Mann sorgt für Angst: Wann wird jemand in die Psychiatrie eingewiesen?

Bünde. Als ein 44-jähriger Mann am Mittwochabend auf der Schillerstraße von mehreren Polizeibeamten und Rettungskräften festgehalten und auf einer Trage festgeschnallt werden muss, schien es, als ob er überhaupt nicht mehr realisieren könnte, dass er kurz zuvor mehrere Menschenleben gefährdet hatte. Wie berichtet, zündete er vor seiner Wohnungstür im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses Kartons an. Laut seinen Drohungen, die er aus einem Fenster schrie, hatte er vor, das ganze Haus abzubrennen. Für die leidgeprüften Mitbewohner zwar schockierend, aber nur ein weiterer Ausbruch des psychisch kranken Mannes, den sie schon seit fünf Jahren kennen. Unter lautem Geschrei brachten Rettungskräfte den Mann in einen Rettungswagen und weiter in die Psychiatrie des Klinikums in Herford. Wie lange er diesmal dort verbleibt ist noch offen. Die übrigen Hausbewohner hoffen, dass es für sehr lange Zeit ist. Wie eine Frau am Mittwochabend aber berichtete, sei der 44-Jährige auch nach früheren Ausbrüchen nach zwei bis drei Wochen wieder zurück. &bdquo;Und dann fängt es wieder an“, sagte sie gegenüber der NW. Fast täglich würde er Passanten und Hausbewohner verbal angehen – auch zu körperlichen Angriffen kam es schon. Erst im August löste der Mann einen Großeinsatz aus, als er damit drohte, Brandsätze im Haus zu zünden. Er goss auch Öl ins Treppenhaus. Zuvor ging er mit einem Messer auf einen Betreuer los, unter dessen Aufsicht er täglich Medikamente einnehmen muss. Bei der Polizei ist er wegen verschiedener Delikte bekannt. Ein Nachbar hat ihn wegen Körperverletzung angezeigt. Am Mittwochabend fanden Polizeibeamte drei Cannabis-Pflanzen in seiner Wohnung, doch wegen Drogenverstößen lag bislang noch nichts gegen ihn vor. Zusammenspiel von Ordnungsamt, Gericht und Psychiatern Aber was muss grundsätzlich erst passieren, um jemanden zwangsweise in die Psychiatrie einzuweisen? Hier tritt zunächst die Ordnungsbehörde der Stadt auf den Plan, später ein Gericht und letztlich Fachärzte für Psychiatrie. &bdquo;Eine zwangsweise Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung ist auch eine Form von Freiheitsentzug“, sagt Ralf Bartling, Chef des Bünder Ordnungsamts. Ohne Bezug zum konkreten Fall an der Schillerstraße am Mittwoch erklärt er den nicht ganz unkomplizierten Ablauf. &bdquo;Geht bei Polizei oder Feuerwehr eine Meldung über eine solche Krisensituation ein, wird in der Regel auch der Psychosoziale Krisendienst des Kreises Herford alarmiert, bei dem es für diese Fälle speziell ausgebildete Psychologen gibt.“ Äußere jemand zusätzlich Suizidgedanken, komme noch ein Mediziner mit besonderer Ausbildung hinzu. Jetzt tritt die Ordnungsbehörde auf den Plan. Ralf Bartling: &bdquo;Das Ordnungsamt erfüllt dann die so genannte Einweisungsverfügung, die aber nur dazu dient, diese Person in eine psychiatrische Einrichtung zu bringen. Dazu benötigen diese Kollegen eine ärztliche Stellungnahme, die das Krankheitsbild kurz beschreibt und die Notwendigkeit einer Behandlung bestätigt.“ Das allein reicht dann aber noch nicht. &bdquo;Das Ganze muss noch durch einen richterlichen Beschluss abgesegnet werden. Ansonsten müsste auch die Psychiatrie diese Person schon am nächsten Tag wieder gehen lassen“, erklärt der Ordnungsamtschef. Thomas Bröderhausen, Leiter des Bünder Amtsgerichts, erklärt, was die Gerichte zu tun haben, nachdem ein Ordnungsamt den Antrag auf Einweisung gestellt hat: &bdquo;Als Richter muss ich mir zwingend einen Eindruck von dem betreffenden Menschen verschaffen.“ Dabei wird die Person mit dem geschilderten Sachverhalt und der medizinischen Diagnose konfrontiert. Muss jemand nachts eingewiesen werden, folgt die richterliche Anhörung spätestens am Folgetag. Ohne richterliche Anordnung muss jemand – analog zu einer vorläufigen Festnahme durch die Polizei – spätestens nach 24 Stunden wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Häufig fängt alles von vorne an Aber wie geht es dann weiter? Zunächst für sechs Wochen können Gerichte laut Bröderhausen in der Regel den Verbleib in der Psychiatrie einstweilig anordnen. &bdquo;Innerhalb dieser sechs Wochen muss man klären, ob da noch eine längere Behandlung erforderlich ist“, sagt der Chef des Amtsgerichts. Das komme aber nicht sehr häufig vor. Manchmal werden in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt auch nur zwei Wochen festgesetzt. Aber jede weitere Verlängerung muss von einem Richter oder einer Richterin angeordnet werden. Bei Gerichten, Ordnungsämtern wie auch bei den Einsatzkräften vor Ort spricht man von so genannten &bdquo;Drehtürpatienten“, die in der Psychiatrie nach einem psychotischen Durchbruch mit Medikamenten gut eingestellt und entlassen werden, weil sie wieder &bdquo;zugänglich“ sind. Kommen sie nach Hause, bleibt die Einnahme der Medikamente aber nicht selten aus und alles fängt von vorn an. Die Bewohner des Mehrfamilienhauses an der Schillerstraße ahnen bereits, dass die momentane Ruhe nicht von langer Dauer sein wird.

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