Letzter Weihnachts-Gottesdienst: Pastor aus Enger geht nach 30 Jahren bald in den Ruhestand

Enger. Weihnachten 2022 wird für Pastor Eckardt Koch besonders sein. Es wird das letzte Mal sein, dass er als Pfarrer in Enger zu Weihnachten Gottesdienst mit seiner Gemeinde feiert. Denn Ende März geht der Engeraner in den Ruhestand. Wehmut? "Nein, im Moment überhaupt nicht. Wehmütig werde ich wohl erst hinterher sein, wenn ich merke, dass mir etwas fehlt", sagt der 62-Jährige. Seit 1986 habe er immer Weihnachten Dienst gehabt. "Keine Ahnung, wie das ohne ist", sagt er und lacht verschmitzt. Er freut sich auf das Weihnachtsfest - und auf seine Gemeinde. Und auf die Gottesdienste in Präsenz am Heiligabend. In den vergangenen beiden Jahren wurden wegen der Corona-Pandemie die Gottesdienste per Live-Stream in die Wohnzimmer der Engeraner übertragen. "Das war eine ganz neue Erfahrung", bekennt Koch. "Aber die voll besetzte Stiftskirche und alle singen zum Schluss 'O, du Fröhliche' - das ist einfach nicht zu toppen." Dennoch wird es in diesem Jahr auch einen Live-Stream am ersten Weihnachtstag - zusätzlich zur Präsenz-Veranstaltung - aus der Stiftskirche geben. "Denn Leute fragen immer wieder danach." "Ich bekam keinen Ton raus" Sein erstes Weihnachten in Enger wird Koch nicht so schnell vergessen. 1990 war er als Nachfolger von Pastor Körtner nach Enger gekommen und sollte seinen ersten Weihnachts-Gottesdienst halten. Doch anstatt auf der Kanzel zu stehen, lag Eckardt Koch mit 39 Grad Fieber, Nebenhöhlen- und starker Halsentzündung im Bett. "Ich bekam keinen Ton raus." Pastor Müller-Knapp sprang für ihn ein. Der erkrankte Seelsorger schlich sich an den Weihnachtstagen aber still und heimlich nach den Gottesdiensten in die Stiftskirche. "Ich wollte zumindest Weihnachten einmal in der Kirche gewesen sein - das war für mich wichtig." Manchmal darf es zu Weihnachten auch etwas kitschig sein. "Ich erinnere mich an ein Jahr: Ich stehe vor der Gemeinde - wir singen gemeinsam zum Schluss ein Weihnachtslied, die Türen der Stiftskirche gehen auf - und es schneit wunderschön. Ein Bild wie gemalt." Wann er seinen Predigttext schreibt Weihnachten sei für viele Menschen eine "kleine Auszeit". "Ich freue mich, wenn die Kirche richtig voll ist und wir extra noch Stühle aufstellen müssen." Die Lieder, die gesungen werden, sucht Koch selber aus. "Das sind Lieder, die mir gefallen." Gesetzt ist für ihn in der Christmette um 23 Uhr am Heiligabend der Klassiker "Stille Nacht". "Das gehört für mich einfach dazu." Seinen Predigttext schreibt er immer in der Nacht vom 23. auf den 24. Dezember - dann hat er Zeit und Muße. "Das ist ein Ritual für mich geworden." Was hat sich im Laufe der Jahre verändert bei den Weihnachtsgottesdiensten? Früher habe er allein den Gottesdienst gestaltet, sagt Koch nach kurzem Überlegen. Seit Jahren sei es ihm aber wichtig, dass auch Andere mitwirken, beispielsweise das Lesen von Texten übernehmen. "Das finde ich einfach klasse." Das Pensum, das Koch und seine Kolleginnen und Kollegen allein am Heiligabend bestreiten, ist beachtlich. Zwölf Gottesdienste werden in diesem Jahr in Enger, Belke-Steinbeck, Westerenger und Oldinghausen/Pödinghausen gefeiert. "Wir waren auch schon mal bei 18", berichtet der Engeraner Pastor. Er selbst wird in diesem Jahr drei Gottesdienste halten: um 18 und 23 Uhr an Heiligabend und am ersten Weihnachtstag um 11 Uhr. Kommt spätestens danach Wehmut auf? Darüber macht der 62-Jährige sich noch keine Gedanken. Er will alles auf sich zukommen lassen. Doch immer wieder ertappt sich der gebürtige Obernbecker dabei, wie er zurückblickt. Nach dem Studium in Münster und in Bielefeld-Bethel absolvierte er zunächst sein Vikariat in Kirchlengern und beim Diakonischen Werk. Als "Pastor im Hilfsdienst" war er im Herzzentrum in Bad Oeynhausen und in der Gemeinde Dehme tätig. Was zeichnet Enger aus? Im März 1990 begann er als Pfarrer in Enger. "Ich hätte zu Beginn auch nicht gedacht, dass ich über einen so langen Zeitraum - mehr als 30 Jahre - hier arbeiten würde." Es hat einfach gepasst zwischen ihm und der Gemeinde. Viele Engeraner werden ihren Pastor vermissen. Seine unkomplizierte Art, auf Menschen zuzugehen, seine Empathie, seinen Humor und seine Gitarrenriffs bei Band-Auftritten. Doch noch ist der Abschied von der Gemeinde nicht gekommen. Dennoch drängt sich schon jetzt die Frage an ihn auf: Was zeichnet Enger aus? "Es sind die Menschen, die Anteil nehmen und sich kümmern. Es gibt so etwas wie ein Wir-Gefühl", bilanziert Koch zufrieden. Und er ergänzt mit einem für ihn so typischen Lächeln im Gesicht: "Die Stiftskirche finde ich auch nach 30 Jahren immer noch beeindruckend."

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