Rettungsassistent wegen heikler Einsatzfotos angeklagt

Bünde. Welchen Grund könnte ein Rettungsassistent im Einsatz haben, Fotos von Untersuchungen und gar ein Selfie von sich und einer wehrlosen Patientin in einem Herzkatheterlabor zu machen? Diesen Fragen musste am Donnerstag eine Bünder Amtsrichterin nachgehen. Ein Rettungsassistent, der bis vor zweieinhalb Jahren noch für die Stadt Bünde arbeitete, war wegen ebensolcher Aufnahmen angeklagt. Mehrfach fiel einem jüngeren Kollegen von Murat T. (Name geändert) auf, dass dieser bei Einsätzen zum privaten Smartphone griff, um zu fotografieren. Konkret warf ihm die Staatsanwaltschaft zwei Taten vor. Ende April 2017 soll T. im Herzkatheterlabor des Klinikums Herford sowohl den Bildschirm mit einem Untersuchungsbild wie auch ein Foto einer Patientin ohne deren Einwilligung angefertigt haben, die er zusammen mit seinem jüngeren Kollegen zuvor zur Untersuchung dorthin gebracht hatte. Einige Tage später, Anfang Mai, soll er das Röntgenbild eines Mannes, der zuvor einen Unfall mit einem Fahrrad hatte, im Lukas-Krankenhaus Bünde ohne dessen Erlaubnis abfotografiert haben. "Ich bin medizinisch sehr interessiert" Der Angeklagte gab auf Nachfrage der Richterin zum Grund für die Anfertigung der Fotos an, er wolle aus den Aufnahmen und darauf abgebildeten Krankheitsbildern lernen, um Symptome besser deuten zu können und zu verstehen, was im Körper der Patienten geschieht. Die Vorsitzende wandte dazu gleich ein: &bdquo;Sie sind als Rettungsassistent aber gar nicht befugt, Diagnosen zu stellen. Dafür gibt es den Notarzt. Und außerdem können Sie ja auch gar nicht in die Patienten hineinblicken. Wozu dann also die Fotos?" Der Angeklagte erklärte erneut, dass er medizinisch &bdquo;sehr interessiert" sei und die Vorgänge – hier speziell bei der Herzkatheteruntersuchung – besser verstehen wollte. Er habe außerdem zuvor gefragt, ob er den Bildschirm fotografieren dürfe. Eine anwesende Krankenschwester sowie ein Arzt hätten ihm das gewährt, allerdings ohne personenbezogene Daten auf dem Bildschirm. Die Frage der Vorsitzenden und des Staatsanwalts, ob er außer Bildschirm und Röntgenbild denn auch Personen bei den Einsätzen fotografiert habe, verneinte Murat T. Zu diesem Zeitpunkt stand noch in Frage, ob Ts. jüngerer Kollege von damals noch als Zeuge aussagen sollte oder nicht. Nach den Worten von Ts. Pflichtverteidiger hätte das nicht sein müssen. Die Richterin machte das davon abhängig, dass T. auch Personenfotos einräumte. Doch der blieb auch nach kurzer Beratung unter vier Augen mit seinem Anwalt standhaft dabei, keine Personen fotografiert zu haben. Fotos von einem Toten und dessen Abschiedsbrief Die daraufhin folgende Aussage des heute 26-jährigen früheren Rettungssanitäters der Stadt Bünde warf dann aber noch ein ganz anderes Licht auf Murat T. Der Zeuge beschrieb seinen damaligen älteren Kollegen zwar als &bdquo;kompetent mit viel Fachwissen", schilderte aber auch Handlungen, die ihn letztlich dazu brachten, mit seinem Vorgesetzten in der Feuer- und Rettungswache der Stadt Bünde zu sprechen und diese Vorgänge anzuzeigen. So erinnerte sich der Zeuge an seinen ersten gemeinsamen Einsatz mit T., bei dem sich ein Mann zuvor die Pulsadern öffnete und sich das Leben nahm. Der Angeklagte habe dabei sowohl den Toten sowie auch dessen Abschiedsbrief mit dem Mobiltelefon fotografiert. Rechtlich gesehen waren das laut Staatsanwalt zwar keine strafrelevanten Handlungen, dennoch wollte er von Murat T. den Grund dafür wissen. &bdquo;Diese Bilder haben doch nichts mit Lernen zu tun." Ts. Anwalt lehnte eine Stellungnahme seines Mandanten allerdings mit der Begründung ab, dass das Anfertigen dieser Aufnahmen nicht zur Anklage gehört. Ein Selfie mit der Patientin im Herzkatheterlabor Beim Einsatz im Herzkatheterlabor des Klinikums Herford habe der Rettungswagen laut dem Zeugen Ende April 2017 eine Stunde lang nicht einsatzbereit dort gestanden, weil Murat T., der ihm gegenüber beruflich höhergestellt war, sich die Untersuchung der Patientin ansah. Zurück im Rettungswagen, zeigte T. seinem jüngeren Kollegen ein Bild von sich, auf dem im Hintergrund teilweise die Patientin mit Beinen und Unterleib auf dem Behandlungstisch zu sehen war. Ob auch das Gesicht zu sehen war, daran konnte sich der Zeuge nicht erinnern. Die Vorsitzende fragte noch einmal nach, ob sie darunter &bdquo;ein Selfie mit der Patientin" verstehen sollte, was der 26-Jährige mit Ja beantwortete, aber auch anfügte, er habe nicht das Gefühl gehabt, dass T. sich mit den Fotos brüsten wolle. Der Staatsanwalt wandte in seinem Plädoyer ein, dass der Verlust seines Jobs bei der Stadt Bünde sowie der Prozess schon einen gewissen &bdquo;Schuss vor den Bug" für Murat T. bedeuten würden. Er forderte eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldstrafe von 1.500 Euro. T., der seitdem von Sozialhilfe lebte, und sein Verteidiger folgten dem zwar zögerlich, wollten aber im Protokoll festgehalten wissen, dass das Einverständnis nicht einem Geständnis gleichzusetzen sei. Die Vorsitzende folgte dem Antrag eigenen Worten nach &bdquo;mit schwerem Herzen", weil sie das Gefühl hatte, Murat T. hätte noch nicht verstanden, warum er überhaupt vor Gericht angeklagt war.

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