Bünderin identifiziert den Reifenstecher am Gang

Bünde. Diese Februar-Nacht hat eine 40-Jährige aus Bünde nicht vergessen. Gemeinsam mit ihrem Freund sitzt sie an einem Samstagabend noch etwas länger auf dem Balkon am Hederkottenweg. Plötzlich sieht sie, wie eine dunkle Gestalt nur drei Meter entfernt auf dem Bürgersteig an dem Paar vorbei geht. &bdquo;Das ist doch mein Nachbar“, sagt die Produktionshelferin zu ihrem Freund. Wenige Sekunden später hören beide ein lautes Zischen. Es ist das Geräusch eines zerstochenen Reifens. Es ist nicht nur ein zerstörter Reifen, der den Polizeibeamten in der Nacht vom 20. auf den 21. Februar 2021 gemeldet wird. Zahlreiche Anwohner am Hederkottenweg und den umliegenden Straßen in Südlengern werden sich in den kommenden Stunden noch auf der Bünder Wache melden. An mindestens 31 Fahrzeugen hat der Täter die Reifen mit einem Messer zerstört. Der Schaden summiert sich auf mehr als 3.800 Euro. Dunkle Gestalt flüchtet ins Nachbarhaus Der Bünderin, die in der Nacht die dunkle Gestalt auf der Straße gesehen hat, kommt schnell ein Verdacht. Sie glaubt, dass ihr Nachbar und der Reifenstecher eine Person sein könnten. &bdquo;Das Gesicht habe ich nicht gesehen, aber ich habe meinen Nachbarn an seinem Gang erkannt“, sagt die Frau. Ihr Verdacht verstärkt sich, als sie einige Zeit nach dem Zischen einen Mann aus einem Gebüsch rennen und in das Nachbarhaus flüchten sieht. &bdquo;Ich war mir damals zu hundert Prozent sicher, dass es der Nachbar war. Und heute bin ich es auch noch“, sagt sie. Kurios: Am Tag nach der Tat hilft genau dieser Mann den Nachbarn beim Wechseln der zerstörten Reifen. Ihre Beobachtungen schildert die Frau auch der Polizei, die zwei Wochen nach der Tat eine Durchsuchung bei dem heute 38-jährigen Bünder durchführt. Der Mann ist ein Intensivtäter, hat mehr als 20 Einträge im Bundeszentralregister. Verurteilt wurde der Bünder in der Vergangenheit unter anderem wegen Diebstahl, Fahren ohne Führerschein, Computerbetrug, Urkundenfälschung, Handel mit Betäubungsmittel und Unterschlagung. Der erste Eintrag des Mannes stammt bereits aus dem Jahr 2001. Eine Staatsanwältin wird später sagen: &bdquo;Er hat schon alles durch: Geld- und Freiheitsstrafe. Das hat ihn nicht beeindruckt.“ Polizei findet Tatmesser in der Wohnung Bei der Durchsuchung finden die Beamten in der Wohnung des Mannes das Tatmesser. Experten des Landeskriminalamtes in Düsseldorf kommen nach einer Unterrsuchung zu dem Urteil, dass die Reifen mit genau diesem Messer eingestochen worden sind. Eine Analyse, die den Verteidiger des Bünders wundert. &bdquo;So ein Gutachten habe ich in 20 Jahren noch nicht gesehen. Normalerweise sind immer Unsicherheiten dabei“, sagt der Rechtsanwalt. Die Ermittler sind sich jedoch zu hundert Prozent sicher. Des Weiteren stellt die Polizei Kleidung sicher, darunter ein dunkler Trainingsanzug der Marke Adidas. Einen Sportanzug dieser Art hat auch der Reifenstecher aus Südlengern in der Februar-Nacht getragen. Das berichtet auch ein Mann, der den Täter in der Nacht aus der Ferne gesehen hat. Die Beobachtungen werden durch das Video einer Überwachungskamera bestätigt. Verfolgungsjagd unter Drogen in Bielefeld Es sind aber nicht nur die eingestochenen Reifen, für die sich der Bünder verantworten muss. Dreimal ist der 38-Jährige ohne Führerschein mit seinem Auto unterwegs. Eine Fahrt endet unter Drogen nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei in einem Unfall. Zumindest die Autofahrten gesteht der Mann, die Zerstörung der Reifen streitet er ab. Richter Henning Zurlutter ist jedoch überzeugt, dass der Bünder auch die Reifen in Südlengern eingestochen hat. Er verurteilt den Arbeitslosen zu einer Haftstrafe von einem Jahr – ohne Bewährung. Die Staatsanwältin fordert zuvor nur zehn Monate Haft. Die Zeugin habe den Angeklagten erkannt und war sich auch beim Prozess noch sicher, dass er der Mann war, den sie gesehen habe, sagt der Richter.Polizei und Gerichte lange beschäftigt Zudem verweist er auf die Analyse des gefundenen Messers. &bdquo;Das lässt mich zur Überzeugung kommen, dass Sie das gewesen sind“, sagt er zum Bünder. Eine Bewährungsstrafe kommt für Zurlutter nicht mehr infrage. Er könne keine positive Sozialprognose stellen. Zudem sei der Bünder seit zwei Jahren arbeitslos und habe &bdquo;in der Zeit nicht in unerheblichem Maße Polizei und Gerichte beschäftigt“. Gegen zwei Urteile aus vorherigen Prozessen hat der Angeklagte übrigens Berufung eingelegt. Sollte die Berufung zurückgewiesen und die Urteile rechtskräftig werden, muss der Mann wohl deutlich länger zwölf Monate im Gefängnis verbringen.

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