Enger

Lunafibel aus Enger geht auf Tournee

Mittelalter: Ab April wird in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover die große Saxones-Ausstellung gezeigt – mit Beteiligung aus Enger

Cloisonné-Technik vom Feinsten: Aus Email in mehreren Farben, Goldblech, Perlenschnur und Granat-Stücken ist diese weit über 1.000 Jahre alte Mantelschließe gearbeitet. Schmuck von dieser Qualität wurde damals vor allem am karolingischen Hof hergestellt Ihren Namen hat die Luna-Fibel von der über dem Brustbild schwebenden Mondsichel. | © Widukind-Museum Enger, Foto: Harald Wurm, Enger

Hartmut Braun
20.02.2019 | 20.02.2019, 02:00

Das kleine Cloisonné-Schmuckstück aus Enger hat einen Durchmesser von nur 2,4 Zentimeter. Es zeigt einen Menschen im weißen Brustbild auf blauem Email-Grund, umgeben von sieben Granat-Edelsteinen, raffiniert eingefasst von einer goldschimmernden Perlenschnur. Seinen Namen hat die mehr als 1.000 Jahrealte Kostbarkeit aus Enger von der über dem Portrait schwebenden Mondsichel – Lunafibel. Demnächst geht sie auf Tournee nach Hannover. Am 5. April wird im dortigen Landesmuseum eine der mutmaßlich interessantesten historischen Ausstellungen des Jahres eröffnet.

Neues Bild der alten Sachsen

„Saxones" (Sachsen) ist der Titel der von den niedersächsischen Landesmuseen Hannover und Braunschweig gemeinsam produzierten Schau, die nicht weniger als „ein neues Bild der alten Sachsen" verspricht. Exponate und Erkenntnisse aus Enger dürfen dabei natürlich nicht fehlen.

Die alten Sachsen interessieren nicht nur in Niedersachsen, wo die „Männer von Widukinds Stamm" sogar die Landeshymne bevölkern, sondern auch in den ebenfalls nach ihnen benannten Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt – und natürlich auch in Westfalen.

Hier war die Familie Widukind zuhause. Und hier befand sich, in Herford, das älteste Frauenstift Sachsen, in dem die Geschichte des sächsischen Königshauses, der Ottonen, begann.

Rund 220 Exponate zusammen getragen

Die Archäologen haben im Landesmuseum Hannover rund 160 Fund-Ensembles und 60 Einzelstücke aus dem ersten nachchristlichen Jahrtausend zusammen getragen. Diese zum Teil erst kürzlich zutage getretenen Stücke waren so noch nie zusammen zusehen – und sollen dazu dienen, das vertraute Bild von den alten Sachsen, ihrer „Identität" und ihrer Bedeutung kritisch zu überprüfen.

Eine Hauptrolle spielt dabei der Anführer oder „Herzog" Widukind, der spätestens durch die Sachsengeschichte seines Namensvetters Widukind von Corvey zur Identifikationsfigur wurde. Ob die Lunafibel schon zu Widukinds Zeiten in Enger als Mantelschließe in Gebrauch war, ist nicht auszuschließen.

Sie weist alle Elemente des karolingischen Hof-Stils auf. Dort waren die besten Künstler der Zeit zusammen gezogen worden. Nur Super-Reiche konnten sich diese imperiale Qualität leisten.

Wo die exquisite Mantelschließe gefunden wurde

1973 fand ein Archäologenteam bei Grabungen in der Stiftskirche die kleine Email-Arbeit. Im ältesten Bauteil, der auf die Zeit um 800 zurück geht, fand sich im ältesten Bauabschnitt der Kirche, in der ehemaligen Krypta, eine Grube. Die Forscher nehmen an, dass die Engeraner hier ihre Schätze verbuddelten, wenn wieder einmal ein Überfall – zum Beispiel durch die Hunnen – drohte. Dabei könnte die exquisite Mantelschließe irgendwann verloren gegangen sein. Ironie des Schicksals: Nur deshalb blieb sie den Engeranern erhalten. Denn die übrigen Stücke des berühmten Engererschatzes (oder Dionysiusschatz) zogen 1414 mit dem Kanoniker-Stift nach Herford um und gelangten von dort im 19. Jahrhundert nach Berlin. Dort sind sie im Kulturforum am Potsdamer Platz prominent ausgestellt. In der Saxones-Ausstellung kommt das Meisterwerk aus dem Widukind-Museum nun zu neuen Ehren. Man kann es dort mit anderen Fibeln aus dieser Zeit vergleichen – als erlesene fränkische Kostbarkeit, die im Land der Sachsen von einem Angehörigen der Oberschicht benutzt wurde.

Information

Fahrt zu den Saxones


Das Widukind-Museum Enger und der Verein für Herforder Geschichte organisieren für Samstag,13. April, eine Fahrt zur Saxones-Ausstellung nach Hannover.
Der Bus fährt um 10 Uhr vom Bushaltepunkt am Kleinbahnhof in Enger und um 10.30 Uhr vom Theaterplatz Herford ab. Die Rückkehr ist gegen 17.30 Uhr geplant.Unkostenbeitrag 23 Euro (Jugendliche 10 Euro). Anmeldungen sind ab sofort im Widukind-Museum unter Tel. (0 52 24) 91 09 95 möglich.