Paarberaterin aus Bünde über Liebe in digitalen Zeiten

Bünde. Täglich nutzen viele Menschen WhatsApp, Instagram oder BeReal, um über Nachrichten, Fotos oder Videos in Kontakt zu treten. Die digitalen Plattformen verändern unsere Kommunikation und prägen unser Miteinander. Laura Seloff (29), psychologische Beraterin bei der Ehe- und Lebensberatung e.V. in Bünde, berichtet darüber, wie die Digitalisierung die Beziehungsdynamik von Paaren beeinflusst und welche Konflikte häufig auftreten. Womit haben Sie es als Soziologin, Ehe-, Familien- und Paarberaterin täglich zutun? Ich bin psychologische Beraterin, und der Hauptschwerpunkt meiner Arbeit liegt in der Ehe- oder Paarberatung. Ich bemühe mich, die Personen bei ihren Problemen zu unterstützen und dazu beizutragen, dass sie wieder zueinanderfinden. Vor allem fördere ich ihre Kommunikation, denn häufig kommt es zwischen Paaren zu Missverständnissen. Solche Misskommunikation kann Konflikte und Vertrauensbrüche verursachen. Der Wiederaufbau des Vertrauens benötigt dann Zeit. Zusätzlich zur Paarberatung bieten wir jedoch auch Beratungen für Einzelpersonen in Beziehungsfragen an. Warum haben Sie sich auf diese Themen spezialisiert? Ich habe das bereits in der Schule gelernt, denn ich war stets die Person, die angesprochen wurde, wenn jemand Probleme hatte. Nach dem Schulabschluss habe ich Soziologie studiert. Während meines Studiums erkannte ich, dass ich lieber direkt mit Menschen arbeiten als über sie forschen möchte. Über die deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung e. V. konnte ich schließlich eine nebenberufliche Fortbildung absolvieren. Gibt es in Ihrer Beratung viele Menschen, die sich online kennengelernt haben? In der Beratung kommt es eher seltener vor. Viele Paare lernen sich noch auf klassischem Weg kennen, beispielsweise über die Schule oder das Studium. Ich betreue nur sehr wenige Paare, die sich online kennengelernt haben. Im privaten Umfeld hingegen kenne ich deutlich mehr Menschen, die auf diese Weise zueinandergefunden haben. Dies steht jedoch auch im Zusammenhang mit dem Alter. Bei älteren Personen kommt es seltener vor, dass sie sich online kennenlernen. Was würden Sie sagen, ist eine gute Grundlage für eine Partnerschaft? Die sieben Säulen einer Beziehung bilden eine solide Grundlage. Dazu zählen Respekt, Wertschätzung, Anerkennung, Loyalität, Vertrauen, gemeinsame Werte und Transparenz. Einige Aspekte sind einfach grundlegend und müssen stimmen. Insbesondere Vertrauen, Wertschätzung und Respekt halte ich für unerlässlich. Ohne diese kann eine Beziehung nicht funktionieren. Moralische Werte hingegen sind variabel, was auch zu den meisten Konflikten führt. Jeder bringt aus seinem Elternhaus bestimmte Wert- und Moralvorstellungen mit in die Beziehung. Dann kommt es vor allem auf die Kompromissbereitschaft an. In diesem Bereich liegt das größte Konfliktpotenzial. Inwiefern beeinflusst die Digitalisierung Partnerschaften? Wenn es in einer Beziehung Vertrauensprobleme gibt, ist vor allem die Kontrolle über digitale Medien wie WhatsApp sehr ausgeprägt, gerade bei der jüngeren Generation. Teilweise überprüfen Paare in den Routern, wie lange das Handy eingeloggt war. Ein weiterer Aspekt ist die ständige Erreichbarkeit, die mittlerweile fast in jeder Beziehung als Voraussetzung gilt. Egal, was passiert, ich möchte, dass du erreichbar bist. Das stellt für manche einen großen Druck dar. Können Sie mir Beispiele für diesen Einfluss nennen? Ich hatte einmal einen sehr eifersüchtigen Partner. Er durchforstete die Facebook-Freunde seiner Partnerin und wollte immer wissen, mit wem sie chattete, selbst wenn es nur Schulfreunde oder Verwandte waren. Es war eine sehr starke Kontrolle. Sie begann, sich zu isolieren, um ihrem Partner gerecht zu werden. Ich passe mich an, um nicht einsam zu sein, und obwohl wir eine starke Vernetzung über soziale Medien haben, ist das Thema Einsamkeit dennoch sehr präsent. Man kann sich trotz Partner, Freunden oder Familie einsam fühlen, besonders wenn man das Gefühl hat, mit seinen Problemen allein zu sein, oder wenn man sich nicht verstanden fühlt. Wie lassen sich Konflikte in der Online-Kommunikation verhindern? Immer alles ansprechen. Gerade in einer Welt, in der wir mit 1.000 Emojis kommunizieren. Wenn dann mal ohne Emojis geschrieben wird, kann das schnell verunsichern. Konflikte lassen sich dann am einfachsten durch ein persönliches Gespräch klären. Ansonsten, bei einem hohen Bedürfnis nach regelmäßigem Kontakt über soziale Medien, sollte man dies der Partnerin oder dem Partner sagen. Bei unterschiedlichen Bedürfnissen in der Hinsicht, sollte man überlegen, wie man sich arrangieren kann. Man sollte vermeiden, sich von den Bedürfnissen seines Gegenübers angegriffen zu fühlen. Auch wenn das manchmal schwerfällt. Beim Ansprechen empfehle ich immer, die Ich-Form zu wählen. Zudem ist es wichtig, zu reflektieren, inwieweit ich meine Erwartungen zurückschrauben kann und inwieweit ich meinem Gegenüber entgegenkommen kann. Was würden Sie bei einem Konflikt empfehlen? Jedes Gefühl, was man empfindet, ist valide und gerechtfertigt. Menschen wollen sich aufgehoben und ernstgenommen fühlen. Darum ist es so wichtig, seinem Gegenüber seine Gefühle nicht abzusprechen, auch wenn wir manches erst einmal nicht nachempfinden können. Konflikte müssen auch nicht direkt geklärt werden, sondern dürfen auch weiterhin im Raum stehen. Es ist nur wichtig, dass man drüber spricht, und es ist in Ordnung, danach auch noch wütend oder traurig zu sein. Das eine schließt das andere nicht aus. Was ist Ihr letzter Rat für Singles bei der Online-Partnersuche? Es ist entscheidend, von Beginn an klar darüber zu kommunizieren, was man sich wünscht und was man braucht. Man kann auch neue Dinge ausprobieren wie offene Beziehungen. Sollte man jedoch feststellen, dass dies nicht den eigenen Vorstellungen entspricht, sollte man es aber auch sein lassen.

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