Bünde. In medizinischen Notlagen entscheiden oft wenige Sekunden über Leben und Tod. Doch unter Umständen kann der Rettungsdienst nicht sofort agieren, weil wichtige Informationen über den Gesundheitszustand der betroffenen Person fehlen – beispielsweise wenn kein Angehöriger in der Nähe ist, der über Medikamentenplan oder Allergien Bescheid weiß. Das Ärztenetz MuM – Medizin und Mehr setzt sich ab dieser Woche dafür ein, die Menschen im Bünder Land für solche Fälle vorzubereiten.
In der MuM-Geschäftsstelle an der Viktoriastraße und in allen kooperierenden Arztpraxen der Umgebung liegen künftig sogenannte Notfalldosen aus. Diese sollen dem Rettungsdienst im Ernstfall helfen, an lebensrettende Informationen zu kommen. Die Funktionsweise ist unkompliziert: An der Haustür weist ein grüner Aufkleber darauf hin, dass der Bewohner eine Notfalldose im Kühlschrank aufbewahrt. Auf dem darin enthaltenen Infoblatt werden alle wichtigen Auskünfte vermerkt, etwa ob bestimmte Krankheiten oder Unverträglichkeiten existieren. Auch der zuständige Hausarzt, zwei Kontaktpersonen und mögliche Haustiere können aufgelistet werden.
Notfalldosen gibt es gegen eine kleine Spende
Die Notfalldose ist nicht neu: Man kann sie deutschlandweit in der Apotheke oder im Internet bereits seit einiger Zeit kaufen. MuM-Geschäftsführerin Annette Hempen ist zufällig darauf gestoßen und war sofort begeistert von dem Konzept: „Ich habe selbst drei Kinder, von denen zwei chronische Krankheiten haben. Mithilfe der Dose liegen dem Rettungsdienst sofort alle notwendigen Informationen übevor, falls etwas passieren sollte und ich nicht vor Ort bin. Das Ausfüllen des Infoblattes dauerte keine zehn Minuten."
Da es im Bünder Land sicherlich viele weitere Personen gebe, denen die Notfalldose helfen könnte, entschied sich das Ärztenetz dazu, die Verbreitung der Dosen in Form eines Projektes zu unterstützen.
„Leider kennen bis jetzt nur die wenigsten die Notfalldose. Das wollen wir ändern. Wer möchte, kann sich bei uns oder unseren Kooperationspartnern kostenlos eine Büchse mitnehmen. Eingehende Spenden unterstützen zu gleichen Teilen die Bünder Tafel und die Organisation DKMS, welche sich für Knochenmarkspenden einsetzt", erklärt Hempen. Ziel des Projektes sei es, so viele Personen wie möglich auf die Notfalldose aufmerksam zu machen.
Unterstützung von Polizei, Rettungsdienst und Krankenhaus
„Nicht nur für alte, allein lebende Menschen ist die Dose hilfreich. Notfälle können jeden treffen. Und nicht immer sind Angehörige oder Bekannte in der Lage, in Ausnahmesituationen alle wichtigen Informationen weiterzugeben", meint Hempen.
Die Schachtel empfehle sich deshalb für jeden, bei dem es gesundheitlich etwas zu beachten gebe. Auch mögliche weiterführende Dokumente, wie zum Beispiel einen Intubationsausweis, solle man unbedingt mit in die Dose legen. Wichtig sei allerdings, dass man nur je eine Büchse pro Patient verwendet und keine Informationen vertauscht.
Die Polizei NRW, der regionale Rettungsdienst und das Lukas-Krankenhaus Bünde unterstützen die Aktion. „Für die Arbeiter des Rettungsdienstes stellt die Notfalldose eine enorme Erleichterung dar. Jede Sekunde, die man in medizinischen Notsituationen einspart, ist wertvoll", so Felix Heidenreich, Leiter der Rettungswache Bünde.
Auch in der Notaufnahme spart man wertvolle Zeit
Auch Notarzt Tim Christopher Lendzian vom Lukas-Krankenhaus sagt: „Sowohl Zuhause als auch in der Notaufnahme spart man durch gute Background-Infos kostbare Zeit. Das hilft nicht nur dem Betroffenen selbst, sondern verkürzt auch die Wartezeiten für andere Patienten."
Das Projekt wurde durch Unterstützung der Volksbank Bad Oeynhausen-Herford eG, der ArGe OWL Betriebskrankenkassen und des Unternehmens Boehringer Ingelheim in diesem Maße verwirklicht.
Die Anzahl der kostenfreien Dosen ist auf ein paar tausend Stück begrenzt. „Bei einem Riesenerfolg kann man aber noch einmal schauen, ob sich das Projekt weiterführen lässt", gibt Annette Hempen einen Ausblick.