Enger. Der sogenannte Idiotentest ist gefürchtet. Diplom-Psychologe Horst Joneleit (63) bereitet auch Verkehrssünder aus Enger und Spenge auf die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) vor.
Herr Joneleit, wer ist der typische Klient, der sich von Ihnen beraten lässt?
Horst Joneleit: Da muss man natürlich unterscheiden. Es gibt den Fahrer, der einfach zu viele Punkte in Flensburg gesammelt hat und derjenige, der mit zu viel Promille erwischt worden ist.
Lassen Sie uns zunächst beim Punktesammler bleiben.
Joneleit: Vielleicht mal etwas ganz Klassisches aus der Praxis: Da ist zum Beispiel der erfolgreiche Bauunternehmer, Workaholic und immer auf Achse. Der kann nicht delegieren, der muss alles selbst erledigen. Er rast den ganzen Tag von einer Baustelle zur nächsten. Dieser Typus würde am liebsten 25 Stunden pro Tag arbeiten.
Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen?
Joneleit: Ich hatte mal einen Klienten vor mir, der hat in seinem 300 Mann starken Betrieb höchstpersönlich überwacht, ob noch genügend Toilettenpapier vorhanden ist. Für diese Leute ist der Straßenverkehr eine Schwachstelle im System, die sie ausnutzen können, um Zeit zu gewinnen. Die haben dann schon mal schnell acht Punkte in Flensburg gesammelt.
Was ist mit den Fahrern, die zu viel getrunken haben? Bei wie viel Promille muss man denn den Gang zur medizinisch-psychologischen Untersuchung - also landläufig dem Idiotentest - antreten?
Joneleit: Wer das erste Mal mit 1,6 Promille erwischt wird, muss zur MPU. Da hat derjenige dann aber auch zwischen 20 und 25 0,2-Gläser Pils intus. Im Wiederholungsfall reicht da ein deutlich geringerer Wert.
Wie sieht es bei Drogensüchtigen aus?
Joneleit: Den typischen Junkie am Steuer gibt es nicht. Wenn die jemals den Führerschein gemacht haben, verlieren sie ihn natürlich auch schnell. In der Regel haben die ihr Auto längst versetzt, um sich davon Drogen zu kaufen.
Sie waren selbst jahrelang beim TÜV angestellt, haben MPU-Gutachten für die Straßenverkehrsbehörde erstellt. Was erwartet denn die Verkehrssünder dort?
Joneleit: Zunächst muss man einen Reaktionstest bestehen. Der ist aber in aller Regel nicht allzu schwer. Danach folgt ein 45-minütiges Gespräch mit dem Gutachter. Das ist in aller Regel das entscheidende Kriterium. Der leitet dann seine Einschätzung an die Straßenverkehrsbehörde weiter und die entscheidet dann, ob man die Fahrerlaubnis wieder erteilen kann. Die stützt sich dann aber hauptsächlich auf das Gutachten des Fachmanns.
Ein 45-minütiges Gespräch. Das hört sich jetzt aber nicht so wild an ...
Joneleit: Da sollte man sich nicht täuschen lassen. Gutachter wissen ja, dass jeder Dritte mit Alkohol am Steuer den Führerschein höchstwahrscheinlich wieder abgeben wird - so die Statistik. Auch wenn derjenige bis zur MPU keinen Tropfen mehr angerührt hat, spielen da innere Konflikte eine Rolle, die man anpacken sollte. Die Begutachtung zielt genau darauf ab, diese Probleme freizulegen und die Ursachen zu erkennen. Darauf sollte man sich vorbereiten. Ich finde da den Satz "Man fährt so wie man lebt" sehr treffend.
Welche Konflikte meinen Sie denn?
Joneleit: Schauen Sie, jemand, der mit mehr als 1,6 Promille am Steuer erwischt wird, hat sicherlich ein größeres Problem, als dass er nur einmal zu tief ins Glas geschaut hat. Ich habe in meiner jahrelangen Praxis feststellen müssen, dass die meisten von denen nach Anerkennung gesucht haben. Die verstellen sich und wollen es allen recht machen. Ihren inneren Konflikt bekämpfen sie dann mit Alkohol.
Sie sind jetzt in Rente, arbeiten aber weiterhin in der Firma Ihres Sohnes, der genau solche MPU-Vorbereitungen anbietet. Die Kosten allein für die MPU liegen ja schon bei 350 bis 800 Euro. Was kostet denn zusätzlich noch die Vorbereitung darauf?
Joneleit: Die Kosten liegen zwischen 1.200 und 1.500 Euro und werden leider nicht von der Krankenkasse übernommen. Wir sprechen hier von etwa zehn Sitzungen.
Seriöse Anbieter für MPU-Vorbereitungen
Laut Bundesanstalt für Straßenwesen sollte der Berater oder Verkehrs- therapeut folgende Kriterien erfüllen:
- Er sollte Diplom-Psychologe sein, eine verkehrspsychologische Ausbildung absolviert haben und sich regelmäßig fortbilden. Außerdem ist er mit den aktuell geltenden Beurteilungskriterien vertraut, an denen sich die Gutachter in der MPU orientieren.
- Er gibt keine Garantien, wie zum Beispiel „Geld-zurück" oder „100-Prozent-Chance".
- Er klärt über Leistung und Kosten auf und bietet faire Zahlungsmodalitäten.
- Er informiert sich objektiv und vertraulich über Verkehrsauffälligkeiten des Klienten. Er fordert beispielsweise dazu auf, Urteile, Schriftverkehr mit der Führerscheinstelle, Auszug aus dem Verkehrszentralregister, bisherige Gutachten vorzulegen.
- Er setzt die Klienten nicht unter Druck.
- Er nötigt sie nicht, „zurechtgebastelte" Geschichten auswendig zu lernen, die den Gutachter angeblich überzeugen.
- Er macht im Verlauf der Beratung schriftliche Aufzeichnungen.
- Er händigt zum Schluss ein schriftliches Beratungsergebnis oder eine Teilnahmebescheinigung für die Vorbereitungsmaßnahme aus.
- Er stellt eine Quittung aus, wenn bar bezahlt wird. (bene/www.bast.de)