Hilfsangebote stark nachgefragt: Eine Tafel hat bereits einen Aufnahmestopp

Bünde/Kirchlengern/Rödinghausen. Einige sehen die Teuerungsrate ganz entspannt, weil sie einen ordentliches finanzielles Polster haben. Viele andere Menschen im Bünder Land machen sich aber gerade richtig Sorgen, weil sie schon jetzt sparen müssen, wo es nur geht. Und was kommt erst nach dem Winter mit der nächsten Nebenkostenabrechnung? Die NW hat sich bei Hilfseinrichtungen und auch Kreditinstituten umgehört, was sich in den vergangenen Monaten geändert hat. “Wir merken schon, dass bei Einigen das Geld früher im Monat zu Ende ist” sagt Ullrich Martinschledde vom Verein Mahl-Zeit in Bünde. Das Angebot von Mahl-Zeit richtet sich in erster Linie an Menschen,die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage mit jedem Cent rechnen müssen. Dabei wird kein Ausweis und keine Bescheinigung verlangt. Auf der Internetseite des Vereins heißt es: "Unsere Gäste sind ältere Menschen mit einer geringen Rente, Familien mit geringfügigem Einkommen, Menschen in vorübergehenden Notsituationen, Leute aus den städtischen Obdachlosen- und Asylunterkünften und weitere Personen, die finanziell schlecht über die Runden kommen." Wenn es mehr Menschen werden, fehlt es an Spenden Dramatisch ist die Lage noch nicht. Bisher habe die Essensausgabestelle im Gemeindehaus der katholischen Kirchengemeinde St. Josef in Bünde noch einige Sitzplätze frei, so Martinschledde. Sollten jedoch mehr Menschen ein warmes Essen nachfragen, fehle es irgendwann an Geldspenden, um mehr Mahlzeiten zu bestellen, erklärt Martinschledde weiter. Derzeit werden an drei Ausgabetagen in der Woche jeweils etwa 50 Gäste bewirtet. Die Bedürftigen zahlen für den Mittagstisch einen Symbolbetrag von einem Euro, die übrigen Ausgaben werden durch Spenden finanziert. Anders sieht es bei den Ausgabestellen der Tafeln aus. “Wir haben derzeit einen Aufnahmestopp”, erklärt Barbara Beckmann von der Herforder Tafel, die die Ausgabestelle in Kirchlengern betreibt. Diese stoße an ihre Grenzen, denn trotz erhöhter Nachfrage von Bedürftigen bleibe die Menge der Lebensmittel, die ausgegeben werden können, gleich. "Eigentlich wollen wir gerne jeden bedienen”, sagt auch Angelika Siekmann, Mitarbeiterin bei der Tafel in Bünde, die eine Zweigstelle der Meller Tafel ist. In den vergangenen Wochen hat sich die Situation noch einmal verschärft. “Wir suchen gerade nach einer Lösung, unsere Ausgabe-Kapazitäten zu erhöhen”, sagt Siekmann. Dabei sei die Tafel jedoch auch auf mehr Lebensmittel- und Geldspenden sowie personelle Unterstützung angewiesen. Summe der Überziehungskredite ist wider Erwarten gesunken Auch die Kreditinstitute bereiten sich seit geraumer Zeit darauf vor, ihren Kunden finanziellen Rückhalt zu geben. Doch wer glaubt, dass die Bankkunden aufgrund der Verteuerung von Lebensmitteln und Benzin immer weiter in die "Miesen" rutschen, täuscht ganz offensichtlich, wie die Sprecher der Sparkasse und der Volksbank bestätigen. Weder bei der Sparkasse noch bei der Volksbank hätten die Kunden in den vergangenen Monaten ihren Dispo-Kreditrahmen mehr als zuvor ausgenutzt. Es seien auch nicht mehr über die Dispo-Grenze hinausgegangen als zuvor. "Die Nutzung von Dispositionskrediten ist bei uns seit Anfang 2019 bis Juni 2022 leicht rückläufig, sagt Peter Platz, Sprecher der Sparkasse Herford. So nutzten Sparkassenkunden mit etwa 7 Prozent die vereinbarten Dispositionskredite. Insgesamt betrug die Kreditsumme dabei etwa 13 Millionen Euro. Peter Platz: "Ende 2020 wurden die Dispositionskredite nur noch zu 6 Prozent von unseren Kundinnen und Kunden ausgenutzt. Ähnlich verhielt es sich im Jahr 2021. Und in diesem Jahr ist die Nutzung sogar erneut leicht rückläufig. Nur mit knapp 6 Prozent werden die Dispositionskredite in Anspruch genommen und die Kreditsumme liegt bei rund 10 Millionen Euro." Noch sind Ersparnisse aus der Corona-Zeit vorhanden Für Andreas Kelch, Sprecher der Volksbank Bad Oeynhausen-Herford, könnte das aber nur eine Frage der Zeit sein, dass die Schulden noch nicht gestiegen sind: "Das liegt sicherlich auch an der bisher noch vorhandenen Liquidität aus den zurückliegenden Corona-Jahren, in denen zum Beispiel deutlich weniger Geld für Urlaube und sonstige Freizeitaktivitäten ausgegeben und mehr gespart wurde. Allerdings ist zu beachten, dass die Verbraucher neben den aktuellen Kostensteigerungen für die Lebenshaltung viele Preiserhöhungen erst zeitversetzt zu spüren bekommen werden. So endet zum Beispiel zum 1. September der Tankrabatt. Die Gasumlage greift ab Oktober. Und viele Versorgerhaben bereits eine Erhöhung der Strompreise angekündigt. Bei vielen Mietern kommen die gestiegenen Energiekosten erst mit der nächsten Nebenkostenabrechnung und den gestiegenen Abschlägen zum Tragen." Auch Peter Platz von der Sparkasse sagt: "Unabhängig von der bisherigen Entwicklung rechnen aber auch wir damit, dass die hohe Inflation Verbraucherinnen und Verbraucher bald noch stärker belastet. Wegen der deutlichen Preissteigerungen werden perspektivisch immer mehr Haushalte größere Anteile ihrer Einkünfte für die reine Lebenshaltung einsetzen müssen. Immer weniger Menschen werden vermutlich in der Lage sein, Geld zurückzulegen." Die meisten Kreditinstitute wollen besonders ihren Kunden, die auch mit ihrem eingeräumten Dispo-Kredit nicht mehr auskommen insofern unter die Arme greifen, dass ihnen günstigere Finanzierungsmöglichkeiten angeboten werden als ein teurer, überreizter Dispo-Kredit.

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