Kinderschutz: Vereine antworten nicht

Bünde. Kindesmissbrauch ist ein heikles Thema, über das man lieber gar nicht erst spricht. Nach diesem Motto scheint die überwältigende Mehrzahl der in Bünde organisierten Sportvereine zu handeln. So jedenfalls erklären sich die Mitglieder des Sportausschusses den geringen Rücklauf auf ihre Bemühungen, den Ehrenamtlern beim vorbeugenden Kinder- und Jugendschutz unter die Arme zu greifen. Anfang 2020 hatte die CDU mehrere Anträge in den politischen Prozess eingebracht, um ein Sicherheits- und Schutzkonzept für Kinder und Jugendliche in der Stadt Bünde zu erarbeiten. Neben den hauptamtlich mit Kindern beschäftigten Einrichtungen wie Schulen und Kitas, soll dieses auch die überwiegend ehrenamtlich organisierten Sportvereine miteinbeziehen. Dafür wurde Anfang 2021 allen 45 im Stadtsportverband (SSV) organisierten Vereinen ein kurzer Erhebungsbogen zugesandt. Dieser umfasste neben der Frage zu vorbeugenden Maßnahmen gegen sexuelle Gewalt auch die Bereiche Medienschutz, Kriminalität und Suchtprävention. Von den 45 angeschriebenen Vereinen haben lediglich die BSG Ennigloh, der Bünder SV, der Bünder Turnverein Westfalia, die SG Bünde-Dünne, der SV Schwarz-Weiss Ahle und die TG Ennigloh geantwortet. "Wo komme ich einfacher an Kinder ran als in Vereinen?" "Ich bin über den geringen Rücklauf irritiert", sagt der Sportausschuss-Vorsitzende Peter Kaßebaum (CDU) und steht damit nicht allein da. Zumal die Stadt Bünde die Vereine finanziell unterstütze. "Daher müssen wir die Erwartungshaltung äußern, dass man sich auch im Ehrenamt mit Kinderschutz auseinandersetzt", fordert der Erste Beigeordnete Günther Berg. Er betont, dass es bei der Erhebung nicht um einen Generalverdacht gegenüber den Vereinen gehe, sondern darum, gemeinsam vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen, damit verdächtiges Verhalten frühzeitig erkannt werden könne. "Wo komme ich einfacher an Kinder ran als in Vereinen", fragt Oliver Uhlich (CDU) und unterstreicht damit, dass Vereine, die ehrenamtliche Übungsleiter einsetzen, besonders gefährdet sind. Eine repräsentative Studie der Universitätsklinik Ulm aus dem Jahr 2019 bestätigt dies. Die Forscher kommen dort zu dem Ergebnis, dass es deutschlandweit in Sportvereinen mehr als 200.000 Fälle von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche geben könnte. Ein makelloses erweitertes Führungszeugnis als Voraussetzung für die Tätigkeit als Jugendtrainer könne viele dieser Fälle verhindern. Pädophilen-Rankings im Darknet "Es gibt im Darknet Rankings von Städten, wo nicht so genau auf das Problem geschaut wird", berichtet Uhlich, der sich als staatlich anerkannter Erzieher auch beruflich mit der Problematik auseinandersetzt. Seine Forderung lautet daher, dass Bünde es schaffen müsse, in diesen Rankings als Stadt aufgeführt zu werden, wo sich der Versuch des Kindesmissbrauchs gar nicht erst lohne. Dafür müssten die Vereine noch einmal für dieses Problem sensibilisiert werden. Schließlich seien vorbeugende Maßnahmen gegen sexuellen Missbrauch auch zu ihrem eigenen Schutz: "Es gibt doch keinen größeren Super-Gau für Vereine, als wenn sie erst mal einen Fall haben. Eltern wollen doch sicher sein, dass ihr Kind in guten Händen ist, wenn sie es in einem Verein anmelden." Sportausschuss lässt nicht locker Deshalb will der Sportausschuss das Thema auch nicht ruhen lassen und überlegt, wie doch noch mehr Vereine mit ins Boot geholt werden können. "Ich glaube nicht, dass es ein generelles Desinteresse der Vereine bei dem Thema gibt", sagt Ulf Dreier (SPD), "vielleicht ist es bei dem Thema auch die Angst vor einer falschen Antwort oder vielleicht fehlt gerade bei den kleineren Vereinen einfach die Zeit, um sich damit zu beschäftigen." Um den Zeitaufwand für die Vereine gering zu halten, bringt Arndt Settnik (Bündnis 90/Die Grünen) daher eine Online-Umfrage ins Spiel: "Die würde nur fünf Minuten dauern und wir könnten genauer sehen, inwieweit bereits Präventionsarbeit geleistet wird." Auf jeden Fall sollen zur nächsten Sitzung des Sportausschusses Vertreter vom Jugendamt und vom Kreissportbund eingeladen werden, damit diese noch einmal zu dem Thema Stellung nehmen können..

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