Skurriler Prozess in Bünde: Steuerberater entschädigt Ex-Mandanten im Gerichtssaal in bar

Bünde. Über Jahre hinweg war das Verhältnis zwischen einem Ehepaar und seinem Steuerberater gut. Seit 2006 erledigte der selbstständige Experte die Steuererklärung für das Paar. Erst seit einem Umzug der Kanzlei im Jahr 2018 gab es wohl Probleme mit der Zuverlässigkeit des Steuerberaters, die jetzt in einem Gerichtsprozess mündeten. Zuletzt lief es im Berufsleben bei Steuerberater Karsten B. (Name geändert) offenbar nicht so gut. In insgesamt drei Fällen beschuldigte ihn die Staatsanwaltschaft, seinen Mandanten zwar die Arbeit für die Steuererklärungen für 2019, 2020 und 2021 in Rechnung gestellt, die Erklärung selbst aber nicht an das Finanzamt übermittelt zu haben. Das ging nicht lange gut, denn das Finanzamt meldet sich üblicherweise beim Steuerpflichtigen, wenn dieser mit seiner Erklärung in Verzug ist. So auch in diesem Fall. Der Angeklagte, der nach Aufgabe seiner Kanzlei vor etwa einem Jahr nicht mehr als Steuerberater arbeitet, räumte ein, dass es nicht mehr so geordnet lief, seit sein einziger Mitarbeiter gekündigt hatte. Ihm selbst wuchs die Arbeit über den Kopf. Irgendwann kamen Mahnschreiben vom Finanzamt Das Mandantenpaar konfrontierte den Steuerberater mit den Mahnschreiben des Finanzamts und vor allem auch mit den Versäumnisgebühren, die ihnen die Behörde in Rechnung stellte. Zudem wurde die Steuerlast von der Behörde wegen der nicht eingegangenen Erklärungen geschätzt. Gemäß dem als Zeugen geladenen Mann soll der Steuerberater in einem Gespräch zugegeben haben, dass das Problem bei ihm liege und dass er sich darum kümmern wolle. Außerdem kündigte der 56-Jährige an, die Gebühren des Finanzamts an den Mandanten zu erstatten. &bdquo;Als das nicht geschah“, so der Zeuge und Geschädigte, &bdquo;habe ich Anzeige erstattet“. Insgesamt ging es dabei um 716 Euro aus den drei Rechnungen zuzüglich der Versäumniszuschläge des Finanzamts. Das machte am Ende einen Betrag von mehr als 900 Euro, um den das Mandantenpaar geschädigt wurde. Der Verteidiger des Steuerberaters merkte in Richtung des Geschädigten an, ob dieser schon an eine zivilrechtliche Klage gedacht habe. Der wollte jedoch erst das Strafverfahren abwarten, kündigte an, dass &bdquo;die Sache“ für ihn erledigt sei, sobald ihm der entstandene Schaden ersetzt werden würde. Das geschah dann auch. Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung, in der der Angeklagte den Saal vorübergehend verließ, übergab der Verteidiger des Steuerberaters 1.000 Euro in bar. &bdquo;Mit Zinsen“, fügte der Verteidiger an. Rechtlich ist es möglich, ein solches Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft einzustellen, wenn der Geschädigte kein Interesse mehr an einer Strafverfolgung hat und ein (finanzieller) Schaden beglichen ist. Schon mehrfach betrunken Auto gefahren Der Angeklagte stand allerdings auch noch wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vor Gericht. Weil er zuvor unter Alkoholeinfluss gefahren war, hat er aktuell keinen Führerschein. Dennoch hielt ihn die Polizei im Februar vergangenen Jahres an. Seine Behauptung, er habe wegen eines Notfalls zu seiner gestürzten Mutter fahren müssen, nahm ihm weder die Staatsanwaltschaft noch das Gericht ab. Zumal er diese Behauptung damals nicht gegenüber den Polizeibeamten äußerte. In diesem Zusammenhang war der Angeklagte bereits einschlägig, also wegen gleich gelagerter Delikte, vorbestraft und 2019 sogar in mehreren Fällen von Trunkenheit am Steuer zu zehn Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden, wie aus dem Bundeszentralregister hervorging. Darin war neben Steuerhinterziehung auch noch ein Verfahren wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern vermerkt. Bei der Bemessung des Strafmaßes musste sich die Richterin am Bürgergeld orientieren, denn der Angeklagte verfügt über kein Einkommen. Er hat sich nicht arbeitslos gemeldet und lebt vom Einkommen seiner Lebensgefährtin. Unterhalt für seine beiden minderjährigen Kinder und seine geschiedene Frau zahle er jedoch nicht. Somit verurteilte ihn die Richterin zu 100 Tagessätzen zu je 15 Euro für das Fahren ohne Fahrerlaubnis und eine weitere Fahrsperre von sechs Monaten, doch sie gab dem Angeklagten noch eine deutliche Botschaft mit auf den Weg. &bdquo;Betrachten Sie dieses Urteil als Warnschuss“ Negativ auf das Strafmaß wirken sich seine Vorstrafen aus. &bdquo;Es ist nicht lebensnah, bei einer Polizeikontrolle in dieser Situation nicht auf die Notlage der Mutter hinzuweisen. Insofern halte ich das für eine Schutzbehauptung. Betrachten Sie dieses Urteil als letzten Warnschuss. Dass die weitere Sperre nur sechs Monate beträgt, ist schon verdammt nett. Beim nächsten Fall kann es auch passieren, dass Ihr Auto eingezogen wird. Ich sage Ihnen das, damit Sie hier nicht den Saal verlassen und denken, dass Sie gut davongekommen sind und alles ganz easy ist“, so die Vorsitzende.

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