Förderte Otto Waalkes und Udo Lindenberg: Bünder Komponist wäre 100 Jahre alt geworden

Bünde. Es war einer der letzten Auftritte der berühmten &bdquo;Comedian Harmonists“ im damaligen Deutschen Reich, als diese am 17. Februar 1934, also ziemlich genau vor 90 Jahren in der &bdquo;Tonhalle“ auf dem Bielefer Johannisberg die Bühne betraten. Ihr Erfolgsrezept, Titel wie &bdquo;Mein kleiner grüner Kaktus“ nicht nur musikalisch zu präsentieren, sondern auch in eine Bühnenshow mit viel Witz zu verpacken, begeisterte die Massen. Nicht zuletzt unter dem Druck der nationalsozialistischen Machthaber zerbrach das A-Cappella-Ensemble, da die Hälfte der Musiker jüdische Wurzeln hatte. Ob exakt heute vor 90 Jahren der kleine Artur Niederbremer im rund 60 Kilometer weiter nördlich gelegenen Tielge von diesem Auftritt wusste, ist wohl eher unwahrscheinlich. Dass er die Gruppe kannte und diese ihn sogar für seine eigene Musiker-Karriere prägte, ist jedoch naheliegend, denn einen seiner ersten Auftritte absolvierte Artur wenige Jahre später – nun im Bünder Stadtgarten – wohl nicht zufällig mit einem &bdquo;Stimmungssextett“. Unter dem Namen &bdquo;Die goldene Sechs“ traten Franz-Karl Müller, Günter Meierling, Gustav-Adolf Wemheuer, Friedhold Westermann und Bruno Wiegner, die mit Artur zusammen die Oberschule für Jungen besuchten, 1941 beim &bdquo;Bünder Wunschkonzert für das Kriegs-Winterhilfswerk“ auf. Warum Bünde die Heimat des Rastlosen wurde Bei der nächsten Auflage dieses Wunschkonzertes, im Frühjahr 1942, da fehlte jedoch das Sextett, denn mit der Einberufung zum &bdquo;Reichsarbeitsdienst“ wurde dem nun 18-Jährigen eine Fortsetzung seines bisher schon recht unsteten Lebens aufgezwängt. Geboren am 14. Februar 1924, also heute vor 100 Jahren, in Löhne, waren die ersten Lebensjahre von zahlreichen Umzügen geprägt. Vater Hermann wechselte als Volksschullehrer häufiger seine Dienststelle und damit den Wohnort. Erst nach Eintritt in den Ruhestand fanden Hermann mit Frau und Sohn an der Bünder Bahnhofstraße eine endgültige Bleibe. Sohn Artur betrachte bis an sein Lebensende Bünde als seine Heimatstadt. Mag sein, dass es an den Vorfahren und Verwandten lag, die im heutigen Stadtgebiet zu Hause waren oder aber auch, dass es die prägendsten Jahre im Leben eines jungen Menschen waren, die er hier verbrachte und in ihm diese Verbundenheit zur Zigarrenstadt auslösten. Nach dem &bdquo;Reichsarbeitsdienst“ folgte die Einberufung zur Wehrmacht und schließlich die Gefangenschaft. Erst im Oktober 1948 kehrte Artur ins zivile Leben zurück. Da sein bislang geäußerter Berufswunsch Chirurg zu werden, am Verlust eines Teiles des rechten Ringfingers scheiterte, besann er sich auf sein musikalisches Talent und spielte und sang zunächst auf kleineren Feiern im Freundes- und Bekanntenkreis. Schlager in der Nachkriegszeit beliebt Das dabei verlangte musikalische Genre, dass in den Nachkriegsjahren die Menschen auf andere Gedanken kommen ließ, war der Schlager. Eingängige Melodien mit humorvollen Texten, ganz wie es einst die &bdquo;Comedian Harmonists“ vorgemacht hatten, hatten Hochkonjunktur. Dies erkannte auch Artur Niederbremer, der sich fortan nach einem amerikanischen Komiker Ralf und nach seinem schon seit Schulzeiten benutzten Kürzel aus Vor- und Nachnamen Arnie nannte und nun eine Karriere im Showgeschäft anstrebte. Er stellte nun ein Gesangs-Quartett auf die Beine, das zusätzlich mit weiblichen Stimmen aufwartete und auf den Namen die &bdquo;Arnies“ getauft wurde. Obwohl mit dieser Gruppe schon erste Platten-Aufnahmen vom befreundeten Bünder Radio-Händler Werner Löscher angefertigt wurden, erkannte Artur alias Ralf Arnie schnell, dass sein Talent mehr hinter, als auf der Bühne zu Hause war. Das Komponieren und Texten von Schlagern, zunächst oft zusammen mit Günter Meierling, der als Mitglied des &bdquo;Stimmungssextetts“ schon seit Schulzeiten Arnie ein enger Freund war, wurde allmählich zur Hauptbeschäftigung und schließlich auch zum Broterwerb des nun 26-Jährigen. Einen ersten Verleger für seine Werke fand Ralf in einem musikalischen Urgestein. Wilhelm &bdquo;WIGA“ Gabriel, der selbst auch komponierte und unter anderem das Lied &bdquo;In München steht ein Hofbräuhaus“ geschaffen hatte, erkannte das Talent und brachte ihm erste Erfolge ein. Mit dem Titel &bdquo;Ansonsten Herr Lutter, ist alles in Butter“ landete die damals sehr erfolgreiche Gruppe &bdquo;Friedel Hensch & die Cyprys“ 1951 einen Hit, der aus der Feder des Wahl-Bünders stammte und auch die Musikindustrie auf ihn aufmerksam werden ließ. Umzug nach Hamburg In der Folgezeit arbeitete er für die Verlage von Hans Sikorski und Ralph Maria Siegel, ehe er sich 1960 selbstständig machte. Zu diesem Zeitpunkt lebte Ralf Arnie bereits in Hamburg, das schon damals als eine Hochburg des Musikgeschäftes galt. Mit der Einrichtung eines eigenen Aufnahmestudios war der Komponist auf dem Höhepunkt seiner Karriere angekommen. Unter seinem Künstlernamen, aber auch unter dem Pseudonym, veröffentlichte er rund 1.000 Titel, deren Interpreten sich wie ein &bdquo;Who is Who“ des deutschen Schlagers der frühen 1950er bis späten 1990er Jahre liest. Freddy Quinn, Caterina Valente, Vicky Leandros, Nana Mouskouri, Gitte, Roger Whittaker, Mary Roos, Werner Böhm (alias Gottlieb Wendehals), die Liste ließe sich noch beliebig verlängern. Förderer von Größen wie Otto Waalkes und Udo Lindenbeg Da Arnies Wirkungsfeld in Hamburg lag, blieb es natürlich auch nicht aus, dass er mit den aufstrebenden Künstlern der sogenannten &bdquo;Hamburger Szene“ der 1970er Jahre in Kontakt kam. Und auch hier griff wieder das seit den &bdquo;Comedian Harmonists“ gängige Rezept, Musik mit Humor zu verbinden. Bestes Beispiel dafür ist der für seine musikalischen Blödeleien bekannte Otto Waalkes, dem Ralf Arnie beim Karrierestart ebenso unter die Arme gegriffen hat, wie dem Deutsch-Rocker Udo Lindenberg. Neben hunderten von Musiktiteln die noch heute bei der GEMA auf seinen Namen gelistet sind, erfuhr Artur Niederbremer durch zwei Auszeichnungen schon zu Lebzeiten besondere Anerkennung für seine Verdienste um den deutschen Schlager. Während die Verleihung der &bdquo;Goldenen Stimmgabel“ im Rahmen einer ZDF-Sendung deutschlandweit verfolgt wurde, fand die Eröffnung der Gartenschau auf dem Aqua Magica-Gelände in seinem Geburtsort Löhne in der Öffentlichkeit nur regionale Beachtung. Die bislang letzte Ehrung, die Anbringung einer Gedenktafel in Bünde, heute vor genau zehn Jahren, erlebte der Künstler allerdings selbst gar nicht mehr mit. Er starb am 19. Januar 2003 in Hamburg wo er auf dem Friedhof Ohlsdorf auch seine letzte Ruhestätte gefunden hat.

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