Kommentar: Der Schnee von gestern

Der Wintereinbruch lässt die Bünder nicht kalt: Mit erhitzten Gemütern diskutieren sie das Schnee-Chaos auf den Straßen. Die Redaktion erreichen seit Montag täglich Anrufe und Nachrichten, in denen sich die Bürger über das Chaos auf den Straßen beschweren. Und – kein Wunder – je länger sie sich mit dem Schnee herumärgern, desto harscher wird der Ton. Dabei lässt sich eines deutlich beobachten: Die Kritik wird trotz des Ärgers größtenteils differenziert vorgebracht: Den Mitarbeitern, die sich derzeit die Nächte um die Ohren schlagen und Überstunden auf den Böcken der Fahrzeuge machen, schlägt Dank entgegen. Den Verantwortlichen aber werden Vorwürfe gemacht. Unverständnis ab Mittwoch Am Montag und Dienstag brachten viele noch Verständnis auf: Es schneite weiter, die geräumten Straßen waren gleich wieder mit neuem Schnee bedeckt. Dazu der starke Wind: ein Kampf gegen Windmühlen. Dass am Mittwochabend aber immer noch nicht alle Hauptverkehrsstraßen frei waren, konnten viele dann nicht mehr verstehen. &bdquo;Wozu zahle ich Steuern?", schreibt einer. &bdquo;Der Wintereinbruch war doch nun lang und breit angekündigt. Wieso sind die so schlecht vorbereitet?", sagt ein anderer. &bdquo;Ob die Stadt mir meinen Lohnausfall zahlt? Ich komme nicht weg", schimpft einer. Tatsächlich kamen viele kaum zur Arbeit. Das ist besonders schlimm, wenn es dabei um Menschenleben und Würde geht. Die Pflegedienste gaben zum Teil auf, weil sie ihre Patienten nicht aufsuchen konnten. Rund um das Lukas-Krankenhaus war die Lage besonders am Sonntagabend und Montagvormittag zeitweise dramatisch: Rettungsfahrzeuge steckten im Schnee fest und mussten befreit werden. Das setzte sich auch am Montag noch fort. Die Kritik der Mitarbeiter: Der Winterdienst habe die Straßen rund um das Lukas-Krankenhaus vernachlässigt und zu spät geräumt. Damals beschwerte sich die Feuerwehr Beim Blick ins NW-Archiv zum letzten großen Wintereinbruch 2010 offenbart sich ähnliche Kritik. Der Dünner Löschgruppenführer beschwerte sich damals, dass vor dem Dünner Gerätehaus nicht geräumt worden sei. &bdquo;Müssen wir denn beim Ausrücken erst verunglücken oder sich Feuerwehrleute die Knochen brechen, bevor der Hof geräumt wird?", fragte er aufgebracht. In diesem Jahr lief das offenbar besser. Von der Feuerwehr ist keine Beschwerde auf dem Tisch der Redaktion gelandet. Dafür aber auch keine Erklärung, warum die Straßen ums Krankenhaus erst so spät geräumt wurden. Auffällig ist auch: Damals ebbte die Kritik nach wenigen Tagen deutlich ab. Das lag nicht am guten Zustand der Straßen, der wurde wegen eines Lieferengpasses beim Salz eher schlechter. Vielmehr erklärte der Chef des Bauhofs der Öffentlichkeit höchstselbst die Situation: Er benannte detailliert die Abläufe, erläuterte, warum weniger oder gar kein Salz gestreut wurde, erklärte, warum die Hilfe der Bürger unabdingbar war. &bdquo;Räumen ist momentan besser als streuen", sagte der Leiter des Bünder Bauhofes damals, weil eben jenes Problem häufig an die NW herangetragen wurde. Salz würde bei den niedrigen Temperaturen anfrieren. – Kurzum: Der Winterdienst hatte Probleme, aber die wurden deutlich benannt und bekamen ein menschliches Gesicht. Ich glaube, das wäre auch in diesem Jahr hilfreich gewesen. Die Kommunikation ist zuletzt aber schwieriger geworden. Informationen kommen nur schleppend in der Öffentlichkeit an. Kommunikation sollte besser sein Am Freitagabend gab es noch immer Kritik an der Stadt. Aber wenigstens waren die Hauptverkehrsstraßen frei. Und es gab einen Plan für die nächsten Tage: Am Wochenende soll Schnee per Lkw abtransportiert werden. Ab Mitte kommender Woche steigen die Temperaturen wieder. Ob sich im Gegenzug die Gemüter wieder abkühlen werden? Ich glaube, viele Bürger haben sich alleingelassen und nicht gut informiert gefühlt. Das wäre etwas, worüber ich beim nächsten Wintereinbruch gerne nicht mehr schreiben würde, sondern nur noch &bdquo;Schnee von gestern".

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