Illegales Tabak-Lager im Kreis Gütersloh: Schlafplätze der Mitarbeiter entdeckt

Werther. Mit dem Ausheben einer illegalen Zigarettenfabrik am Donnerstagabend in Häger im Kreis Gütersloh haben die Zollfahnder in ein Wespennest gestochen. In was für ein großes, zeigte sich, als die Beamten die Hallen von ehemals Oro-Druck betraten. Hier fanden sie eine komplette Produktionsstraße mit Paletten von Rohtabak, einer hochprofessionellen Fertigungs- und einer Verpackungsmaschine sowie mehr als 29 Millionen verkaufsfertigen Zigaretten. Auf dem Schwarzmarkt hätten sie einen Wert von rund neun Millionen Euro gehabt, sagt Julia Söllner, Sprecherin des Zollfahndungsamts Hannover. Anwohner hatten am Donnerstagabend gegen 21.30 Uhr bemerkt, wie sich mehrere Männer mit Taschenlampen an der Halle an der Hägerstraße zu schaffen machten. Als ein junger Mann nach dem Rechten schauen wollte, wurde er von zwei vermummten Personen attackiert und krankenhausreif geschlagen. Er kam mit dem Leben davon, weil seine Mutter laut um Hilfe rief und die Täter anschrie, sie habe die Polizei gerufen. Das trieb die am Ende zehn vermummten Männer in die Flucht. Lesen Sie auch: Unangekündigte Kontrollen in Gütersloh: Unterwegs mit Polizei, Zoll und Co. 7,1 Tonnen Tabakfeinschnitt, fast 29,5 Millionen Zigaretten In der Nacht und den ganzen Freitag über war danach in Häger die Hölle los. Der halbe Ort konnte beobachten, wie rund 50 Einsatzkräfte von Zollfahndung, den Polizeidienststellen Bielefeld und Gütersloh sowie dem Technischen Hilfswerk die Lagerhalle ausräumten. Ein Lkw nach dem anderen wurde beladen, es wurden Spuren gesichert und Hinweise auf die Betreiber der illegalen Zigarettenfabrik gesucht. Inwieweit die Fahnder damit erfolgreich waren, konnten oder wollten weder sie noch die Staatsanwaltschaft Bielefeld bis Montagabend sagen. Sie lassen lediglich wissen, dass sie niemanden vor Ort angetroffen hätten. Dafür berichten sie, was sie in den Hallen von ehemals Oro-Druck vorfanden: eine komplette Zigarettenproduktionslinie samt einer Verpackungsmaschine, 7,1 Tonnen Tabakfeinschnitt, fast 29,5 Millionen Stück unversteuerter Zigaretten ohne Steuerbanderole sowie Materialien wie Filter, Leim, Papier und Folie für die Zigarettenproduktion. Alle Gegenstände wurden umgehend sichergestellt. Schlafplätze für 13 Arbeiter gefunden Fotos zeigen, wie professionell in der Halle gearbeitet worden sein muss. Für den Laien sehen die Maschinen nicht nach Eigenbauten aus. Julia Söllner dazu: &bdquo;Wir können aktuell noch nicht sagen, woher die Maschinen und die Materialien stammen. Aber in der Tat sieht alles sehr professionell aus.“ Auch wenn dies das tägliche Geschäft der Zollfahnderin ist, sagt sie auch: &bdquo;Dies ist ein beachtlicher Fund.“ Was die Einsatzkräfte auch fanden, waren Schlafplätze für 13 Arbeiter. Offenkundig hat die Bande hier regelmäßig übernachtet, verschiedene Räume waren dazu hergerichtet, komplett mit Betten, Matratzen, Bettlaken und Kopfkissen. Fenster hatten die Räume keine. Und auch wenn sich Julia Söllner nicht in Spekulationen ergehen will: &bdquo;Nachts sollte vermutlich kein Licht nach außen dringen, um nicht auf die illegalen Vorgänge aufmerksam zu machen.“ Anwohner bringen Stein ins Rollen Zu der Bande, die die illegale Zigarettenfabrik betrieben hat, machte sie keine Angaben. Stattdessen verwies sie auf die weiteren Ermittlungen des Zollfahndungsamts Hannover unter Sachleitung der Bielefelder Staatsanwaltschaft. Was sie auch nicht sagt - weil sie es womöglich noch nicht sagen kann: ob die vermummten Männer zu den Betreibern der Zigarettenfabrik gehörten oder ob sie hier einbrechen wollten. Auch hier verwies sie auf die laufenden Ermittlungen. Fest dürfte allerdings stehen, dass die Anwohner, die in der Dunkelheit die Taschenlampen bemerkt hatten, den Stein überhaupt erst ins Rollen gebracht haben. Mehr als zehn Mieter sind in den Hallen untergebracht Am Sonntag und am Montag waren Zollfahnder und Kriminaltechniker erneut vor Ort, um Beweise zu sichern. Maschinen, Rohtabak, Zigaretten und alle übrigen Materialien waren zuvor bereits durch das THW in eine Asservatenkammer gebracht und der Staatsanwaltschaft übergeben worden. &bdquo;Sobald die Beweissicherung abgeschlossen ist, wird alles vernichtet“, betont Julia Söllner. Die Halle an der Hägerstraße, in der sich die illegale Zigarettenfabrik befand, gehört schon lange nicht mehr der Firma Oro-Druck. Sie hatte bereits 2013 Insolvenz angemeldet. Inhaber ist seit einigen Jahren Abram Adrian von der Sedan Bau GmbH, dem früheren Betreiber der Gaststätte Sedan. Er erzählt auf Anfrage, dass die Hallen eine Gesamtfläche von 7.000 Quadratmeter umfassen würden. Drei Großmieter und acht kleinere seien hier untergebracht. Räume waren schall- und geruchsdicht abgeschottet Die besagte Halle mit der Zigarettenfabrik habe er vor knapp einem Jahr an eine Logistikfirma aus Sachsen-Anhalt vermietet, so Abram Adrian. Diese hätte hier Paletten unterbringen, umverpacken und dann versenden wollen. &bdquo;Als ich gehört habe, was hier wirklich passiert ist, bin ich fast hinten rüber gefallen“, schildert er. Am Donnerstagabend um 22.30 Uhr habe plötzlich die Kripo vor seiner Tür gestanden. &bdquo;Wir sind dann bis in die Nacht durch die Hallen gegangen, ich habe erst einmal erklärt, wo hier welche Räume sind.“ Nie hätte er gedacht, dass hier illegal Zigaretten produziert werden, sagt er. &bdquo;Innen hat man dann allerdings gesehen, dass Räume schall- und geruchsdicht abgeschottet waren“, erzählt er, mit Zwischenwänden und professionellen Abgasfiltern. Er selbst habe von den nächtlichen Tätigkeiten praktisch nichts mitbekommen. &bdquo;Man hat ab und zu mal Maschinengeräusche gehört und Fahrzeuge vor der Tür stehen gesehen. Aber dabei denkt man sich doch nichts“, sagt er. Wie vermutlich ganz Häger wartet auch er jetzt ab, was die weiteren Ermittlungen ergeben.

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