
Bünde. Das Erich-Martens-Stadion hat seine besten Tage hinter sich. Bei einem kurzen Spaziergang rund um die Sportanlage in Ennigloh wird aber schnell klar: Diese Aussage ist eindeutig zu wohlwollend. „Kaum zu glauben, dass es so etwas in Deutschland gibt“, trifft es schon eher.
Denn auch wenn die Stimmungslage im Land angesichts der schwächelnden Wirtschaft aktuell in Richtung Weltuntergang geht, war die Bundesrepublik im Jahr 2023 laut des Internationalen Währungsfonds nach den USA und China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt.
Nach „Erster Welt“ sieht das im Jahr 1959 fertiggestellte Stadion aber mal so gar nicht mehr aus. Weder von außen, noch von innen. Das ist auch kein Wunder. Schließlich fand die bislang letzte große Baumaßnahme an Tribüne und Rasenfläche im Jahr 1990 statt. Dem Umkleidetrakt und der integrierten Turnhalle wohnt nach wie vor der Charme der Nachkriegszeit inne.
Politiker nehmen Bürgerantrag des Bünder SV ernst
Das hat auch die Politik erkannt und das ist in zweierlei Hinsicht gut so. Da ist zum einen die Ebene, die mit der Sache an sich nichts zu tun hat, die aber mindestens genauso wichtig ist. Diese könnte mit „Stärkung der Demokratie“ überschrieben werden.
Denn ursprünglich wollte der Sportausschuss als zuständiges Fachgremium in seiner jüngsten Sitzung nur über die Sanierung der Aschenlaufbahn entscheiden. Dabei hatte der Bünder SV als einer der Hauptnutzer des Stadions einen sogenannten Bürgerantrag eingereicht, in dem er anregt, die Kabinen und sanitären Anlagen zu sanieren, zusätzlich vier weitere Kabinen zu schaffen und auch die Barrierefreiheit für das Stadion herzustellen.
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Allerdings nicht rechtzeitig genug, um es damit noch regelkonform auf die aktuelle Tagesordnung des Sportausschusses zu schaffen. Die nächste Chance wäre erst wieder im November gewesen. Politiker aller Fraktionen haben das Thema aber nicht ausgesessen, indem sie sich hinter bürokratischen Regeln verschanzt haben, sondern haben den Antrag unkompliziert auf die aktuelle Tagesordnung gebracht. In Zeiten, wo aus dunklen Ecken heraus versucht wird, Zweifel gegenüber demokratischen Prozessen zu säen, ist das ein wichtiges Signal.
Drohende Anwohnerklagen könnten große Lösung verhindern
Aber auch in der Sache selbst haben die Politiker den richtigen Ton getroffen. Indem sie entschieden haben, von der Sanierung der Laufbahn als einziger Maßnahme vorerst Abstand zu nehmen und stattdessen das Stadion in seiner Gesamtheit zu betrachten. Ganz so, wie es der Bürgerantrag des Bünder SV vorsieht.
Es gibt allerdings einen Haken, der einen Strich durch die große Lösung für das Erich-Martens-Stadion machen könnte. Und der hat etwas mit Rechtsstaatlichkeit zu tun. Noch so ein Prinzip, dessen Delegitimierung derzeit aus dunklen Ecken heraus betrieben wird.
Daher tut Politik gut daran, zu prüfen, ob eine zu weit gehende Sanierung des Stadions den sogenannten Bestandsschutz gefährden könnte. Denn wenn das Stadion nach der Sanierung juristisch als Neubau gelten würde, würde das Anwohnern möglicherweise die Tür für Klagen gegen zu hohe Lärmemissionen öffnen.
Am Geld darf eine Sanierung im großen Stil nicht scheitern
Am Geld jedenfalls darf eine Sanierung im großen Stil nicht scheitern. Das gilt selbst in Zeiten, in denen nicht genug davon da ist. Zumal Geld ja auch im Wirtschaftsaufschwung komischerweise immer knapp ist.
Außerdem: Wenn es möglich war, ein modernes Stadion 14 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu bauen, sollte das im Jahr 2024 in einer der größten Volkswirtschaften der Erde doch wohl auch möglich sein.
Die Frage kann also nur lauten: Gibt es in Bünde überhaupt einen Bedarf für eine derartige Sportstätte? Heißt die Antwort nein, wäre ein Abriss ehrlicher als irgendein halbgares Herumdoktern. Wird sie aber bejaht, kann die Parole nur lauten: Wenn schon eine Sanierung, dann bitte aber auch richtig.