &bdquo;Ich mache das nicht fürs Geld,“ betont Rammler. Er wird in seiner Arbeit mit teilweise komplexen und schweren menschlichen Schicksalen konfrontiert, die ihn auch persönlich sehr bewegen. Mit der Zeit habe er jedoch gelernt, Arbeit und Persönliches zu trennen: &bdquo;Ich habe ein Netzwerk aus Freundinnen und Freuden und für mich sehr wichtiger kollegialer Beratung, bei denen ich Dinge und Situationen loswerden und nachbesprechen kann,“ sagt er. Die Frage nach Nähe und Distanz sei sehr komplex: &bdquo;Ich gebe mein Bestes, auch wenn es nicht immer klappt,“ erklärt er weiter. Insbesondere vielschichtige Ängste und Traumata würden bei vielen Klientinnen und Klienten eine Rolle spielen. Hier gelte es, besonders behutsam vorzugehen, um ein Klima aus Sicherheit und Wertschätzung zu schaffen: &bdquo;Ich habe nach so vielen Jahren Erfahrung ein Gespür für die unterschiedlichen Bedürfnisse entwickeln können. Das ist schon sehr hilfreich,“ schmunzelt er. &bdquo;Manchmal fühle ich mich durch die Methodenvielfalt wie ein Zauberer.“ Visuelle Impulse wie Gefühlskarten und Grafiken helfen, Distanz zu der Situation aufzubauen und so verschiedene Perspektiven zu vergleichen. Werkzeuge wie Stifte und Papier, Audios und Musik geben neue Impulse und regen den kreativen Denkprozess an. Rammler fasst den Arbeitsprozess zusammen: &bdquo;Es ist wichtig zu schauen, was die Person individuell gebrauchen und für sich nutzbar kann.“ So ist Bernd Rammler zu erreichen Die Menschen hätten verlernt, miteinander zu sprechen und sich vor allem zu zuhören: &bdquo;Da ist ein Abwärtstrend zu beobachten. Gerade in Bezug auf die Welt, die sich absolut dramatisch entwickelt.“ Er hat die Erfahrung gemacht, dass insbesondere Kinder und Jugendliche unter dieser Ungewissheit leiden. Er rät deshalb: &bdquo;Nehmt euch Zeit für euch und eure Kinder. Sprecht bitte mit ihnen. Hört ihnen zu. Und wenn nichts mehr geht, dann bin ich hier.“ Zu erreichen ist Bernd Rammler montags bis freitags unter Tel. 05224 9125959.

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