Umweltschutz und Digitalisierung haben bei Jugendlichen Priorität

Enger. Für die Zehntklässler der Realschule Enger ist die Wahl gelaufen. Auf langen Stimmzetteln haben sie - ganz geheim - ihre Kreuzchen gemacht, sie dann korrekt gefaltet und in die Wahlurne im Schuhkarton gesteckt. Die Stimmen sind sogar schon ausgezählt, ihr Bürgermeister für die Widukindstadt steht fest. Allerdings: Der Urnengang war für die 15- und 16-Jährigen nur ein Test, ein Probelauf für den Ernstfall am 13. September. Denn zumindest die über 16-Jährigen dürfen bei der Kommunalwahl an jenem Sonntag zum ersten Mal auch ganz real ihre Stimme für einen der drei Bürgermeisterkandidaten abgeben und gleichzeitig mit darüber entscheiden, wie sich der Engeraner Rat künftig zusammensetzt. Man wählt ja nicht nur einmal Die Testwahl kam bei den meisten Schülern und Schülerinnen gut an, denn auch Wählen will gelernt sein. "Schließlich wählt man ja nicht nur einmal, sondern von jetzt an immer wieder", sagt Leonie Brünger. Wie aber nehmen Jugendliche den aktuellen Wahlkampf wahr? Wie informieren sie sich über die Parteien und ihre Programme? Was wünschen sie sich von Kommunalpolitik und wie sehen sie ihre Interessen von den deutlich älteren Kandidaten der verschiedenen Parteien vertreten? Über diese und andere Fragen diskutierte die NW mit fünf Schülerinnen und Schülern der Realschule, die alle in diesem oder ab nächstem Jahr wählen dürfen. Neben Leonie Brünger nahmen an dem Gespräch Juliana Kalderus, Jonas Schröder, Inas Hajismo und Nico Arensmeyer sowie ihre Lehrer Anke Hippe-Schuster und Sebastian Block teil. Wahlplakate: Viele Köpfe, wenig Aussage Wahlplakate sind in der Stadt im Moment allgegenwärtig, kaum einer kommt daran vorbei, ohne einen Blick darauf zu werfen. Allerdings: Wirklich angesprochen fühlen sich die fünf Jugendlichen davon nicht. Nur Köpfe und wenig politische Aussage, so ihr Resümee. "Dabei ist es mir doch völlig egal, wie ein Kandidat aussieht", sagt Juliana Kalderus. Wichtig sei das politische Programm. Und darüber müsse man sich sehr genau informieren. Dem stimmt auch Inas Hajismo zu: "Die Kandidaten legen ja quasi die Zukunft der Stadt fest, also auch unsere. Es ist also wichtig zu wissen, was sie wollen." Leonie Brünger kann den oft sehr personenbezogenen Plakaten allerdings auch eine gute Seite abgewinnen: "So sehe ich, welches Gesicht künftig für Enger steht, das ist doch viel persönlicher!" Jugendliche informieren sich im Netz Ihre Informationen beziehen die Jugendlichen hauptsächlich aus dem Internet. Wahlprogramme, Steckbriefe der einzelnen Kandidaten, kleine Wahlwerbespots - alles ist dort abrufbar. Allerdings, so glaubt Juliana Kalderus, würden sich nur wenige Jugendliche tatsächlich für das Thema interessieren: "Es gibt wenig Menschen in meinem Alter, mit denen ich über Politik sprechen kann." Für sie selbst steht das Thema Klima- und Umweltschutz ganz oben auf der Prioritätenliste. Die 16-Jährige engagiert sich bei Fridays for Future und gegen die geplante Geflügelmastanlage in Enger. Und sie ist sich deshalb ganz sicher: "Eine grüne Bürgermeisterin würde sich da bestimmt sehr einbringen!" Wichtig sind Umweltschutz und Digitalisierung Umweltschutz ist für alle Fünf ein zentrales Thema, genauso wie die Digitalisierung an den Schulen. Dem amtierenden Bürgermeister Thomas Meyer stellen sie da ein gutes Zeugnis aus. "Es ist schon sehr gut, wie er sich für die Schulen, die Schüler und Schülerinnen einsetzt und nicht nur für Erwachsene", sagt Leonie Brünger. Dem stimmt auch Nico Arensmeyer zu. Und Whiteboards in vielen Klassenzimmern und bald auch Laptops für alle, das findet auch Jonas Schröder klasse. Und auch das Freizeitangebot für Jugendliche in der Stadt finden alle fünf durchaus okay. Das Jugendzentrum Kleinbahnhof sei ein guter Treffpunkt mit engagierten Mitarbeitern, die sich für Jugendliche und ihre Interessen einsetzen, sagt Leonie. Weitere Angebote vermisst offenbar keiner der Fünf: "Wir treffen uns sowieso meistens privat." Nicht einfach irgendwas wählen Kein Grund also, in Enger etwas zu verändern? Ein kommunalpolitisches Engagement kann sich jedenfalls keiner der Jugendlichen vorstellen. Durch ihre Stimme bei der Wahl zumindest indirekt an der Zukunft ihrer Stadt mitzuwirken, ist aber allen wichtig. Auch wenn sie die Frage, ob sie sich bei der Wahl ihres Kandidaten, ihrer Partei eher von persönlichen oder von allgemeinem Interesse leiten lassen sollten, kontrovers diskutieren. Schließlich, so sagt Juliana, sei keine Partei perfekt und kein Wahlprogramm decke alle persönlichen Interessen ab. "Da muss man eben die Partei wählen, die den einen Punkt hat, der einem wichtig ist, der es trifft", sagt sie. Was aber gar nicht gehe, sei, nicht zur Wahl zu gehen: "Das ist eine verschenkte Stimme!" Deshalb stimmt sie auch nicht ihrer Schulkollegin Leonie zu. Die hatte eingewandt, das es mit 15 oder 16 Jahren manchmal noch gar nicht so einfach sei, sich eine eigene Meinung zu bilden: "Dann finde ich es besser, mit dem Wählen noch zu warten, statt einfach irgendwas zu wählen!" Das möchte Juliana nicht so gelten lassen: "Es ist einfach traurig, wenn manche Jugendliche sagen, dass sie einfach keine Lust haben, sich zu informieren."

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