Bünde bangt um Zigarrentradition: EU-Steuerentwurf sorgt für Unruhe

Bünde. Ein Vorschlag aus Brüssel bereitet den Bünder Zigarrenherstellern große Sorgen. Ein Entwurf der EU-Kommission für eine neue Tabaksteuerrichtlinie sieht eine Steigerung der Mindeststeuer um 1.093 Prozent bei Zigarren und Zigarillos vor. &bdquo;Wenn das so kommen sollte, könnte diese Neuerung der Richtlinie den mittelständischen, meist familiengeführten Zigarrenunternehmen das Genick brechen - auch uns in Bünde“, sagt Martin Schuster, der seit 2024 in vierter Generation im Chefsessel der &bdquo;Cigarrenfabrik August Schuster“ sitzt. Schon seit Jahren warte die Branche auf eine Überarbeitung der Tabaksteuerrichtlinie durch die EU-Kommission, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundesverbandes der Zigarrenindustrie (BdZ), einem Zusammenschluss der überwiegend mittelständisch strukturierten Hersteller und Importeure von Zigarren und Zigarillos. Doch was da nun auf dem Tisch liege, &bdquo;entpuppt sich als massive Bedrohung der mittelständischen Hersteller und Importeure von Zigarren und Zigarillos“, schreibt auch der Bundesverband. In Deutschland gelten Zigarren als Genuss- und nicht als Suchtmittel In Deutschland seien davon mehr als 1.600 Beschäftigte betroffen, vor allem in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg. Hinzu kämen dann noch Zehntausende Beschäftigte in Drittstaaten. Auch der Fachhandel als zentraler Vertriebskanal würde die Folgen im Falle einer Umsetzung deutlich zu spüren bekommen, heißt es weiter vom Verband. Zum Thema: Zigaretten könnten sehr viel teurer werden Der Anlass für die Erneuerung der Tabakrichtlinie sei wohl in dem Bestreben aus Brüssel zu sehen, in Europa grundsätzlich einheitliche Besteuerungsmodelle zu etablieren, sagt Martin Schuster. &bdquo;In Deutschland sind wir da aber aus guten Gründen bislang verhältnismäßig niedrig unterwegs, was Zigarren und Zigarillos angeht. Das liegt daran, dass unsere Produkte nicht als Sucht-, sondern als Genussmittel eingestuft werden und dass sehr vieles in unserer Branche in Handarbeit entsteht - ganz anders als in der Zigarettenindustrie“, erklärt der Geschäftsführer, der ganz deutlich wird: &bdquo;Wenn die Richtlinie so umgesetzt wird, ist das für uns alarmierend und existenzbedrohend. Wir könnten dann unsere Produktion, wie sie heute und seit Jahrhunderten ist, nicht aufrechterhalten.“ Auch bei Arnold André, dem größten Zigarrenhersteller in Bünde, sind nach Angaben des Unternehmens nach dem Vorschlag der EU-Kommission für eine neue Tabaksteuerrichtlinie bereits mehrere Rechenbeispiele durchgespielt worden. Arnold André müsste Verbraucherpreise mindestens verdoppeln &bdquo;Wir müssten die Verbraucherpreise mindestens verdoppeln. Aber wer kauft das dann noch, wenn eine Packung Zigarillos statt sechs Euro plötzlich zwölf Euro kostet? Das kann man nach den ganzen anderen Preissprüngen der vergangenen Jahre ja keinem vermitteln“, heißt es vonseiten der Geschäftsführung. Sollte der Vorschlag also tatsächlich eins zu eins umgesetzt werden, sei das für das Bünder Traditionsunternehmen existenzgefährdend. Und dies, obwohl Arnold André erst im vergangenen Jahr rund 5,5 Millionen Euro in neue Maschinen investiert hat, um eine neue EU-Regel zur Nachverfolgbarkeit der eigenen Produkte umzusetzen. Übrigens hat die Umsetzung dieser Regel auch die Cigarrenfabrik August Schuster &bdquo;einen sechsstelligen Betrag“ gekostet, wie Martin Schuster bestätigt. Zum Thema: Wegen EU-Regel: Bünder Zigarrenhersteller Arnold André muss Abläufe radikal ändern Das Unternehmen Arnold André beschäftigt in Bünde rund 200 Mitarbeiter und etwa noch mal so viele am Standort in Königslutter. &bdquo;Wir leben hier in Bünde in der Zigarrenstadt. Das ist historisch so gewachsen. Natürlich machen sich die Mitarbeiter jetzt Gedanken“, teilt das Unternehmen mit. Zigarrenhersteller hoffen auf Veto der Bundesregierung Doch nicht nur die. Schließlich hingen ja auch noch die Zulieferbetriebe, beispielsweise in Mittelamerika, daran. Und auch für Teile des Handels sei der Vorschlag der EU-Kommission existenzbedrohend. Kioske, Einzelhandel oder auch die Tabakfachgeschäfte würden von den guten Margen bei Pfeifentabak oder Zigarren leben. Daher ist die Hoffnung aufseiten der Zigarrenindustrie groß, dass der Vorschlag so nicht umgesetzt wird. &bdquo;Im Koalitionsvertrag steht, dass Steuererhöhungen nur in einem vernünftigen Maß vorgenommen werden sollen. Wenn man das ernst nimmt, dürfte unsere Regierung da also nicht mitgehen“, heißt es vonseiten der Geschäftsführung bei Arnold André. Auch der Bundesverband der Zigarrenindustrie zeigt sich - stellvertretend für seine Mitglieder - &bdquo;tief enttäuscht über den Vorschlag aus Brüssel“. Es stehe einiges auf dem Spiel, macht Geschäftsführer Bodo Mehrlein klar: &bdquo;Wir hatten eigentlich den Eindruck, dass sich in der EU-Kommission etwas bewegt. Es war viel von Mittelstandsförderung, mehr Wettbewerbsfähigkeit und weniger Bürokratie die Rede. Seit der Richtlinienveröffentlichung wissen wir: Das waren leere Versprechen.“ Zum Thema: &bdquo;Grünes Gold“: Woher der Tabak vom Bünder Unternehmen Arnold André kommt Mögliche US-Zölle sind im Vergleich zur geplanten Tabaksteuer niedrig Und Mehrlein zieht einen Vergleich: &bdquo;Während man sich in Brüssel über eine mögliche US-Zollerhöhung von 30 Prozent empört, plant man selbst eine Steuererhöhung um 1.093 Prozent für die heimische Zigarrenbranche. Das ist nicht nachvollziehbar.“ Darüber hinaus habe ein verpflichtender Check der Auswirkungen auf mittelständische Unternehmen im Gesetzgebungsverfahren gar nicht erst stattgefunden. Dabei zeigten selbst die von der EU in Auftrag gegebenen Studien klar: Bei Zigarren und Zigarillos bestehe kein akuter Handlungsbedarf. Sie gelten als reine Genuss- und Kulturgüter, bewegten sich in einer kleinen Nische des Tabakmarktes und stünden deshalb nicht in Konkurrenz zu anderen Tabakprodukten. Zum Thema: Bünder Tradition: &bdquo;Cigarrenfabrik August Schuster“ im Wandel

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