Seniorin aus Rödinghausen irritiert: Versteckte Gebühren für Telefonate

Bünde/Rödinghausen. Die TV-Werbung schallt im Ohr noch nach: &bdquo;Null-Zehn-Siebzig! Damit telefonieren Sie in viele Länder besonders günstig!“ Auch die &bdquo;Null Zeh’n Drei Zeh’n“ haftet als eindringlicher Werbeslogan noch immer irgendwo im Langzeitgedächtnis. Die 92-jährige Frieda K. (Name geändert) aus Rödinghausen zahlt für eine sogenannte &bdquo;Preselection-Vorwahl“ seit Jahren, ohne dass ihr das bewusst ist. Ihr Sohn fand kürzlich in einer auf dem Tisch liegenden Rechnung diese Zusatzposten, die mal 6,68 Euro betragen, oder auch 20,68 Euro. Als er von dem Anschluss ein Ortsgespräch führen wollte, war die Überraschung groß. Gleich vorweg: Es wäre fahrlässig zu glauben, dass es für die Seniorin leicht sein könnte, aus dieser Misere herauszukommen. Ein Blick auf die eigene Abrechnung lohnt sich hin und wieder - selbst wenn man eigentlich ein kombiniertes Produkt mit Internet, Telefon, TV und womöglich noch Mobilfunk bei einem der Anbieter zum vermeintlichen Festpreis gebucht hat. Frieda K. ist Telekom-Kundin und verfügt über ein Produkt, das neben Internet auch eine Telefon-Flatrate beinhaltet. Ihre Anrufe ins Deutsche Festnetz sind also in theoretisch unbegrenzter Länge bereits mit der Grundgebühr bezahlt. 20 Euro für vier Telefonate Und dennoch zahlt Frieda K. extra - allein für die Zeit vom 15. Mai bis 1. Juni 2024 insgesamt 20,68 Euro, die aus vier Telefonaten mit der Preselection-Vorwahl 01070 resultieren. Hinzu kommt noch die Grundgebühr für das Telekom-Produkt &bdquo;Magenta Zuhause M“ von 39,95 Euro. &bdquo;Als ich diese Rechnung sah, habe ich mir gleich gedacht, dass da was nicht stimmen kann“, sagt Bernhard K. (Name geändert), der Sohn der Telekom-Kundin. Der führt diese Zusatzrechnung von Vodafone auf der Telekomrechnung entweder auf einen fast dreißig Jahre alten Vertrag mit dem 2008 von Vodafone geschluckten Telekommunikationsanbieter Arcor zurück, oder aber auf unseriöse Telefon-Werber, die seiner betagten Mutter per Anruf &bdquo;einen Vertrag angedreht haben, den sie gar nicht braucht“, sagt Bernhard K. Der hat sich nach Besuchen in den Bünder Shops von Telekom und Vodafone an die Neue Westfälische gewandt. Lesen Sie auch: Vorsicht vor neuen Telefonbetrugsmaschen: Bünderin entlarvt Schockanruf Im Telekom-Shop an der Eschstraße habe man ihn an den Vodafone-Shop ein paar Meter weiter verwiesen, weil schon in der Telekom-Rechnung seiner Mutter ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass man zu den von anderen Anbietern aufgeführten Positionen keinerlei Auskunft geben könne. Doch auch im Vodafone-Shop hatte Bernhard K. kein Glück und wurde eigenen Worten nach von dem Moment an unfreundlich behandelt, als er die Rechnung zeigte, auf der die Vodafone-Posten mit der Vorwahl 01070 zu lesen waren. &bdquo;Die hatten doch gar kein Interesse daran, mir zu helfen“, unterstellt K. im Gespräch mit der NW. 7,99 Cent pro Minute für Telefonat innerhalb Rödinghausen Obwohl die Vorwahl 01070 mit &bdquo;besonders günstigen“ Anrufen ins Ausland beworben wurde, aber Bernhard K. sich sicher war, dass seine Mutter keine Auslandsgespräche führt, wollte er die Funktion ihres Festnetzanschlusses selbst prüfen - bei einem Ortsgespräch innerhalb von Rödinghausen. &bdquo;Ich wählte eine Rufnummer und bekam keine Verbindung“, so K. Auch andere Nummern innerhalb des Orts seien nicht erreichbar gewesen. Erst mit der Rödinghauser Vorwahl kam eine Verbindung zustande, jedoch: &bdquo;Nach dem Wählen hörte ich sofort die Ansage ’7,99 Cent pro Minute ab Gesprächsbeginn’.“ Warum aber sollte seine Mutter Geld für Anrufe bezahlen, die sie wegen ihrer Telefon-Flatrate bereits mit der Grundgebühr bezahlt hatte? Die Besuche in den beiden Shops in der Bünder Innenstadt gaben ihm jedenfalls keine Antwort darauf. 01070 kann im Anschluss voreingestellt sein Die Neue Westfälische hat nach dem Gespräch mit Bernhard K. Kontakt zu den Pressestellen von Vodafone Deutschland und der Deutschen Telekom sowie auch mit der Verbraucherzentrale NRW aufgenommen. Ein Konzernsprecher von Vodafone sieht hier ein Versäumnis bei Frieda K. und schreibt: &bdquo;Nachdem Frau K. den Preselection-Vertrag bei Vodafone / Arcor gekündigt hatte, haben wir ihr in der Kündigungsbestätigung mitgeteilt, dass sie im nächsten Schritt selbstständig die Voreinstellung auf die Vorwahl 01070 bei der Telekom löschen lassen muss. Denn das kann systemseitig nur die Telekom. Andernfalls erfolgt die Abrechnung von Festnetz-Gesprächen als ’Call by Call’ auf der Rechnung der Telekom. Genau dieses ist hier offenbar geschehen.“ Bernhard K. überrascht diese Aussage, denn weder er und sicherlich auch nicht seine 92-jährige Mutter hätten einen Vertrag bei Vodafone gekündigt, denn schließlich wussten sie nicht, dass ein solcher Vertrag überhaupt besteht. Lesen Sie auch: Online-Betrug: Das sind die Maschen der Kriminellen Der Vodafone-Konzernsprecher erklärt weiterhin, dass Frieda K. bei der Telekom prüfen lassen müsse, ob die 01070 als &bdquo;Preselection-Vorwahl“ noch am Anschluss voreingestellt ist. Mit dem Besuch im Telekom-Shop in Bünde habe Bernhard K. im Auftrag seiner Mutter also &bdquo;alles richtig gemacht“, denn &bdquo;normalerweise unterstützt die Telekom ihre Kunden sehr gerne dabei, solche Voreinstellungen zu löschen“, heißt es abschließend von dem Vodafone-Sprecher. So funktionieren &bdquo;Preselection“ und &bdquo;Call by Call“ Das wäre jedoch offensichtlich zu leicht, denn nach Informationen einer Telekom-Sprecherin gegenüber der NW müsse man im Fall von Frieda K. zwei Begriffe unterscheiden: &bdquo;Preselection“ und &bdquo;Call by Call“. Während &bdquo;Preselection“ (Vorauswahl) eine dauerhafte Umleitung für ausgehende Gespräche vom eigenen Verbindungsnetzbetreiber (z. B. Telekom) zu einem anderen (z. B. Vodafone) bedeutet, bedeutet &bdquo;Call by Call“ (Anruf für Anruf), dass der Nutzer bei jedem ausgehenden Telefonat erneut eine entsprechende - günstigere - Vor-Vorwahl nutzt. &bdquo;Preselection“ wurde eingeführt, um den dauerhaften Wechsel zu alternativen Anbietern für die Verbraucher wesentlich zu vereinfachen. &bdquo;Call by Call“ ist interessant, wenn bestimmte Anbieter beispielsweise zu bestimmten Uhrzeiten bei Auslandsgesprächen günstiger sind als der eigene (feste) Anbieter. Man kann für jeden Anruf individuell einen Anbieter wählen. Für Besitzer einer Telefon-Flatrate - wie Frida K. - ergeben derlei Vor-Vorwahlen zumindest für Inlandsgespräche allerdings überhaupt keinen Sinn, weil eben alle Inlandsgespräche bereits mit der Grundgebühr abgerechnet sind. Dennoch sind auch bei einer Flatrate Vor-Vorwahlen möglich, was bei Auslandsgesprächen sinnvoll sein kann oder sein konnte. 01070 im Telefon oder neuen Router hinterlegt Wie Telekom-Techniker nach der NW-Anfrage festgestellt haben, muss die 01070 (Vodafone/Arcor) als &bdquo;Call by Call“ für ausgehende Gespräche im Heimnetzwerk von Frieda K. gespeichert worden sein. Und zwar entweder in dem vor zwei Jahren neu installierten WLAN-Router (also nicht als &bdquo;Preselection“ im Telefonanschluss der Telekom), oder im Telefonbuch im Telefon selbst. Wie und warum, kann der Sohn Bernhard K. sich nicht erklären. Ob die neuen Geräte (Router und Telefon) diese Informationen aus den Einstellungen des Festnetzanschlusses und somit aus dem damit verbundenen fast 30 Jahre alten Arcor-Vertrag automatisch übernommen haben könnte, weiß er nicht, da er eine Firma mit der Installation der Technik in der Wohnung seiner Mutter beauftragt hatte. Lesen Sie auch: Betrugs-Maschen am Telefon: Expertin gibt Tipps, wie man sich vor Betrügern schützt Die Telekom-Sprecherin erklärt abschließend, dass es für die Techniker nicht möglich sei, eine Voreinstellung per Fernwartung aus Frieda Ks. Router zu löschen. Dazu sei ein &bdquo;vollumfänglicher Zugriff vor Ort notwendig“ - ein kostenpflichtiger Besuch eines Technikers also. Anders wäre das bei einer dauerhaften Voreinstellung im Anschluss selbst. Der könnte per Fernzugriff geändert werden. Keine zusätzlichen Kosten mehr ab Neujahr 2025 Die Sprecherin will aber nach Rücksprache mit Technikern auch nicht ausschließen, dass häufig gewählte Nummern ungewollt gleich mit der 01070 im integrierten Telefonbuch abgespeichert wurden, sodass Frieda K. den gewünschten Gesprächspartner nur über eine Namensliste auswählt. Ärgerlich ist für Bernhard K. allerdings, dass ihm diese Informationen nicht auch bereits in den jeweiligen Geschäften der Telekommunikations-Konzerne in der Bünder Eschstraße gegeben wurden. &bdquo;Offensichtlich ist man dort aber nur noch auf den Verkauf von Mobiltelefonen und dazugehörigen Verträgen spezialisiert.“ Doch letztlich sei ein baldiges Ende des Problems von Frieda K. ohnehin absehbar. Die Telekom ist nämlich nur noch bis zum 31. Dezember 2024 gesetzlich verpflichtet, &bdquo;Call by Call“ über ihr Netz zuzulassen. Ab dem 1. Januar 2025 telefonieren alle Telekom-Kunden - auch Frieda K. aus Rödinghausen - zu den jeweiligen Telekom-Konditionen in ihrem Vertrag. Ab dann wird die 92-jährige Frau auch keine zusätzlichen Positionen auf ihrer Telekom-Rechnung finden.

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