Mann im Frauenberuf: Warum ein Maurer doch lieber Erzieher wird

Bünde/Berlin. Gestartet ist Carsten Zimpel (48) in einem typischen Männerberuf. 17 Jahre arbeitete er als Maurer, bevor er vor zehn Jahren zum Erzieher umschulte. Nach zwei Bandscheibenvorfällen sei die Entscheidung in der Elternzeit gereift, den Beruf zu wechseln, erzählt Zimpel. "In Sportvereinen konnte ich schon immer gut mit Menschen", sagt er, auch mit kleinen. Erst arbeitete er bei der Jugendhilfe Schweicheln, vor acht Jahren wechselte Zimpel in den Offenen Ganztag der Grundschule Bustedt. Seit vier Jahren leitet er die OGS. "Zu Beginn war es als Mann in einem Frauenberuf nicht so einfach." Zimpel traf auf Rollenklischees und Erwartungen, die Kolleginnen und Eltern an ihn hatten. "Ich sollte durchsetzungsfähig sein, organisiert und klare Ansagen machen." Was ihm angedichtet worden sei, werde Frauen in Männerberufen genauso angedichtet. Zimpel überlegte, welchen Erwartungen er entsprechen wollte. "Ich unterscheide nicht zwischen Mann und Frau." Entscheidend sei, wie er als Mensch mit Eltern und Kindern umgehe. Inzwischen werde er als Mensch Carsten wahrgenommen. "Das habe ich mir hart erarbeitet." "Wenn ich den Vater ersetzen soll, ist das eine große Verantwortung" Bei der Podiumsdiskussion Klischeefrei in Berlin berichtete Zimpel von seinen Erfahrungen als Mann in einem Frauenberuf. Er war als eines von zwei "Best-practice-Beispielen" eingeladen. Elke Büdenbender, Ehefrau von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, ist Schirmherrin der Fachtagung, auch Bundesfamilienministerin Franziska Giffey nahm an der Veranstaltung mit 300 Gästen teil. Das Ziel der Fachtagung war es, Interessierten sowie Partnern aus Bildung, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft Impulse und gute Beispiele für eine Berufs- und Studienwahl frei von Geschlechterklischees zu geben. Dafür standen Vorträge, Diskussionen, Austausch und Mitmachmöglichkeiten an Informationsständen auf dem Programm. "Es war ungewohnt, vor so vielen und so eloquenten Zuhörern zu sprechen", erzählt Zimpel. Er rede gerne "frei von der Leber weg". Er wolle als Mensch authentisch sein. Das sei als Erzieher viel schwieriger als beim Maurerberuf. Als Maurer gehe es darum, viel zu arbeiten und pünktlich zu sein, als Erzieher müsse er immer wieder seine Normen und Werte hinterfragen, wie er mit den Kindern umgehen möchte. Die Eltern fänden toll, dass ein Mann in der OGS arbeite. Natürlich sei es schön, wenn die Kinder von Mitarbeitern beider Geschlechter betreut würden und er als Mann den Jungs als Rollenvorbild diene. "Aber wenn ich den Kindern alleinerziehender Mütter den Papa ersetzen soll, ist das eine große Verantwortung." "Wenn sich die Unternehmen darauf einlassen, ist alles möglich" Zimpel ist nicht der einzige Mann in der Bustedter OGS: Auch ein Diplom-Pädagoge arbeitet im Team, zehn Mitarbeiter betreuen 110 Kinder montags bis freitags von 7 bis 17 Uhr. Ihr Arbeitgeber ist das Deutsche Rote Kreuz. Mit dem Start des neuen Kindergartenjahrs ab August wird Zimpel zwei weitere männliche Erzieher ausbilden. Entscheidend sei nicht das Geschlecht, sondern die Persönlichkeit. "Ich bin ein entspannter, ruhiger und gelassener Mensch, nicht Mann." Man müsse Menschen nicht als Mann oder Frau wahrnehmen. Menschen schätzten seine ehrliche und offene Ansprache. "Ich glaube nicht an Geschlechterrollen, sondern an Gemeinschaft und Zusammenhalt." Ein Freund habe eine Frau als Maurerin ausgebildet, momentan mache sie ihren Meister. "Wenn sich die Unternehmen darauf einlassen, ist alles möglich."

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