Was eine neue EU-Regel für Zigarrenhersteller Arnold André in Bünde bedeutet

Bünde. Die Bundesdruckerei hat ab dem 20. Mai gut zu tun. Dann nämlich bekommt sie eine neue Aufgabe: Sie erstellt Barcodes für jede einzelne deutsche Zigarren- und Zigarilloverpackung. &bdquo;Track and Trace“ heißt das System, das 2019 bereits für Zigaretten eingeführt worden ist. Jetzt muss auch die Zigarrenindustrie nachlegen. Für das Bünder Unternehmen Arnold André bedeutet das eine Investition von 5,5 Millionen Euro und sechs neue Maschinen. Vier stehen am Standort in Bünde, zwei in Königslutter (Niedersachsen). Die Maschinen bedrucken künftig jede Packung, jede Stange, jede Palette mit einem Barcode, den die Bundesdruckerei für das Familienunternehmen herstellt. &bdquo;Für jede einzelne Einheit muss nachvollziehbar sein, woher sie kommt“, erklärt Jens Schrader, Marketingchef beim Bünder Zigarrenhersteller. Was zunächst relativ einfach klingt, zieht einen ganzen Rattenschwanz an Dokumentation nach sich: Warenbewegungen, Lieferungen, Finanzströme müssen lückenlos erfasst und an die Europäische Union gemeldet werden – übrigens in allen Mitgliedsstaaten. Neben den Warenbewegungen an sich sind ebenfalls Lieferscheine, Rechnungen und Zahlungseingänge meldepflichtig. Ziel des Ganzen: Illegalen Handel begrenzen. Warum die Vorschrift für Kritik sorgt Besonders Zigaretten sind vom Schmuggel betroffen. Der Zoll stellte trotz Track-and-Trace im Jahr 2022 mehr als 142 Millionen geschmuggelte Zigaretten sicher. Diese gefälschten Zigaretten werden oft vor Ort produziert, heißt es von der Bundespolizei: In Iserlohn wurde eine illegale Produktions-, Verpackungs- und Lagerstätte für Zigaretten entdeckt (geschätztes Produktionsvolumen: Mehrere Millionen/Woche). In Göttingen wurde ein illegales Warenlager mit zwölf Millionen gefälschten Zigaretten ausgehoben (ermittelter Steuerschaden: 2,1 Millionen Euro). Per Track-and-Trace soll die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden deutlich erleichtert werden. Kritik gibt es von den Zigarrenherstellern trotzdem: &bdquo;Es werden kaum Zigarren geschmuggelt“, sagt Jens Schrader. Während der Zoll Zahlen für Zigaretten in Millionenhöhe erfasst, sind die Zahlen für Zigarren im Vergleich gering: 2018 wurden 6.198 Zigarren vom Zoll sichergestellt, 2019 waren es 8.567. Auch im Jahr 2021 blieb die Summe im vierstelligen Bereich mit 6.250 sichergestellten Zigarren. Allerdings gibt es deutliche Ausreißer nach oben: 2020 wurden 42.463 illegal eingeführte Zigarren sichergestellt, 2022 waren es 20.053. Zahlen für das Jahr 2023 liegen derzeit noch nicht vor. Für die Branche sind die neuen Kosten enorm. &bdquo;Diese Regulierung ist vollkommen unverhältnismäßig, da es im Bereich Zigarren und Zigarillos keinen Schmuggel gibt, die Maßnahmen aber so kostenintensiv sind, dass die mittelständischen Familienunternehmen an den Rand der finanziellen Belastbarkeit getrieben werden“, hatte der Geschäftsführer des Bundesverbands der Zigarrenindustrie, Bodo Mehrlein, schon beim Beschluss vor fünf Jahren gesagt. Dass die finanzielle Belastung groß ist, bestätigt auch Jens Schrader: &bdquo;Wir brauchen mehrere Jahre, um diese Ausgaben wieder zu verdienen.“ Auch Auswirkungen auf das Sortiment Denn mit dem Kauf der Maschinen sei es ja auch nicht getan: Lizenzen für Softwareprogramme müssen erworben werden, Personal muss die neuen Prozesse kontrollieren. Und eine konkrete Konsequenz für den Verbraucher gibt es auch: &bdquo;Die Vielfalt, die wir im Sortiment hatten, können wir so nicht aufrechterhalten“, erklärt Schrader. Etwa grob die Hälfte des Sortiments ist in den vergangenen Jahren weggefallen. Das liege aber vor allem an den verschiedenen Packungsgrößen. Die wurden deutlich reduziert, so dass nurmehr wenige Größen durch die neuen Maschinen laufen müssen. Ein Beispiel: Die Zigarren der Marke Tropenschatz gab es als 50er-Box und in einer Packung mit fünf Zigarren. Letzteres bleibt, die Zigarrenkiste ist aussortiert. Lesen Sie auch: Wirtschaftsnachrichten aus dem Bünder Land Die neuen Maschinen bezeichnet Schrader schon als &bdquo;Straßen“, denn sie sind rund zehn Meter lang. Bei den Premiumzigarren werden die Codes in Handarbeit aufgeklebt. &bdquo;Das ist personalintensiv und am Ende haben wir und auch der Verbraucher nichts davon“, sagt Schrader. Arnold André konnte das neue System bereits auf dem osteuropäischen Markt testen. Daher hat das Unternehmen schon einige Erfahrungen damit. Aktuell läuft ein Testbetrieb. Im Mai gehts dann offiziell los – immerhin fünf Jahre später als für die Zigarettenproduzenten.

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