Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst mit eigenem Büro eröffnet in Bünde

Bünde. &bdquo;Irgendwann kommt der Moment, da wartet man nicht mehr darauf, dass dieser Zustand noch mal vorbeigeht. Da nimmt man die Situation wie sie ist einfach an.“ Das sind die Worte einer Mutter, deren Tochter am zweiten Tag nach ihrer 14 Wochen zu frühen Geburt eine Hirnblutung bekam. Als Folge blieb das Kind körperlich und geistig schwerstbehindert – und hatte eine verkürzte Lebenserwartung. In Deutschland gibt es etwa 50.000 Kinder und Jugendliche mit einer Erkrankung, an der sie frühzeitig sterben werden. Zum Teil von Geburt an, zum Teil auch erst seit Kindes- und Jugendalter. Was das für die Familien bedeutet, wissen sie nur selbst – und ganz besondere Menschen, die sich um Kind und Familie kümmern: Das ehrenamtliche Team des Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienstes (AKHD). Im vergangenen Jahr gründete sich das Bünder Büro des Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienstes als Ableger der Mindener Einrichtung. &bdquo;Eigentlich sollte das Büro zunächst als zweijährige Pilotphase laufen, doch durch die Schirmherrschaft der Ehrlich Brothers und einer Anschubfinanzierung von der Hettich-Stiftung können wir nun zum 1. Januar ein eigenständiger Dienst werden“, sagt Andrea Ritz, Koordinatorin des AKHD und Leiterin des Bünder Büros. Der Schritt war notwendig, denn allein im Raum zwischen Lübbecke/Espelkamp und Herford sowie Melle und Löhne gibt es bereits 13 Familien, die die Hilfe in Anspruch nehmen. Es gibt nur wenige Dienste für Kinder und Jugendliche &bdquo;Vlotho gehört dann schon zum Dienst in Minden“, sagt Andrea Ritz. Und der nächste Dienst befindet sich dann erst in Hannover. &bdquo;Es gibt nicht so viele ambulante Kinder- und Jugendhospizdienste in Deutschland. Für Erwachsene gibt es mehr“, sagt die Koordinatorin. Die Kinder und Jugendlichen, um die sich die Ehrenamtlichen des AKHD kümmern, können kaum unterschiedlicher sein – ebenso die Arbeit, die die Mitarbeiter leisten. &bdquo;Ich sehe das eigentlich gar nicht als Arbeit“, sagt Heinz-Hermann Petring. Der 71-jährige Pensionär ist seit 2019 beim AKHD. Der eigene Nachwuchs ist erwachsen mit eigener Familie. &bdquo;Und weil es da so gut läuft, ist das meine Art, Dankeschön zu sagen“, gibt Petring einen Einblick in seine Motivation. &bdquo;Kinder freuen sich über Leben - obwohl es nur kurz ist“ Er ist einer der wenigen Mitarbeiter, die zwei Kinder betreuen, was eigentlich unüblich ist. Dass er sich für die Begleitung von Kindern- und Jugendlichen entschieden hat, erklärt er mit einer besonderen Eigenschaft von jungen Menschen, die bewusst wahrnehmen, dass sie eine begrenzte Lebenserwartung haben und erzählt von einem Mädchen mit Muskeldystrophie – landläufig als &bdquo;Muskelschwund“ bekannt. &bdquo;Dieses Mädchen hat von sich erzählt, von seinen Wünschen, aber auch vom eigenen Tod. Dabei hat das Kind aber auch gelacht. Und das ist für mich das Entscheidende, dass sich Kinder ohne langfristige Lebensperspektive über ihr Hier und Jetzt freuen, während Erwachsene in einer ähnlichen Situation mit sich und dem Leben hadern und nur noch das ’Warum ich’ hinterfragen. Kinder freuen sich über ihr Leben – obwohl es nur kurz ist.“ Heinz-Hermann Petring begleitet einen 9-jährigen Jungen und einen 25-jährigen Mann. &bdquo;Das unterscheidet uns auch vom Erwachsenenhospiz“, sagt Andrea Ritz. &bdquo;Wir begleiten nicht nur in der letzten Lebensphase, sondern von der Diagnose bis zum Tod – und die Familie darüber hinaus. Das sind auch schon mal 17 Jahre und selbst wenn das ursprüngliche Kind erwachsen wird, geben wir es nicht wieder ab. Unser erstes Kind, das wir begleitet haben, kam hier aus Bünde. Das ist letztes Jahr gestorben.“ &bdquo;Manchmal ist nicht bekannt, was die Kinder mitbekommen“ Nicht alle Kinder und Jugendlichen sind bei klarem Bewusstsein. &bdquo;Manche sind auch schwerstbehindert und man weiß gar nicht, was sie von ihrem Umfeld wahrnehmen“, sagt Heinz-Hermann Petring. So ist es bei den beiden jungen Menschen, die er begleitet. Petring erzählt ihnen, was er die Woche über erlebt hat, andere wiederum lesen den Kindern vor. Was sie dabei mitbekommen ist nicht bekannt, wohl aber dass sie reagieren. Heinz-Hermann Petring merkte an den Werten auf den Überwachungsmonitoren neben den Betten, dass seine Anwesenheit oder seine Erzählungen offenbar beruhigend wirken. Sogar als er in der Anfangsphase der Corona-Pandemie seine Erzählungen per WhatsApp schickte, die die Eltern den beiden jungen Männer vorspielten, zeigte das seine Wirkung. Etwa zwei bis drei Stunden in der Woche sollten die ehrenamtlichen Mitarbeiter Zeit schenken können. &bdquo;Besonders ist nur das erste Weihnachtsfest nach dem Tod des Kindes“ &bdquo;Manchmal“, so Petring, &bdquo;ist es auch schon mal mehr Zeit, die man investiert“. So springt er bei einer Familie auch schon mal als Fahrdienst für den behinderten Jungen ein. Aber alles kann – nichts muss. Wem zusätzliche Aufgaben von der Familie zu viel werden, der muss sich auch klar abgrenzen können. Da Heinz-Hermann Petring die Zeit aber hat, schenkt er sie auch. Wer für welches Kind der oder die &bdquo;Richtige“ ist, wählt Andrea Ritz aus, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut kennt und einschätzen kann. Was aber bedeutet besonders jetzt die Weihnachtszeit für die betroffenen Familien? &bdquo;Da machen diese Familien auch nichts anders als sonst oder als andere Familien“, sagt Andrea Ritz. Anders sei nur das erste Weihnachtsfest nachdem Tod des Kindes – das erste Weihnachtsfest ohne das Kind. Manchmal halten die Familien dann noch Kontakt. &bdquo;Aber einige wollen das dann auch nicht mehr, weil sie mit uns die schwierige Zeit mit dem kranken Kind oder mit dessen Tod verbinden“, erklärt die Koordinatorin. Das sei dann auch völlig in Ordnung.

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