„Gautsch-Zeremonie“ in Bünde: Unternehmen feiert 90. Geburtstag mit besonderer Tradition

Bünde. &bdquo;Nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht“ – als der erste Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Theodor Heuss (1884 - 1964), diese Worte gesprochen hat, wird er wohl kaum an eine kleine Druckerei im Bünder Land gedacht haben. Und doch passt das Zitat bestens zur Entwicklung der Druckerei &bdquo;Mail Druck & Medien“ in Bünde in den vergangenen 90 Jahren. Der runde Geburtstag des Unternehmens mit 20 Mitarbeitern wurde jetzt mit einem besonderen Fest auf dem Firmengelände an der Weseler Straße 121 gefeiert. Angefangen hat die Geschichte mit Mail Druck & Medien am 8. Januar 1934 an der Eschstraße 33 in Bünde. Gegründet von Joseph Mail und seinem Sohn Albert, galt das Hauptaugenmerk in der Produktion dem klassischen Buchdruck. Das blieb auch so, als die Firma in den Neubau an der Bismarckstraße 26 in Bünde verlegt wurde – der Druckerei vorgelagert war damals auch eine Bleisetzerei. Einen technischen Umbruch erlebte der Druckereibetrieb, als 1979 Joachim Mail als dritte Generation das Ruder übernahm. Der Vater des heutigen Firmenchefs Stefan Mail strukturierte das Unternehmen um und wechselte vom Buchdruck zum Offsetdruck. &bdquo;Zum damaligen Zeitpunkt war das genau die richtige Entscheidung, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, sagt Stefan Mail heute rückblickend. Als er 1986 in das Familienunternehmen eintrat, entwickelte sich bereits alles wieder hin zu einem neuen Druckverfahren – dem Digitaldruck. Bünder Unternehmen ist Spezialist für farbigen Digitaldruck Schnell entwickelte sich das Unternehmen zum Spezialisten für den farbigen Digitaldruck. Gerade die in Bünde ansässige Tabakindustrie nutzte die Tatsache, dass der Druckbetrieb vor Ort schon seit 1993 als Pionier mit ersten Digitaldrucksystemen farbig drucken konnte. Im Jahr 2000/2001 wurde schließlich der Neubau am heutigen Stadtort an der Weseler Straße in Bünde gebaut. Mutige, innovative Entscheidungen ziehen sich also durch die Unternehmensgeschichte. Und eine weitere folgte im Jahr 2007, angestoßen von den Kunden aus der Tabakindustrie: &bdquo;Das war, als die EU vorgab, dass auf Zigaretten- und eben auch Zigarrenverpackungen künftig Schockbilder und verschiedene Warnhinweise abgedruckt sein mussten“, erinnert sich Stefan Mail. Für die Zigarettenhersteller sei das weniger das Problem gewesen, denn die hätten die vorgegebenen Bilder und Hinweise einfach auf ihre Schachteln gedruckt. &bdquo;Die Zigarrenhersteller dagegen hatten viele verschiedene Größen an Verpackungen für ihre Ware – und die Warntexte müssen laut EU-Vorgabe immer einen gewissen prozentualen Anteil entsprechend der Gesamtgröße der Verpackung bedecken“, so Stefan Mail. Automatisierung ging rasend schnell voran Eine weitere Herausforderung sei gewesen, dass die 14 verschiedenen Motive der Schockbilder gleichmäßig im Markt verteilt werden sollten und dass die Warntexte in vielen verschiedenen Sprachen - alles dabei jedoch in kleinen Auflagen - vorliegen musste. &bdquo;Unsere Kunden brauchten für diese Herausforderungen dringend eine Lösung“, so Mail. Und der kleine Bünder Druckbetrieb hatte sie. Einmal mehr, weil frühzeitig innovative Entscheidungen getroffen wurden. 2007 wurde ein Laserschneidverfahren für die Produktion von Rollen-Haftetiketten entwickelt. So konnte auf den Einsatz kostenintensiver Stanzwerkzeuge verzichtet werden. Und 2014 folgte der nächste innovative und folgerichtige Schritt: Mail Druck & Medien wurde komplett zum Spezialhersteller von Rollen-Haftetiketten, die nicht mehr rentable Abteilung Offsetdruck wurde geschlossen und verstärkt in den Digitaldruck und weitere neue Technologien investiert. Seitdem ist der Automationsprozess rasend schnell vorangeschritten am Standort Weseler Straße. Wurden im Jahr 2014 mit den auch damals schon 20 Mitarbeitern noch 4.500 Aufträge pro Jahr abgewickelt, so waren es 2023 bereits 50.000 und 2024 werden es 80.000 sein. Dafür wird bereits seit 2019 auch Künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt. &bdquo;Damals hat das nur noch keiner so genannt“, so Stefan Mail. Eine KI stellt heute beispielsweise Sammelbögen auf den Rollen so zusammen, dass die Etiketten am optimalsten auf dem vorhandenen Platz verteilt werden. &bdquo;Familienunternehmen sind Herzstück der ostwestfälischen Wirtschaft“ Das Fest zum 90-jährigen Bestehen des besonderen Bünder Betriebes stand einerseits auch im Zeichen der innovativen Entwicklung. Kirsten Hommelhoff, Haupt-Geschäftsführerin des Bundesverband Druck und Medien, war extra aus Berlin angereist und lobte: &bdquo;90 Jahre erfolgreich in der Druckbranche – das schafft nicht jeder.“ Und auch Ute Horstkötter-Starke, die von der Akademie der Industrie- und Handelskammer zu Gast war, betonte: &bdquo;Die Innovation zieht sich wie eine Lebensader durch ihre Unternehmensgeschichte. Und als Familienunternehmen bilden Sie mit anderen das Herzstück der ostwestfälischen Wirtschaft.“ Auch Landrat Jürgen Müller und Bündes Bürgermeisterin Susanne Rutenkröger hatten sehr persönliche Grußworte im Gepäck. Letztere hatte das Ehepaar Stefan und Cornelia Mail sogar getraut. Und nach der Feierstunde waren alle Gäste auf das gespannt, was zwar in Kontrast zur hochmodernen Entwicklung des Unternehmens zu stehen scheint, aber dennoch ganz genauso zu den Werten bei Mail Druck und Innovation gehört: Eine traditionelle Gautsch-Zeremonie war zur Feier des Tages angekündigt. Die Traditionelle Gautsch-Zeremonie im Video Mischung aus Tradition und Innovation in Bünde Und so schritten Gautschmeister Dieter Hagenhoff, seine Packer und Schwammhalter zur Tat: Sieben Kornuten hatten sie nach bestandener Abschlussprüfung mit der alten Tradition aus dem Buchdruckerhandwerk durch Gautschen – also durch Untertauchen in einer mit Wasser gefüllten Bütte – freizusprechen. &bdquo;Freunde der schwarzen Kunst“, wandte sich Hagenhoff an das Publikum. &bdquo;Mehr als Gold hat Blei die Welt verändert. Und mehr als das Blei in der Flinte das Blei im Setzkasten.“ Damit meinte der Zeremonienmeister die Druckerbuchstaben aus Blei, die in Setzkästen aufbewahrt wurden. Und nachdem Hagenhoff die Gäutschlinge oder Kornuten noch auf die alten Werte wie Freundschaft, Ehrlichkeit oder Zuverlässigkeit eingeschworen hatte, legten seine Packer Hand an und rein ging es in das Holzfass voller Wasser. Sehr zur Belustigung und unter Applaus der zahlreichen anwesenden Gäste, denen beim Festakt das deutlich wurde, was Bündes Bürgermeisterin in ihrem Grußwort betont hatte: &bdquo;Gleichzeitig der Tradition treu bleiben und den modernen Herausforderungen innovativ begegnen – das ist eine Kombination, die überzeugt und die Erfolg verdient. Diese Familienunternehmen ist ein Aushängeschild für Bünde.“

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