Verein aus Kirchlengern hilft in Sierra Leone: "Viele Schicksale gehen einem nahe"

Kirchlengern/Freetown. Im langsamen Tempo kämpft sich ein weißer Jeep durch den Schlamm und durch tiefe Pfützen. Von der Hauptstadt Freetown sind die Ärzte und medizinischen Helfer ausgerückt, um die Menschen in den abgelegenen Dörfern Sierra Leones zu versorgen. In ihrem Kampf für eine bessere Gesundheitsversorgung, besonders für Frauen und Kinder, geht es manchmal auch um Leben und Tod. Möglich macht dies ein Verein aus Stift Quernheim mit dem langen Namen Driving-YMCA-Doctor for Sierra Leone. Susanne Schröder ist die Vorsitzende des Vereins. In ihrer Wohnung in Stift Quernheim zeigt sie ein paar aktuelle Fotos aus Sierra Leone. Nach den vielen Schwierigkeiten, die die Corona-Pandemie auch in Afrika gebracht hat, sind die Helfer der Driving Doctors mittlerweile wieder im Land unterwegs. Koordiniert werden viele Projekte aus Kirchlengern. &bdquo;Wir versorgen im Moment 48 Dörfer“, sagt Schröder, die per Smartphone oder Laptop den Kontakt nach Sierra Leone hält. "Malaria ist immer noch ein Thema" Die Aufgaben dort sind vielfältig. Das Gesundheitssystem ist schlecht, die Helfer des Vereins sind gerade in den abgelegenen Dörfern die einzigen medizinischen Ansprechpartner. Gefährliche Krankheiten wie Malaria sind in Sierra Leone immer noch ein Thema, sagt Schröder. Aber auch bei Erkältungen, Lungenentzündungen oder den Folgen der Unterernährung sind die Ärzte und Fachkräfte der Driving Doctors immer wieder gefragt. &bdquo;Einige Kinder haben wir in diesem Jahr schon von den Dörfern in die Krankenhäuser gebracht. Das ist dann der Fall, wenn unser Team vor Ort nicht mehr helfen kann“, sagt die 59-Jährige. Sie erinnert sich besonders an den Fall eines jungen Mädchens mit einem Augentumor. Die Helfer in Sierra Leone können das Kind noch in ein Krankenhaus bringen. Doch die Hilfe kommt zu spät. &bdquo;Das Kind hat überlebt, ist aber erblindet. Beide Augen mussten amputiert werden. Das ist ein Einzelschicksal, das allen sehr nahe geht“, sagt die Vereinsvorsitzende. Dann fließen bei den Helfern aus Sierra Leone und aus Deutschland auch mal Tränen. Erfolgsstory seit 2007 Seit 2007 ist der Verein aus Stift Quernheim in Sierra Leone aktiv. In den mittlerweile gut 16 Jahren haben die Helfer viel erreicht. Eine Erfolgsstory ist, dass Frauen in den betreuten Dörfern nicht mehr während der Schwangerschaft versterben. Das geschah in Sierra Leone einst durchschnittlich bei jeder achten Geburt. Vorsorgeuntersuchungen und Begleitbehandlungen senken das Sterblichkeitsrisiko. &bdquo;Mittlerweile ist Schwangerschaft nicht mehr automatisch ein Todesurteil“, sagt Schröder. In all den Jahren, seitdem die Driving Doctors aktiv sind, hat es nur noch einen Fall gegeben, in dem eine Frau während der Geburt gestorben ist. In einem weiteren Fall ist eine schwangere Frau mit großen Ängsten zu den Helfern gekommen. Sie habe zuvor mehrere Totgeburten gehabt und wollte, dass ihr Fötus abgetrieben wird. Die Driving Doctors finden heraus, dass die Frau krank ist und an der Gebärmutter behandelt werden muss. &bdquo;Die Frau wurde geheilt und hat mittlerweile zwei gesunde Kinder“, berichtet die 59-Jährige. Schicksale wie diese treiben Susanne Schröder und die weiteren Mitglieder an. Familienplanung gehört auch dazu Der Verein arbeitet in Sierra Leone aber nicht nur im medizinischen Bereich. Auch Hygieneschulungen, Kindererziehung oder Kurse im für die Familienplanung gehören dazu. &bdquo;In den ersten Jahren haben wir Letzteres heimlich gemacht, weil die Männer das nicht wollten. Jetzt werden uns die Frauen gebracht, weil die Männer wollen, dass die Frauen geschult werden“, berichtet Schröder. Die Expansion in weitere Dörfer, um mehr Menschen zu versorgen, ist in den vergangenen Jahren bereits geplant gewesen. Die Pandemie hat dies verhindert. Im Herbst sollen nun Gebiete in der Region Kenema erkundet werden, die die Driving Doctors künftig zusätzlich anfahren wollen. &bdquo;Dann würden noch 15 bis 20 Dörfer dazukommen“, sagt die Vereinsvorsitzende. Damit das funktioniert, dafür sorgen Spenden. &bdquo;Wir haben viele Spender, denen das Projekt sehr am Herzen liegt“, sagt Schröder. Viele kommen aus der Region Ostwestfalen-Lippe, wo der Verein verwurzelt ist. Es gibt aber auch Unterstützer in Hamburg oder Süddeutschland. Vorsitzende arbeitete viele Jahre in Sierra Leone Susanne Schröder, die auch viele Jahre in Freetown arbeitete, hat sich zuletzt an Ostern ein Bild von der Lage in Sierra Leone gemacht. &bdquo;Es war so, als wäre ich nie weggewesen. Viele Leute kenne ich dort noch“, sagt sie. Mittlerweile arbeitet sie wieder in Deutschland – und die Anzahl der Urlaubstage lassen häufige Flüge nach Sierra Leone derzeit nicht mehr so leicht zu. In Gedanken ist sie aber noch oft in Afrika. Denn zu Hause warten viele Aufgaben, mit denen den Menschen in Sierra Leone geholfen werden kann. Dann gehen die Driving Doctors wieder auf die Reise. Durch Schlamm und tiefe Pfützen, durch Wälder und über Buckelpisten – um den Erkrankten in Sierra Leone zu helfen.

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