Tausende auf dem Mittelaltermarkt in Bünde

Bünde. &bdquo;Wie die Menschen damals gelebt haben, ohne Strom.“ Wenn man Hennig Diekmann fragt, was ihn am Mittelalter so fasziniert, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen. Das Leben vor Hunderten von Jahren ist für viele Menschen ein Mysterium. Der Detmolder findet es besonders erstaunlich, dass Menschen auch im Mittelalter gut gelebt haben und entgegen der allgemeinen Annahme auch alt geworden sind. &bdquo;Auch im Mittelalter gab es 100-Jährige. Das war nicht alles so, wie man sich das vorstellt.“ Sein Interesse für Geschichte hat er schließlich zum Beruf gemacht und ist seit 22 Jahren als Minnesänger &bdquo;Henning der Barde“ auf Mittelalterveranstaltungen unterwegs. So auch am Wochenende beim Mittelaltermarkt am Bünder Museum. Mit seiner Laute unterhielt er die Gäste und sang selbst geschriebene Folk-Lieder, aber auch altbekannte Lieder aus vergangenen Jahrhunderten. Sogar Lieder aus alten Studentenverbindungen des 18. Jahrhunderts und aus der Carmina Burana gehören zu seinem Repertoire. Tanzen, fechten, Schwertkünste: So wie es damals wirklich war Drumherum erstreckte sich der Mittelaltermarkt des Vereins Corona Historica, dessen 20 anwesende Mitglieder das Früh- bis Hochmittelalter darstellten. An den einzelnen Ständen wurden Fecht- und Schwertkünste, die Kunst des Garnspinnens oder mittelalterliche Kriegsführung dargestellt. Daneben konnten die Gäste mittelalterliche Tänze lernen und Burgfräulein-Haarschmuck oder Ritterspielzeug kaufen. Die Fechtgruppe des Vereins demonstrierte währenddessen Kampftechniken aus verschiedenen Jahrhunderten. &bdquo;Wir wollen zeigen, wie es wirklich war“, sagte Alexander Thom. Mittelalterproduktionen aus Hollywood wie Vikings könne er sich gar nicht mehr anschauen, so realitätsfern seien sie. Stattdessen demonstrierte die Gruppe das Bloßfechten nach alter deutscher Schule. &bdquo;So wurde das früher unterrichtet“, erklärte Burkhard Hildebrandt, dessen dargestellte Figur &bdquo;Berthold vom Wiehen“ als Marktvogt um 1250 herum existiert hätte. Hildebrandt hat es besonders Spaß gemacht, seine Figur zu kreieren. &bdquo;Man fängt an mit einem Jahrhundert. Dann überlegt man: Was hätte der Mensch damals getragen, was hätte er besessen, wo hätte er gelebt. Dann fällt einem auf: falsches Jahrhundert. Also fängt man wieder von vorne an.“ Ein besonders interessantes Detail von &bdquo;Berthold vom Wiehen“ ist das sogenannte &bdquo;Mundzeug“ (Essens-Besteck), das man immer in einem Täschchen am Gürtel bei sich trug. Wer es sich leisten konnte, hatte sogar einen Metall-Löffel, der nach dem Tod weitergegeben wurde, weil er wertvoll war. Daher kommt die noch heute verwendete Redewendung &bdquo;den Löffel abgeben.“ An Mittelaltermärkten generell gefällt Hildebrandt vor allem die lockere entspannte Atmosphäre. &bdquo;Jeder geht auf jeden zu, man kommt sofort ins Gespräch.“ Tausende Interessierte auf dem Mittelaltermarkt Hennig der Barde sieht das genauso. Als gelernter Maschinenbauingenieur war er Stress im Beruf gewohnt, bis er vor zwei Jahrzehnten einen Burn-out erlitt. Weil sein voriger Beruf so nicht mehr auszuüben war, entschied er sich dazu, sein Hobby zum Beruf zu machen. Zunächst sang er Irish Folk und änderte schließlich sein Repertoire zu deutschem Mittelalter-Folk. Wenn er nicht gerade als Minnesänger auftritt, ist er unter anderem Stadtführer in Detmold und Burgführer der Falkenburg in Lippe. Es ist bereits das zweite Mal, dass der Markt in Zusammenarbeit des Mittelaltervereins Corona Historica und des Bünder Museums stattfindet. Und wie im letzten Jahr kamen tausende Interessierte vorbei, die einen Abstecher in die Vergangenheit wagen wollten. &bdquo;Bünde ist einfach schön. Die Leute sind interessiert, man kann sein Hobby weitergeben und die Zusammenarbeit mit dem Bünder Museum ist klasse“, erklärte Wolfgang Heidemeier, Vorsitzender des Vereins, an dessen Stand Jermain Ukat (13) das Armbrustschießen ausprobierte: &bdquo;Wir waren letztes Jahr auch schon da und sind sehr interessiert an Mittelaltergeschichte. Das Armbrustschießen macht besonders Spaß.“ "Bünde ist ein wunderschöner kleiner Markt" Einige Stände weiter inspizierte der gebürtige Schwede Christel Nord mit seiner Partnerin Birgit Richtzenhain die Schwerter. Das Paar ist mittelalterbegeistert, weswegen Nord nach diesem Markt in die Fechtgruppe eintreten will. &bdquo;Ich habe ein neues Hobby gesucht und das ist einfach so interessant.“ Außerdem gefällt dem Paar Bünde, weshalb es extra aus Vlotho gekommen ist. &bdquo;Ihr habt eine schöne Stadt hier. Hier gibt es noch kleine Geschäfte, Eisdielen, wirklich schön“, so der Schwede. Der Standort Bünde ist es auch, der Diekmann nächstes Jahr vielleicht noch einmal zurücklocken könnte. Eigentlich hat er nämlich 2024 das Rentenalter erreicht. &bdquo;Bünde ist ein wunderschöner kleiner Markt. Die Leute sind nicht überdreht, sondern einfach nur nett. Wenn man mich nochmal fragt, würde ich es auf jeden Fall versuchen.“ Mit ein bisschen Glück ist &bdquo;Hennig der Barde“ also auch nächstes Jahr noch einmal als Minnesänger dabei.

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