Haus angezündet, Messer in der Hand: Polizeischüsse stoppen 59-jährigen Mann

Enger. Am Tag danach ist das Grundstück in der Straße "Auf dem Esch" in Belke-Steinbeck mit rot-weißem Flatterband abgesperrt. Darauf der Schriftzug "Polizei". Ein Einsatzfahrzeug steht am Straßenrand, außerdem sind Brandermittler der Kripo Herford vor Ort, ausstaffiert mit Schutzanzug und Atemmasken. Durch die offene Terrassentür fällt der Blick auf ein angekokeltes Doppelbett. Vor allem aber in den Räumen im Obergeschoss haben die Flammen um sich gegriffen. Am Abend zuvor - gegen 21.30 Uhr am Donnerstag - haben sich in und vor dem Haus in der ruhigen Wohnsiedlung dramatische Szenen abgespielt. Denn es hat in dem Gebäude nicht nur gebrannt. Die Polizei musste hier auch zur Schusswaffe greifen. Ein 59-jähriger Mann, der den rechten Teil eines Doppelhauses in der Straße bewohnt, steckt an jenem Abend Teile des Hauses in Brand. Anschließend habe er mit einem Messer "agiert". Das teilen Polizei Bielefeld und Staatsanwaltschaft Bielefeld noch in der Nacht zu Freitag in einer gemeinsamen Presseerklärung mit. Die Polizei wird gerufen - und mindestens ein Polizeibeamter habe bei dem Einsatz Schüsse auf den 59-jährigen Mann abgegeben, heißt es in der Mitteilung weiter. Mann schwebt in Lebensgefahr Der Engeraner sei "durch die Schüsse und durch die Rauchgase des Brandes schwer verletzt" worden. Lebensgefahr besteht zum Zeitpunkt der nächtlichen Presseerklärung nicht. Am Morgen hat sich die Lage geändert. Im Laufe der Nacht sei der Gesundheitszustand des Mannes aufgrund der Schwere seiner Brandverletzungen als lebensgefährlich eingestuft worden, sagt Michael Kötter, Sprecher des Polizeipräsidiums Bielefeld, auf Anfrage der "NW". Er betont ausdrücklich: Die Schussverletzung sei nicht Grund für den akuten Gesundheitszustand des 59-Jährigen. "Der Mann erlitt eine Schussverletzung am Bein", sagte Kötter. Sie sei "als nicht lebensbedrohlich eingestuft" worden. Der Engeraner sei zunächst in einer Herforder Klinik behandelt worden, später jedoch wegen seiner Verletzungen in eine Spezialklinik verlegt worden. "Es ist eine dynamische Lage für die Kollegen gewesen", sagte Kötter. Sowohl innerhalb als auch außerhalb des Hauses. Weil der 59-Jährige mit einem Messer hantiert habe, sei es eine "Bedrohungssituation" für die Polizisten gewesen. "Zumindest ein Beamter" habe sich daher entschlossen, die Schusswaffe einzusetzen. Ob ein oder auch mehrere Polizisten direkt von dem Mann angegriffen worden seien, sei ebenfalls noch Bestandteil der Ermittlungen. Nach Kötters Angaben sollen zunächst auch Familienmitglieder des Mannes im Haus gewesen sein. Sei seien nicht verletzt worden, sagte er. Nebulöse Hintergründe Die Hintergründe des Falls bleiben nebulös. Nach "NW"-Information soll der Mann angeblich in psychiatrischer Behandlung gewesen sein und erst einen Tag zuvor eine Psychiatrie verlassen haben. Die Polizei Bielefeld, die in dem Fall ermittelt, bestätigt das auf Anfrage nicht. Ob bei dem Mann eine psychische Vorerkrankung bestehe, sei ebenfalls Bestandteil der Ermittlungen. Gleiches gelte für das Motiv. Und auch der Frage, ob der Mann zuvor schon polizeilich bekannt war, gehe man nach. Es werde auch geprüft, ob die Beamten Bodycams eingeschaltet hatten, die den Einsatz hätten aufzeichnen können. Nach unbestätigten Informationen der "NW" sollen die Kameras nicht angeschaltet gewesen sein. Wo der Mann das Feuer gelegt hat Die Feuerwehr Enger rückt in dieser Nacht ebenfalls in die Straße "Auf dem Esch" aus. Gegen kurz nach 21.30 geht die erste Alarmierung raus. Ein Feuer der Stufe 2 wird gemeldet. Und es heißt: "Menschenleben in Gefahr." Als die Einsatzkräfte eintreffen, brennt es im Haus. "Aber es hatte nicht durchgezündet", sagt Engers Feuerwehrleiter Michael Rogowski. Sprich: Die Flammen schlugen noch nicht nach draußen. "Oben im Wohnzimmer ist die größte Brandlast gewesen, da muss er das Feuer gelegt haben", berichtet der Wehrchef weiter. Unten im Erdgeschoss habe er außerdem das Bett angezündet. Der Löschzug Enger-Mitte ist vor Ort, ebenso die Drehleiter und das Hilfeleistungs-Löschgruppenfahrzeug aus Dreyen. Alle anderen Fahrzeuge der Löschgruppen Westerenger und Enger-Nord sowie des Löschzugs Dreyen steuern zunächst einen Bereitstellungsraum an der Kaiserstraße an, den die Leitstelle vorsorglich eingerichtet hatte. "Man wusste zunächst nicht, wie sich die Lage entwickelt", erklärt Rogowski. Doppelhaushälfte ist unbewohnbar Die Feuerwehrleute vor Ort haben den Brand jedoch "relativ schnell" unter Kontrolle. "Aber das Haus ist durch die Rauchentwicklung unbewohnbar." Auf den anderen Teil des Doppelhauses hätten die Flammen nicht übergegriffen. "Da konnten die Bewohner wieder hinein", sagt Rogowski. Die Polizei Bielefeld und die Staatsanwaltschaft Bielefeld ermitteln weiter in dem Fall.

Meistgelesen