Was ein Corona-Erkrankter erlebt: Leichter Verlauf, dann ungeahnte Folgen

Enger. Es ist Ostermontag, der 13. April 2020, als sich bei Stephan Horstkotte die ersten Symptome einstellen: "Das ist mit trockenem Husten losgegangen", erzählt er rückblickend. "Da dachte ich noch, ich sei nur ein bisschen heiser." Abends dann folgt Appetitlosigkeit, auch Geruchsverlust bemerkt er. Am Osterdienstag kommt Fieber dazu. 38,3 Grad zeigt das Thermometer. Stephan Horstkotte hat die typischen Corona-Symptome. Am Folgetag jedoch scheint alles wieder normal: Das Fieber ist weg, die Temperatur auf 36,6 gesunken. "Da hatte ich morgens auch keinen Husten mehr, habe alles gerochen und geschmeckt", erzählt der evangelische Pastor für Westerenger und Dreyen. Symptome kamen und gingen In der Nacht darauf geht es dem damals 52-Jährigen wieder schlechter, das Fieber kommt zurück. "Und ich hatte eine richtige Hustenattacke. Ich dachte, mir sitzt jemand auf dem Brustkorb." Am nächsten Morgen dann erneut ein anderes Bild: Sein Zustand hat sich gebessert. Das Fieber ist weg und auch die Lunge fühlt sich wieder normal an. "Ich habe dann zwei Tage noch ein bisschen gehustet, aber das war's." "So ein Gefühl habe ich noch nie gehabt" Und extrem schwach habe er sich gefühlt. Er erinnere sich noch, dass er ein bisschen Gartenarbeit gemacht habe, erzählt der Pastor. "Danach bin ich völlig fertig gewesen - so ein Gefühl habe ich noch nie gehabt." Und dennoch: Stephan Horstkotte hatte das, was man gemeinhin als leichten Verlauf einer Corona-Erkrankung bezeichnet. Inzwischen hat sich allerdings gezeigt: So harmlos war die Infektion bei ihm nicht. Unbemerkt hat sie den Körper stärker angegriffen als der Pastor gedacht hat. Antikörpertest "eindeutig positiv" Dass Horstkotte eine Corona-Infektion hatte, ist nachgewiesen. Im Mai habe er einen Antikörpertest machen lassen, sagt er. "Und der war eindeutig positiv." Einen Corona-Test, den er während der Erkrankung machen wollte, sei ihm vom Gesundheitsamt verwehrt worden, weil die Symptome zum Zeitpunkt der Anfrage zwischenzeitlich verschwunden waren. Eine Bekannte habe ihm nach der Infektion empfohlen, sich trotz seines leichten Verlaufs durchchecken, Herz und Lunge untersuchen zu lassen. Sie habe durch ihren Job von Corona-Erkrankten mit ebenfalls leichten Verläufen gewusst, bei denen das Virus mehr gesundheitlichen Schaden hinterlassen habe als vermutet. Weiße Flecken auf dem Herzen Horstkotte machte daraufhin einen Termin beim Lungenfacharzt. "Der hat festgestellt, dass mein Lungenvolumen um 14 Prozent verringert war." Auch ins CT schickte er ihn. "Da hat man gesehen, dass die Lunge nichts hat. Aber das Herz hatte weiße Flecken." Ein Kardiologe schaute ihn sich ebenfalls an, machte verschiedenste Untersuchungen und schob sogar einen Herzkatheter. "Das war alles ohne Befund", sagt Horstkotte. Was aber blieb, waren die unerklärlichen weißen Flecken. Untersuchung im MRT brachte Klarheit Erst eine spezielle Untersuchung im MRT brachte Klarheit: "Die weißen Flecken sind Vernarbungen von einer beginnenden Herzmuskelentzündung, die auf die Corona-Infektion zurückzuführen ist", sagt Horstkotte. Zum Glück sei die Entzündung oberflächlich geblieben. Seine Hausärztin verschrieb ihm leichte Beta-Blocker. "Die soll ich immer nehmen, wenn ich Stress habe und wenn das Herz anfängt zu stolpern." Das passiere seit der Corona-Infektion häufiger, sagt er. Dringender Appell: Lasst Euch durchchecken! Horstkotte ist froh, dass er auf den Rat seiner Bekannten gehört hat und zum Arzt gegangen ist. "Wahrscheinlich wäre mir nichts passiert, wenn ich es nicht getan hätte. Aber die Gefahr, dass da mehr ist, ist dagewesen." Er appelliert darum an alle, die eine Coronainfektion hatten - auch wenn es nur ein leichter Verlauf war - sich anschließend durchchecken, Herz und Lunge untersuchen zu lassen. Dr. Harald Gieselmann ist Facharzt für Innere Medizin und Hausarzt in Enger. "Es macht Sinn, sich durchchecken zu lassen, was Herz und Lunge angeht", sagt auch er. Vor allem auch dann, wenn man nach der Infektion eine eingeschränkte Belastbarkeit bemerke oder Luftnot habe. Dann sollte man bei seinem Hausarzt vorstellig werden. "Der kann entscheiden, ob er zum Facharzt weiterverweist." Nach der Infektion schonen Auch der Spenger Hausarzt Andreas Schimke sieht das so. "Wenn man nach der Covid-Infektion nicht richtig wieder auf die Beine kommt, sollte man sich durchchecken lassen und den Hausarzt ansprechen." Außerdem sollte man sich für einige Wochen nach der überstandenen Infektion schonen, sagt Gieselmann. Denn das Immunsystem sei noch geschwächt und müsse sich erstmal regenerieren. Post-Covid-Syndrom Alles, was die Infektion an Folgeschäden nach sich ziehen könne, werde unter dem Begriff "Post-Covid-Syndrom" zusammengefasst, sagt Schimke. Zwar wisse man noch viel zu wenig über die Langzeitschäden, die auftreten könnten, berichtet sein Engeraner Kollege Gieselmann. Aber man gehe davon aus, dass Herz und Lunge Folgeschäden davontragen könnten. Langzeitschäden könnten aber zum Beispiel auch das zentrale Nervensystem oder die Sinnesorgane betreffen. Wirklich gesicherte Daten gebe es da allerdings noch nicht, sagt der Engeraner Mediziner.

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