Zwei Jahre Corona-Krise im Bünder Land: Ein Rückblick

Frühjahr 2020 Das Coronavirus kommt aus Italien nach Bünde. Ein älteres Ehepaar bringt das damals neuartige Virus mit in die Elsestadt. Es ist der erste bekannte Fall im Kreisgebiet. Das ist am 6. März 2020. Das Ehepaar hatte nach einer Italienreise Erkältungssymptome. Die beiden reagieren aber gleich richtig: Nach Absprache mit dem Hausarzt und dem Kreisgesundheitsamt begibt sich das Ehepaar vorsorglich in häusliche Quarantäne. Landrat Jürgen Müller appelliert an die Bevölkerung, besonnen zu bleiben. Eine Weiterverbreitung des Coronavirus scheint in diesem Fall erst einmal eher unwahrscheinlich. Dennoch verbreitet sich das Virus im Bünder Land – auf anderen Wegen.Am 9. März wird eine Schülergruppe des Friedrich-List- Berufskollegs vorsorglich unter Quarantäne gestellt, als sie von einer Tirol-Fahrt nach Hause kommt. Auch in dieser Anfangsphase der Corona-Krise ist es wie so oft während der Pandemie: Was an einem Tag gilt, gilt einen Tag später nicht mehr oder anders. Noch bevor das neue Virus überhaupt alle Kommunen im Kreis erreicht, werden alle städtischen Veranstaltungen am 13. März kreisweit abgesagt. Am 17. März werden zwei Personen in Kirchlengern positiv getestet. Am 19. März wird der erste Fall in Rödinghausen bekannt.Am 22. März 2020 trat schließlich der erste Corona-Lockdown in Deutschland in Kraft. In Bünde wird am 21. März ein Krisenstab eingerichtet. Nur drei Tage später gibt es erstmals 100 bekannte Corona-Fälle im Kreis Herford.Den Höhepunkt erreicht die erste Welle am 11. April 2020: 29 Erkrankte gibt es in Bünde – mehr werden es zumindest vorerst nicht. Am 29. April stirbt die erste Person im Bünder Land an Corona: Es handelt sich um einen 67-Jährigen aus Rödinghausen.Mit den wärmeren Temperaturen sinken wiederum die Corona-Zahlen. Am 14. Mai gibt es keine Infizierten in Bünde und Kirchlengern. Rödinghausen meldet eine bekannte Person, die sich mit Covid-19 angesteckt hat. Es steigt auch die Zahl der Genesen. Sommer 2020 Die Lage im Bünder Land stabilisiert sich. Alle drei Kommunen sind sogar einige Tage am Stück coronafrei. Zum Ende der Sommerferien steigen die Zahlen in Bünde leicht an. Die Testkapazitäten kommen an ihre Grenzen, in Bünde eröffnet an der Viktoriastraße ein zweites Testzentrum. Im gesamten September infizieren sich in Bünde gerade einmal fünf Menschen. Herbst und Winter 2020 Die Corona-Zahlen klettern wieder deutlich nach oben. Mitte Oktober steigen die Corona-Zahlen – wie im Bundestrend – auch im Kreis Herford wieder an. Der Inzidenzwert erhöht sich auf 33. Erste Vereine sagen wieder Veranstaltungen ab. Am 23. Oktober ist der Kreis ein &bdquo;Corona-Risikogebiet“: Der Inzidenzwert steigt auf 55 – und liegt somit über der 50er Marke, die lange als Richtwert galt. Zu dieser Zeit mussten Gäste bei Restaurant- und Kneipenbesuchen Vorname, Nachname und Kontaktmöglichkeit angeben. Das führte zu Falschangaben. Gäste gaben sich als &bdquo;Donald Duck“ oder &bdquo;Bibi Blocksberg“ aus.Es kommt zum &bdquo;Lockdown light“. Die damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen sollten dabei helfen die Infektionszahlen vor Weihnachten deutlich zu verringern, was im Endeffekt jedoch nicht gelang.Denn die Corona-Situation ließ keine Lockerungen zu: Anfang November knackt der Inzidenzwert im Kreis Herford die 200er Marke und liegt bei 218. Mitte November gibt es den ersten Corona-Todesfall in Bünde selbst, es folgen bedauerlicherweise weitere. Zwischenzeitlich sinken die Inzidenzen etwas, aber eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht. Weihnachtsmärkte finden nicht statt, die Maskenpflicht wird ausgedehnt.Die zweite Welle nimmt Mitte Dezember deutlich an Kraft und Dynamik zu und es werden noch mehr Fälle. Die Inzidenz liegt Mitte Dezember bei 177. In Bünde gibt es zu diesem Zeitpunkt 128 Fälle, in Kirchlengern 34 und in Rödinghausen 18. Am 13. Dezember kündigte die damalige Bundesregierung neue Maßnahmen an, es kam zum zweiten Lockdown. Kurz vor Weihnachten (23. Dezember) steigt der Inzidenzwert für den Kreis Herford auf 233, auch die Anzahl der Todesfälle geht in die Höhe. Ein Hoffnungsschimmer am 2. Weihnachtsfeiertag: Gabriele Hofmann ist die Erste im Kreis Herford, die eine Corona-Schutzimpfung erhält.Es werden viele weitere Corona-Impfungen in den nächsten Wochen folgen, doch zunächst stockt das Impfen. Frühjahr 2021 Anfang des Jahres 2021 steckt das Bünder Land im Lockdown. Der Bund verlängerte die Maßnahmen bis Ende Januar. Am 5. Januar 2021 überschreitet die Gesamtzahl der Corona-Infektionen in Bünde erstmals die 1.000er Marke. Mitte Januar heißt es: Die erste Impfung ist in allen Alten- und Pflegeheimen im Kreis Herford durchgeführt worden. Auch im Februar ist weiterhin Lockdown. Die Geschäfte – außer für den täglichen Bedarf – sind geschlossen. Im Februar startet das Impfzentrum in Enger. Der Start ist holprig: Es ist schwierig, überhaupt einen Impftermin zu kriegen. Ende Februar kehren Grundschüler und Abschlussklassen in den Präsenzunterricht zurück. Sorgen breiten dagegen die südafrikanische und britische Mutation, die erstmals im Kreis Herford auftreten.Das Unternehmen Hettich eröffnet im März ein eigenes Testzentrum für die Mitarbeiter. Am 23. März liegt die Inzidenz im Kreis bei 124,9. Der Bundeswehreinsatz in Bünde (Haus Illumina) und Kirchlengern (Seniorenresidenz Klosterbauerschaft) wird am 21. März nach sechswöchiger Dauer beendet. Diese führten Schnelltests für Besucher, das Personal und Lieferanten durch. Nach und nach eröffnen mehr Corona-Testzentren – Ende März gibt es das erste in Kirchlengern. Damals haben vier Prozent der Bürger im Kreis den vollen Impfschutz. Zehn Prozent der Menschen im Kreis haben zu diesem Zeitpunkt eine Erstimpfung bekommen.m Frühjahr vergangenen Jahres kommt die Impfkampagne in Schwung. Impfstoff ist plötzlich ausreichend vorhanden und mehr und mehr jüngere Menschen im Kreis Herford lassen sich gegen das Coronavirus impfen. Die Krankenhäuser melden, dass der Altersdurchschnitt der Patienten mit einem schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung gegenüber der ersten und zweiten Welle deutlich gesunken ist. Im April gehen immer mehr Menschen mit Kopfschmerzen vorsorglich in eine Krankenhausambulanz. Sie wurden mit dem Impfstoff von AstraZeneca geimpft, der zu dem Zeitpunkt in Verdacht geraten war, in äußerst seltenen Fällen Hirnvenenthrombosen auszulösen. Wie auch schon ein Jahr zuvor sinkt mit steigenden Temperaturen die Zahl der Neuinfektionen. Am 17. Juni meldet der Kreis Herford die niedrigste Inzidenz in ganz Nordrhein-Westfalen. Im gesamten Kreisgebiet gibt es an jenem Tag 42 registrierte Menschen mit einer Corona-Infektion. Die Inzidenz liegt im Kreis Herford bei vier. Sommer 2021 Ende Juni gibt es im Kreis erste Infizierte, bei denen die Delta-Variante festgestellt wird. Eine Frau aus dem Kreis Herford hatte sich damit in Russland angesteckt.Zu der Zeit meldet nach Rödinghausen auch Kirchlengern, dass die Kommune frei von Corona-Infektionen ist. Insgesamt ist das Ende Juni 2021 in sechs der neun kreisangehörigen Kommunen der Fall. Herbst 2021 Gegen Ende Oktober erreichte auch die vierte Welle das Bünder Land. Kurz vor Ende des Monats überschritt die Inzidenz wieder die 100er-Marke und sollte bis Dezember auf fast 400 steigen. Im Testzentrum des MuM (Medizin und Mehr) gab es daraufhin so viel positive Tests wie noch nie. Als dann Ende November die 3G-Regeln am Arbeitsplatz eingeführt wurden, kam es in den Testzentren zu manch unschöner Situation. &bdquo;Leute sind zwischendurch sehr unflätig, sind unfreundlich zum Personal und beleidigen sie“, berichtete damals MuM-Geschäftsführerin Annette Hempen.Als die Kapazitäten auf den Intensivstationen deutschlandweit weniger wurden, wurden auch zwei Patienten aus Bayern und Sachsen in den Kreis verlegt. Ins Lukas Krankenhaus kam ein 85-jähriger Bayer im künstlichen Koma und unter Beatmung. Die Bünder Ärzte retteten dem ungeimpften Patienten das Leben. Das Weihnachtliche Bünde wurde von Diskussionen begleitet, ob ein Weihnachtsmarkt in diesen ansteckenden Zeiten sinnvoll sei. Die Stadt setzte auf ein entzerrtes Konzept mit über die Innenstadt verteilten Ständen, um Menschenmassen zu vermeiden. Die Schausteller waren der Stadt dankbar für die Möglichkeit, hatten aber trotzdem mit geringen Gewinnen zu kämpfen.Winter 2021 Im Dezember fing die NW Bünde an, ihre Recherche-Ergebnisse zur Bünder Coronaleugner-Szene zu veröffentlichen. Neben viel Desinformation gab es auf dem Messanger-Dienst Telegram auch Mordfantasien, Holocaust-Leugnung und Mitglieder einer Bünder Corona-Leugner-Gruppe wollten Coronapartys feiern, um sich anzustecken. Selbst Mitarbeiterinnen des Lukas Krankenhauses waren in der Gruppe aktiv. Frühjahr 2022 Ein Auftritt von Comedian Bernhard Hoecker musste im Januar abgesagt werden, weil sich der Komiker mit dem Coronavirus infiziert hatte.Anfang Februar sorgte eine Ski-Exkursion des Gymnasiums am Markt für Schlagzeilen. Etwas weniger als die Hälfte von den 106 mitgereisten Schülern und Betreuern infizierte sich mit dem Coronavirus – trotz umfangreicher Vorsichtsmaßnahmen.Zudem beschäftige der Prozess um einen 42-jährigen Bünder die NW-Leser, der mit einem gefälschten Impfpass erwischt worden war. Im Selbstversuch merkte das NW-Bünde-Team, wie einfach ein solch gefälschter Pass auf Telegram zu bestellen ist.

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