Hilferuf Volles Tierheim in Bünde: Besitzer können Tierarztkosten nicht mehr bezahlen

Bünde. Der einfache Besuch beim Tierarzt mit Hund kostet aktuell 23,62 Euro statt wie bisher 13,47 Euro (1-facher Satz). Das ist nur eine von vielen Erhöhungen, die die neue Gebührenordnung für Tierärzte festsetzt. Seit dem 22. November gilt die neue Ordnung und schon viel länger erhitzt sie die Gemüter. Denn auf Tierhalter kommen durch sie höhere Kosten für die medizinische Versorgung ihres kleinen Lieblings zu – in Zeiten, in denen vieles so viel teurer wird. Das Tierheim Bünde bemerkt bereits, dass nun vermehrt Tiere von ihren Besitzern abgegeben werden. Doch auch bei Tierärzten selbst, sorgt die neue Gebührenordnung für Probleme. &bdquo;Extrem ist es bei Kaninchen“, sagt Renate Siekkötter, Vorsitzende des Tierschutzvereins Herford, der das hiesige Tierheim betreibt. Aktuell würden permanent Menschen Tiere bei ihnen abgeben. &bdquo;Man kann fast sagen: Wir kommen nicht mehr aus dem Krisenmodus“, sagt Siekkötter. Denn vor Kurzem hatte das Tierheim schon ein Problem damit, dass viele &bdquo;Corona-Tiere“ abgegeben wurden. Also Tiere, die in einem der Lockdowns angeschafft wurden, nur um dann wieder weggegeben zu werden, sobald ihre Besitzer bemerkten, wie aufwendig die Haltung eines Haustiers ist. Auch finanziell sind die höheren Kosten eine Belastung für das Tierheim. Viele der Tiere dort sind auf medizinische Hilfe angewiesen. Dem Kater &bdquo;Nacho“ musste zum Beispiel vor Kurzem aufgrund einer Infektion ein Auge operativ entfernt werden. &bdquo;Das hat über 1.000 Euro gekostet. Und das war vor der Erhöhung“, sagt Siekkötter. Das sagen die Tierärzte Ein Problem seien vor allem nötige Operationen und Untersuchungen, die beim Heim am Wochenende plötzlich anfallen. Denn zu diesen Notdienstzeiten können höhere Gebührensätze berechnet werden. Da kann ein Eingriff am Wochenende auch um die 5.000 Euro kosten. Dazukommen die höheren Energiekosten, die das Heim auch zu tragen hat. Die fallen besonders stark aus, wenn es um exotische Tiere wie Echsen, Schlangen oder Schildkröten geht. Denn die brauchen eine entsprechend warme Umgebung und zum Teil auch eine spezielle Beleuchtung. Siekkötter befürchtet, dass viele private Halter dieser Tiere, aufgrund der steigenden Energiekosten genau an diesen Ecken sparen werden, also die Terrarien zum Beispiel weniger stark heizen. &bdquo;Die Tiere werden dann krank und werden sterben“, warnt sie. Doch warum erhöhen sich die Kosten für Tierhalter aktuell? &bdquo;Die Gebührenordnung wurde seit den 1990ern nicht mehr angepasst“, erklärt die Bünder Tiermedizinerin Kerstin Labann. &bdquo;Diese Veränderungen waren lange überfällig. Dass sie nun jetzt kommen, wo wir allgemein in einer Krise sind, darüber sind wir Tierärzte auch nicht erfreut. Das ist ein unglücklicher Zufall.“ Ein Zufall, der bei den Praxen aber auch für einiges an Ärger sorgt. So seien Kunden schon ausfallender geworden, bevor die neue Ordnung überhaupt in Kraft trat, weil sie die hohen Kosten fürchteten. &bdquo;Unsere Mitarbeiter müssen aktuell sehr viel Frust abfangen und werden teilweise auch angegangen“, sagt Labann. Was Tierhaltern helfen könnte Dabei hätten die Erhöhungen im Kern das Ziel, dass sich Tierarztpraxen finanziell halten können. &bdquo;Es geht nicht darum, dass wir noch mehr Geld reinholen, sondern dass Praxen noch existieren können“, sagt Labann. Denn auch sie haben aktuell steigende Kosten. Die Bezahlungen für tierärztlichen Fachangestellte seien bisher &bdquo;unterirdisch“ gewesen und entsprechend fehle es vielerorts an Personal. Aufgrund von Mitarbeitermangel nähmen viele Praxen schon keine neuen Kunden mehr an, erklärt Labann. All diese Belastungen hätten zur Folge, dass &bdquo;Praxen sterben wie Fliegen.“ Dem soll nun durch höhere Einnahmen entgegengesteuert werden. Damit Patientenbesitzer trotzdem in Zukunft die höheren Kosten tragen können, rät Labann zu einer Tierkrankenversicherung. &bdquo;Anders kann man sich das nicht mehr leisten.“ Generell spricht sie sich für ein Tiermedizin-System aus, ähnlich wie es das im europäischen Ausland schon gibt. &bdquo;Es muss dahin gehen, dass jedes Tier krankenversichert ist“, sagt sie. Ähnlich wie es ja auch beim Menschen der Fall ist. &bdquo;In zehn Jahren sind wir wahrscheinlich da, wo das Ausland schon länger ist“, sagt Labann. &bdquo;Nur aktuell sind wir im Umbruch und der Umbruch ist eine Katastrophe.“ Tierschützerin Renate Siekkötter rät Tierbesitzern ebenfalls zu einer OP-Kostenversicherung für ihre Haustiere und dabei auch &bdquo;auf das Kleingedruckte zu achten“. Auch reguläre Krankenversicherungen für ihr Tier sollten sich Besitzer &bdquo;sehr genau angucken. Da gibt es große Unterschiede.“

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