Bünde

Charmante Quasselstrippe

Schneller Aufstieg: Enissa Amani spielte am Freitagabend im ausverkauften Stadtgarten. Menschen vieler Nationen und jeden Alters wollten die 32-jährige im Iran geborene Komikerin sehen

Unüberhörbare Bühnenpräsenz: Enissa Amani spielte am Freitagabend vor 1.100 Gästen im ausverkauften Stadtgarten. Amani nennt sich selbst "Vollblut-Tussi". | © Nicolas Bröggelwirth

11.01.2016 | 11.01.2016, 08:42

Bünde. Vor noch nicht einmal vier Monaten trat Enissa Amani bei der 54sten Bünder Comedy-Night auf. Kurze Zeit später war ein Solo-Auftritt im Universum geplant, der leider abgesagt werden musste. Beispielhaft für ihren schnellen Aufstieg in der Unterhaltungsbranche ist auch ihre Karriere in Bünde. Am Freitagabend gelang es ihr, den Stadtgarten mit etwa 1.100 Gästen komplett auszuverkaufen. "Mehr Stühle haben wir einfach nicht", scherzte Dirk Kaiser. "Sie ist ein Phänomen."

Der gesamte Abend war als Gesamt-Konzept geplant. Bereits vor ihrem Auftritt und auch während der Pause wurde das bunt gemischte Publikum diverser ethnischer Gruppen jeden Alters von einem DJ und einem Percussionisten unterhalten, was für eine angenehme Party-Atmosphäre sorgte.

Laut und frech begann die gebürtige Iranerin eine lockere Unterhaltung mit den Leuten im Saal. Geschickt ließ sie in der Halle das Licht anmachen, zerstörte die optische Grenze zwischen Bühne und Auditorium und rückte sich auf diese Weise erst recht in den Fokus der Aufmerksamkeit. Wie ihre Fans sie, verfolgt sie ihre Fans sicherlich aus nicht ganz uneitlen Motiven in den sozialen Netzwerken, was diese überraschte. Geradewegs sagte sie Zuschauern, wer sie sind und mit wem sie befreundet sind, weil sie ihre Profile zuvor gelesen hatte.

Zielsicher suchte sie sich ein paar Ansprechpartner, und dann begann die selbst ernannte "Vollblut-Tussi" ihr Leben zu erzählen. Ausführlich und mit manchem Schwank gewürzt konzentrierte sie sich dabei zunächst auf die letzten drei Jahre, in denen sie so plötzlich Ruhm erlangte. Von Zeit zu Zeit scheint ihr das selber nicht ganz geheuer zu sein, und auch auf der Bühne zeigte sie manche nervöse Geste, verschränkte die Arme oder vergrub ihre Hand im Ärmel ihres Pullis. Eben diese Rolle des albernen, naiven kleinen Mädchens macht sie sehr sympathisch. Derweil behauptet die Frau, die mal ein Jura-Studium begonnen hat, von sich selbst, privat ganz anders zu sein.

Sie wäre lieber Autorin als Komikerin geworden. Noch im Sommer 2013 habe sie in einem Kölner Café vor 18 Leuten einen Text gelesen. Was wenig später, nach dem 9. Januar 2014 geschehen ist, als sie bei "TV-Total" auftrat, kann sie sich immer noch selbst kaum erklären. "Ich musste aber schnell lernen, dass man es nicht allen Recht machen kann." Um das Thema Flüchtlingskrise kommt man in diesen Tagen als öffentliche Person, die sich auch politische Ambitionen bescheinigt, schwer herum. Doch Amani zog es vor, dieses komplexe Thema eben nicht auf die Stimmung des lockeren Abends drücken zu lassen. Sie fasste es schlicht in dem Satz zusammen: "Wer in Not ist, dem muss auch geholfen werden." Durch diese Aussage erntete sie viel Applaus. "Außer Bulgaren natürlich..." Dafür erntete sie Gelächter und hatte die doch noch erträgliche Anspannung sofort wieder beseitigt.

"Ich bin der einzige Comedian in Deutschland, dem es völlig egal ist, ob er lustig ist." Doch ob sie es will oder nicht, bewusst oder unbewusst, sie ist eine Dienstleisterin, gibt sie der Erwartungshaltung ihres Publikums doch genau das, was es will.

   Ein Abend mit Amani ist niemals wie der andere. Doch mag man Leute, die die ganze Zeit von sich erzählen und einen mit ihren Lebendgeschichten und bis zur Banalität reichenden Anekdoten behelligen? Wenn es mit so viel Charme wie bei der 32-jährigen geschieht, begeistert das auf jeden Fall viele Zuschauer.